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06.10.2022 | 13:01 | Mindestlohnerhöhung 

Mindestlohn von 12 Euro auch in der Landwirtschaft: Kann das gutgehen?

Hannover - Allen Warnungen seitens der Landwirtschaft vor gravierenden negativen Folgen für den landwirtschaftlichen Bereich zum Trotz erfolgte zum 1. Oktober 2022 die geplante Mindestlohnerhöhung auf 12 Euro Bruttostundenlohn.

Mindestlohnerhöhung
Spargel- und Beerenanbauer stehen mit ihren Früchten in direkter Konkurrenz zum europäischen Ausland, wo es keinen Mindestlohn gibt. (c) proplanta
„Wir sehen hier vor allem die Wirtschaftlichkeit der arbeitsintensiven Betriebe als stark gefährdet. Gerade Betriebe mit Sonderkulturen, wie Beeren oder Spargel, sind vermehrt auf Handarbeit und Manpower angewiesen.

Höhere Löhne werden nicht durch höhere Preise aufzufangen sein“, befürchtet Landvolk-Vizepräsident Ulrich Löhr. Landwirte erfahren bereits durch den Ukrainekrieg ausgelösten Kostensteigerungen massive finanzielle Belastungen, sodass weitere oftmals kleinere Betriebe diesem Kostendruck nicht standhalten können und aufgeben werden.

Löhr erinnert in diesem Zuge an die erste Mindestlohneinführung 2015. Diese hatte zur Folge, dass die Spreewaldgurken seitdem nicht mehr aus Deutschland kommen. Auch Niedersachsens Spargel- und Beerenanbauer halten diesen Spagat aus, stehen sie mit ihren Früchten in direkter Konkurrenz zum europäischen Ausland, wo es keinen Mindestlohn gibt.

Importspargel und Importerdbeeren werden in Deutschland günstiger als heimische Produkte angeboten, weil die Löhne laut Vereinigung der Spargel- und Beerenanbauer Niedersachsen im Anbauland niedriger sind: In Italien gebe es keinen Mindestlohn, in Spanien liege der Mindestlohn bei 6,06 Euro pro Stunde, in Griechenland bei 3,83 Euro pro Stunde und in Ungarn nur bei 3,21 pro Stunde.

Somit war dieser schon vor der Erhöhung in Deutschland mit 9,82 Euro pro Stunde mehr als das 1,5- bis 2,5-fache höher. Überzogene Preise seitens des Handels für regionale Ware führten zudem zur Kaufzurückhaltung: Kunden ließen deutsche Ware liegen und griffen zur Ware aus dem Ausland. Ein bitterer Vorgeschmack für die Spargel- und Erdbeererzeuger für die Saison 2023 mit dem neuen Mindestlohn von 12 Euro, der nur durch faire Preise finanziert werden kann.

„Die Leute sollen für ihre Arbeit fair entlohnt werden. Gerade auch im Hinblick auf die steigenden Kosten für Energie und um unsere guten, in Deutschland produzierten Lebensmittel kaufen zu können. Wir Landwirte sind bereit, die Erhöhung mitzutragen, aber auch wir müssen unsere Preissteigerungen durch höhere Preise erwirtschaften dürfen“, zeigt Vize-Präsident Ulrich Löhr die Ambivalenz auf.

Bei dem gesetzlichen Mindestlohn von 12 Euro brutto handelt es sich um eine verbindliche Lohnuntergrenze, d.h. kein Arbeitgeber ist berechtigt, dem Arbeitnehmer weniger als den gesetzlichen Mindestlohn oder den Branchenmindestlohn zu zahlen. Die Obergrenze für Minijobs steigt von 450 auf 520 Euro. Für Arbeitgeber besteht zudem eine Aufzeichnungspflicht der Arbeitszeit. Bei Verstößen gegen das Mindestlohngesetz kann ein Bußgeld von bis zu 500.000 Euro verhängt werden.
LPD
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Kommentare 
Till Eulenspiegel schrieb am 14.10.2022 17:08 Uhrzustimmen(8) widersprechen(8)
"Löhr erinnert in diesem Zuge an die erste Mindestlohneinführung 2015. Diese hatte zur Folge, dass die Spreewaldgurken seitdem nicht mehr aus Deutschland kommen."

