Das ist das Ergebnis der Ressortverteilung, auf die sich Union und
SPD in ihren Koalitionsverhandlungen verständigt haben. Als Favoritin für das Ministeramt gilt die stellvertretende CDU-Bundesvorsitzende Julia Klöckner. Die Rheinland-Pfälzerin zieht es dem Vernehmen nach zurück in die Bundespolitik. Sie hatte für die
CDU die Verhandlungen im Bereich Landwirtschaft/
Ernährung geleitet.
Unklar ist bislang der Zuschnitt des Agrarressorts. Mit der vorgesehenen Einrichtung eines „Bundesministeriums für Inneres, Bauen und Heimat“ unter Leitung des CSU-Vorsitzenden Horst
Seehofer sind die Aussichten auf ein gestärktes Ministerium für
Landwirtschaft und ländliche Räume geschwunden. Sowohl über die Ministerposten als auch über die Zuständigkeiten der Ressorts soll aber erst nach dem Mitgliederentscheid der SPD über die Koalitionsvereinbarung entschieden werden. Die Ergebnisse des Votums werden für den 4. März erwartet.
Unterdessen wurde der Agrarteil des Koalitionsvertrages in Politik und Verbänden überwiegend positiv aufgenommen. Der Präsident des Deutschen Bauernverbandes (DBV),
Joachim Rukwied , bezeichnete die Ausführungen zur Landwirtschaft als „gute Arbeitsgrundlage für die Bundesregierung“. Der Präsident des Deutschen Raiffeisenverbandes (DRV),
Franz-Josef Holzenkamp , sieht mit der Verständigung Kontinuität in der
Agrarpolitik gewährleistet. Die Ausführungen zu Landwirtschaft und Ernährung im Entwurf für einen Koalitionsvertrag sind weitgehend identisch mit den Formulierungen, auf die sich die Arbeitsgruppe verständigt hatte (Dokumentation).
Umfassende ErfahrungKlöckner verfügt über umfassende politische Erfahrungen im Agrarbereich. Sie leitete sowohl in den Jamaika-Sondierungen als auch in den Verhandlungen zur Bildung einer großen Koalition die CDU-Delegationen in den Bereichen Landwirtschaft und Ernährung. Von 2009 bis 2011 war die 45-jährige frühere Journalistin Parlamentarische Staatssekretärin im
Bundeslandwirtschaftsministerium, bevor sie in die rheinland-pfälzische Landespolitik wechselte. Dort konnte sie allerdings als Spitzenkandidatin ihrer Partei bei zwei Landtagswahlen keine Mehrheit erringen.
Die Winzertochter aus der Nähe von Bad Kreuznach zählt gleichwohl zu den Hoffnungsträgern der CDU, für die Zeit nach einem Rückzug von Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel. Der derzeitige geschäftsführende Bundeslandwirtschafts- und -verkehrsminister
Christian Schmidt wollte sich zu den Personalspekulationen nicht äußern. Sein Sprecher teilte mit, man habe mit CDU und SPD über Inhalte verhandelt. Er verwies auf die Aussage von Parteichef Seehofer, dass über die Besetzung der CSU-Ressorts mit Ausnahme des erweiterten Innenministeriums noch nicht entschieden worden sei.
Als Kandidaten für die beiden Ministerien für Verkehr und Entwicklung gelten der derzeitige CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer und die Parlamentarische Staatssekretärin Dorothee Bär. Keineswegs abgeschrieben ist jedoch Entwicklungsminister Dr. Gerd Müller.
Europa finanziell stärkenUnion und SPD bekennen sich in ihrer Koalitionsvereinbarung zu einer finanziellen Ausstattung der Gemeinsamen Agrarpolitik (
GAP) „im bisherigen Volumen“. Im Europateil des Entwurfs kündigen die Parteien an, man wolle „die EU finanziell stärken, damit sie ihre Aufgaben besser wahrnehmen kann“. Betont wird die Notwendigkeit einer „Weiterentwicklung und Neujustierung“ der GAP. Die Förderstrukturen müssten künftig „gezielter und einfacher“ ausgerichtet werden. Ziel seien „weniger Bürokratie und mehr Effizienz für eine marktfähige Landwirtschaft“. Insbesondere Tier-, Natur- und
Umweltschutz sowie die Wahrung sozialer Standards seien auch öffentlich zu fördern.
