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09.02.2023 | 03:55 | Fruitlogistica 

Konsum von Obst und Gemüse fördern

Berlin - In den Einkaufskörben der Verbraucher sind im vergangenen Jahr deutlich weniger Obst und Gemüse gelandet als zuvor.

Obst und Gemüse
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Mehr gesundes Obst und Gemüse statt klimaschädliches Fleisch: Könnten günstigere Preise für Äpfel, Bananen und Co. den Konsum in diese Richtung lenken? Auf der Fachmesse Fruitlogistica gibt sich die Fruchtbranche bei dieser Frage skeptisch. (c) Alexander Raths - fotolia.com
Um rund sieben Prozent ging 2022 die Einkaufsmenge bei Gemüse im Einzelhandel im Vergleich zum Vorjahr zurück, wie aus aktuellen Daten der Agrarmarkt Informations-Gesellschaft (AMI) hervorgeht. Bei frischem Obst waren es Minus fünf Prozent.

Aus Sicht des Deutschen Fruchthandelsverbands (DFHV) liegt das zum einen daran, dass die Menschen nach dem Wegfall der Pandemie-Beschränkungen wieder häufiger auswärts essen. Zum anderen aber auch daran, dass in Zeiten hoher Inflation auf jeden Cent geachtet wird.

Insbesondere bei höherwertigen und damit teureren Produkten sind die Kunden demnach zurückhaltender. «Vorletztes Jahr waren verschiedene Beerensorten der absolute Renner», sagte DFHV-Geschäftsführer Andreas Brügger der Deutschen Presse-Agentur. «Inzwischen laufen die Kunden daran vorbei. Der Trend geht zurück zum Basissortiment.»

Dabei wäre es aus Sicht von Agrarminister Cem Özdemir (Grüne) wünschenswert, wenn die Deutschen viel mehr Obst und Gemüse äßen. Das sei nicht nur gesund.

Es könne auch den Fleischkonsum weiter verringern. Immer wieder bringt Özdemir deshalb eine Steuerung des Konsums über den Preis ins Spiel: Eine Absenkung der Mehrwertsteuer bei Obst und Gemüse auf Null Prozent könnte aus seiner Sicht dazu führen, dass die Kunden eher zu Bananen und Äpfeln greifen als zu Bratwurst und Steak.

Auf der Branchenmesse Fruitlogistica, die an diesem Mittwoch in Berlin begonnen hat und auf der auch Özdemir erwartet wird, sind Fachleute bei diesem Vorschlag skeptisch. Sie verweisen auf die schon jetzt verringerte Mehrwertsteuer von sieben Prozent. Zudem geht aus AMI-Daten hervor, dass die Verbraucherpreise für Obst und Gemüse im vergangenen Jahr deutlich geringer gestiegen sind als für andere Produkte - und trotzdem kauften die Menschen weniger davon.

Auch die Agrarbranche lehnt Özdemirs Idee vehement ab. Nur ein kleiner Teil der in Deutschland verbrauchten Früchte stammt auch von hier. 80 Prozent des Obstes kommt laut DFHV aus dem Ausland, beim Gemüse liegt der Importanteil demnach bei 65 Prozent. Die Produkte deutscher Landwirte würden von einer Absenkung der Mehrwertsteuer also kaum profitieren. Außerdem hat es die Fleischproduktion aus ihrer Sicht schon schwer genug.

Der Konsum von Schweinefleisch etwa geht hierzulande seit Jahren zurück. Im Schnitt lag der Verzehr laut Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung 2021 bei 31 Kilogramm pro Kopf, 1995 waren es noch rund 40 Kilogramm Schweinefleisch pro Einwohner.

Die Zahl der in Deutschland gehaltenen Schweine war 2022 auf den niedrigsten Stand seit der Wiedervereinigung 1990 gesunken. Insgesamt produzierten die gewerblichen Schlachtunternehmen im vergangenen Jahr rund sieben Millionen Tonnen Fleisch, wie das Statistische Bundesamt am Mittwoch in Wiesbaden mitteilte. Das waren gut acht Prozent weniger als 2021.

Damit sei die Fleischproduktion hierzulande nach dem Rekordjahr 2016 (8,3 Millionen Tonnen) jedes Jahr zurückgegangen, «allerdings nie so stark wie im Jahr 2022», so die Statistiker. Beim Schweinefleisch fiel der Rückgang der Schlachtmenge mit fast zehn Prozent besonders stark aus. Insgesamt wurden in den Schlachtbetrieben 51,2 Millionen Schweine, Rinder, Schafe, Ziegen und Pferde sowie 701,4 Millionen Hühner, Puten und Enten geschlachtet.

Brügger vom Fruchthandelsverband hofft gleichwohl, dass die Preisentwicklung bei Obst und Gemüse trotz der insgesamt hohen Inflation in den kommenden Monaten moderat bleibe. «Das Angebot auf dem Weltmarkt ist im Moment zum Glück relativ hoch, weil angebaut werden kann», sagte er. «Die Natur wächst weiter, trotz Corona und trotz Problemen in der Lieferkette. Die Marktversorgung war deshalb gut.»

Auf der Fruitlogistica geht es neben der Preisthematik auch um die Herausforderungen für die Fruchtbranche. Den Unternehmen machen nach Verbandsangaben die Auswirkungen des Ukraine-Kriegs und insbesondere der Personalmangel zu schaffen.

«Wir sind praktisch von einer Krise in die nächste gegangen», betonte der Geschäftsführer. Transport- und Energiekosten seien deutlich nach oben gegangen. «Das geht runter bis zum Produzenten» und betreffe alle Teile der Lieferkette, sagte Brügger. Hinzu komme das fehlende Personal, vom Lastwagenfahrer bis zum Saisonarbeiter.

Auf der Fachmesse wird sich die Branche bis einschließlich Freitag über diese Themen austauschen. Die Messe hatte während der Corona-Pandemie ein Jahr pausiert. Im vergangenen Jahr war sie mit einigen Monaten Verspätung wieder mit Fachpublikum gestartet. Für dieses Jahr haben sich laut Veranstalter mehr als 2.600 Aussteller aus fast 100 Ländern angemeldet.

Im vergangenen Jahr kamen rund 40.000 Fachbesucher. Zu den Erwartungen für dieses Jahr wollten sich die Organisatoren der Fruitlogistica auf Anfrage zunächst nicht äußern.
dpa
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Kommentare 
Conterra schrieb am 09.02.2023 17:24 Uhrzustimmen(8) widersprechen(7)
Die neuen Zahlen sind von der AMI und dem Fruchthandelsverband. Über die AMI wird mittlerweile umstritten diskutiert weil in erster Linie die Preise der Großmärkte herangezogen werden ohne die regionalen Ereignisse abzubilden. Auch findet Auslandsware, die nicht nach deutschen Gesetzen erzeugt wurde Eingang in deren Statistik. Noch ärger sind die Abbildung von Nicht EU-Früchten und Gemüse die nicht nach bei uns gültigen Hygiene- Sozialstandards und Löhnen produziert wurden. Hier erwarten deutsche Erzeuger ein Importverbot durch die Politik und kein Preisdumping durch die AMI.
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