So ein dummes Gequatsche, damals wie heute.

2015
"Es kommt wohl ganz schlimm. Hans-Christian Daniels, Vorstandsvorsitzender des land- und forstwirtschaftlichen Arbeitgeberverbandes in Brandenburg, stellt sich schon auf Erdbeeren aus Tschechien und Gurken aus Polen ein.
„Obst und Gemüse müssen wir nicht hier produzieren“, sagt Daniels und befürchtet Verlagerungen ins kostengünstigere Ausland.
Der Anbau beziehungsweise die Ernte rechneten sich nicht mehr, wenn 8,50 Euro für die Helfer bezahlt werden müssen.
„Die können damit nicht fertig werden“, sagt Daniels über die Betriebe."
Von Alfons Frese Tagesspiegel.

"Die Spreewälder Gurken sind als Markenname seit 1999 innerhalb der Europäischen Union geschützt:
Lediglich die Gurken aus dem Anbaugebiet des Spreewaldes dürfen unter diesem Namen verkauft werden.
In den vergangenen zehn Jahren sind in Brandenburg zwischen 24.000 und 35.000 Tonnen Spreewälder Gurken geerntet worden.
In diesem Jahr werden von den Spreewälder Anbaubetrieben Gurken auf einer Fläche von rund 550 Hektar angebaut, davon rund 50 Hektar im Bio-Anbau.
Wie in den Jahren zuvor werden laut Spreewaldverein rund 3.000 Beschäftigte im Anbau und in der Verarbeitung eingesetzt."
Aus:
https://www.proplanta.de/agrar-nachrichten/pflanze/gurkenernte-im-spreewald-startet-traditionsunternehmen-verkauft_article1624578781.html

Herr Löhr wie groß ist ihr Stück vom Kuchen der Steuerzahler?

Agrarzahlungen 2021
Begünstigte: 317.735
Zahlungen: 6,7 Milliarden Euro
Siehe hier:
https://www.bmel.de/DE/themen/landwirtschaft/eu-agrarpolitik-und-foerderung/direktzahlung/veroeffentlichung-eu-zahlungen.html
Koss Alex schrieb am 11.10.2022 12:33 Uhrzustimmen(9) widersprechen(8)
Also ob alles immer gleich mit höheren Preisen abgefangen werden muss, wage ich zu bezweifeln. Wir sehen das in anderen Lebensmittelbranchen. Preis rauf, ich bin erstmal safe und dann sehen wir weiter. Dass die Oma aber dann genau diese Produkte liegen lässt im Regal, ist nachvollziehbar. ich kann nicht Preise rauf und gleichzeitig auf Regionalität im Einkauf beharren. Der Mindestlohn wird wahrscheinlich auch nicht der Grund sein. Mit mehr Mindestlohn, gebe ich dem Konsumenten wieder die Chance, meine regionalen Produkte zu kaufen. Dieses Rad dreht sich immer weiter. Als erstes muss man bei der Preis-Ertrag Komprimierung sehen, wieviele Fehler werden in Betrieben gemacht oder wieviel unnützes Equiqment habe ich. Wo gehen meine Gelder im Betrieb hin und müssen da überhaupt Gelder hingehen ? Was leiste ich mir von dem betrieblichen Erlös ? Alles in Allem wird es nicht die Lösung sein, wie man bei den Erdbeeren dieses Jahr teilweise gesehen hat, Preisaufschläge von 250 %. Wenn ich als Ökonom nur so wirtschaften und argumentieren kann, dann hat der Mindestlohn und die Anhebung des Lebensstandarts meiner Mitmenschen wenig damit zu tun, dass ich insolvent werde !
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