Einsetzen will man sich in Brüssel für einen eigenständigen Naturschutzfonds. Auf nationaler Ebene soll die angekündigte Ackerbaustrategie bis Mitte der Legislaturperiode vorlegt werden. Mit einem „Aktionsprogramm Insektenschutz“ soll das Insektensterben bekämpft werden. Mittels einer systematischen Minderungsstrategie soll der Einsatz von glyphosathaltigen Pflanzenschutzmitteln deutlich eingeschränkt werden, mit dem Ziel, „die Anwendung so schnell wie möglich grundsätzlich zu beenden“. Eine Bundeskompensationsverordnung soll dazu beitragen, die Flächeninanspruchnahme bei der Errichtung Erneuerbarer- Energien-Anlagen und beim Netzausbau zu minimieren.
Auf maximal 30 ha pro Tag will man die Flächeninanspruchnahme bis 2030 halbieren. Gleichzeitig soll jedoch im Rahmen einer „Wohnbauoffensive“ der Bau von 1,5 Millionen Wohnungen und Eigenheimen unterstützt werden. Dabei sollen steuerliche Maßnahmen geprüft werden, die Baulandmobilisierung zu verbessern.
Fortschrittliche DigitalisierungspolitikFesthalten wollen Union und SPD an einem staatlichen
Tierwohllabel auf der Grundlage einer mehrstufigen Kennzeichnung anhand verbindlicher Kriterien für „Fleisch aus besserer Haltung“. Den Mehraufwand dafür will man honorieren, die rechtlichen und organisatorischen Voraussetzungen bis Ende nächsten Jahres schaffen. Unterstützung wird für Investitionen in „tierwohlorientierte Ställe der Zukunft“ angekündigt. Das 20 %-Ziel im
Ökolandbau will man bis 2030 erreichen. Angekündigt wird eine „fortschrittliche Digitalisierungspolitik“. Fördermaßnahmen sollen dazu beitragen, die Potentiale der Digitalisierung in der landwirtschaftlichen Produktion zu nutzen.
In der
Milchpolitik wollen Union und SPD besonderes Augenmerk auf die
Modernisierung der Lieferbeziehungen legen. Einen Kurswechsel kündigen die möglichen Koalitionäre in der Wolfspolitik an. In Brüssel will man sich dafür einsetzen, dass der Schutzstatus des Wolfs in Abhängigkeit von seinem Erhaltungszustand überprüft wird. Unabhängig davon werde der Bund gemeinsam mit den Ländern einen Kriterien- und Maßnahmenkatalog zur Entnahme von Wölfen erarbeiten. „Wir wollen, dass Wölfe, die Weidezäune überwunden haben oder für den Menschen gefährlich werden, entnommen werden“, heißt es in der Vereinbarung.
„Heimat mit Zukunft“Union und SPD halten an ihrem Vorhaben fest, die
Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der
Agrarstruktur und des Küstenschutzes“ (
GAK) „bei finanzieller Stärkung“ um die ländliche Entwicklung zu ergänzen. Von einer dafür notwenigen Grundgesetzänderung ist aber anders als im Koalitionsvertrag von 2013 nicht mehr die Rede. Angekündigt wird ein GAK-Sonderrahmenplan „Förderung der ländlichen Entwicklung“. Zur Finanzausstattung sind keine Angaben enthalten.
Nicht im Agrarteil, sondern im Kapitel „Heimat mit Zukunft“ kündigen die möglichen Koalitionäre ein neues gesamtdeutsches Fördersystem für „strukturschwache Regionen, Städte, Gemeinden und Kreise“ an. Die Maßnahmen sollen „zweck- und bedarfsgerecht“ auf städtische und ländliche Räume ausgerichtet werden. Gemeinsam mit den Ländern und kommunalen Spitzenverbänden werde die Bundesregierung eine Kommission „Gleichwertige Lebensverhältnisse“ einrichten, heißt es in der Vereinbarung. Die soll bis Mitte 2019 konkrete Vorschläge erarbeiten. Stärken will man das Ehrenamt, als „eine tragende Säule eines lebendigen und funktionierenden Gemeinwesens“ in ländlichen Regionen.