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17.09.2023 | 13:27 | Zukunftsvertrag Bayern 
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120 Millionen Euro im Jahr zusätzlich für die bayerische Landwirtschaft

München - Einen „Zukunftsvertrag zur Landwirtschaft in Bayern“ haben die Spitzen der Staatsregierung in München und des Bayerischen Bauernverbandes (BBV) geschlossen.

Bayerische Landwirtschaft
Spitzen von Staatsregierung und Bauernverband unterzeichnen Zukunftsvertrag zur Landwirtschaft - Bäuerliche Familienbetriebe als Markenkern der bayerischen Land- und Forstwirtschaft - Bekenntnis zum Eigentum - Freiwilligkeit vor Ordnungsrecht - Zehn-Punkte-Programm listet Maßnahmen auf. (c) proplanta
Ziel sei es, „die Rahmenbedingungen für die Land- und Ernährungswirtschaft mit gezielten, konkreten Maßnahmen zu verbessern“, heißt in dem achtseitigen Papier. Darin bekennen sich beide Seiten unter anderem zu vielfältigen bäuerlichen Familienbetrieben als Markenkern der bayerischen Land- und Forstwirtschaft, zur flächengebundenen Tierhaltung, zur Wahrung des Eigentums als Grundpfeiler bayerischer Politik sowie zum Prinzip „Freiwilligkeit vor Ordnungsrecht“.

Insgesamt sollen bis zu 120 Mio Euro jährlich an Landesmitteln bereitgestellt werden, um die in einem Zehn-Punkte-Programm vorgesehenen Maßnahmen umzusetzen. Ministerpräsident Dr. Markus Söder bezeichnete den Zukunftsvertrag als „richtungsweisendes Bekenntnis“. BBV-Präsident Günther Felßner lobte den Zukunftsvertrag als „ein starkes und zugleich notwendiges Signal des Aufbruchs an unsere Bäuerinnen und Bauern“.

Mit ihm werde der bayerische Weg in der Agrarpolitik fortgeschrieben und konsequent an die Erfordernisse der Zukunft angepasst. Umwelt- und andere Landwirtschaftsverbände äußerten sich kritisch.

Beratungs- und Förderoffensive für Tierhalter



In dem Zehn-Punkte-Programm des Zukunftsvertrages kündigen Staatsregierung und Bauernverband eine „Beratungs- und Förderoffensive“ für tierhaltende Betriebe an. Beispielsweise sollen die Landesprogramme ausgebaut, das förderfähige Investitionsvolumen bei Maßnahmen für mehr Tierwohl auf 250.000 Euro je Vorhaben angehoben und die Beratung von Milchviehbetrieben zur erstmaligen Umstellung einer Anbindehaltung intensiviert werden.

Umsetzen will man ein wirksames Management für Wildtierarten, „die ein nachhaltiges Wirtschaften in der Land- und Forstwirtschaft oder auch die Weidetierhaltung gefährden“. Für die praxisorientierte Beratung zugunsten eines ressourcenschonenden Pflanzenbaus will der Freistaat jährlich 5 Mio Euro, für den Verzicht auf den Einsatz chemischer Pflanzenschutzmittel zur Behandlung von Einzelpflanzen in Grünlandbeständen 20 Mio Euro bereitstellen. Zur Umsetzung der Düngeverordnung soll bis 2024 ein repräsentatives Netz von 1.500 Messstellen eingerichtet werden.

Agrarflächen sollen geschont werden



Ein besonderes Augenmerk will man auf den Flächenverbrauch beziehungsweise der Schonung landwirtschaftlicher Flächen legen. Der naturschutzrechtliche Ausgleich soll vorrangig über Ökopunkte und kompensationsintegrierte Maßnahmen erfolgen, für Freiflächen-Photovoltaikanlagen sowie Maßnahmen zum Hochwasserschutz ganz wegfallen.

Der Vollzug des Grundstückverkehrsgesetzes soll optimiert werden, um dem Ziel „Bauernland in Bauernhand“ besser Rechnung zu tragen. Für die Förderung „energieautarker Bauernhöfe“ sind bis zu 15 Mio Euro vorgesehen. Dabei geht es um den Aufbau einer Eigenstromversorgung in der Innenwirtschaft und die „technologieoffene Umstellung der Außenwirtschaft auf klimaneutrale Antriebe“.

Bekenntnis zu bäuerlicher Landwirtschaft



„Bayern bekennt sich zu seiner starken, eigenständigen und bäuerlichen Landwirtschaft“, sagte Ministerpräsident Söder bei der Unterzeichnung des Zukunftsvertrages am Montag dieser Woche (11.9.) im Münchener Residenztheater. Mittelständische Familienbetriebe seien „das Herzstück des ländlichen Raums und Grundlage unserer regionalen Ernährung, unserer Kulturlandschaft und unseres Wohlstands“.

„Wir setzen auf regionale Lebensmittel - ob bio oder konventionell“, sagte Söder. Man schütze landwirtschaftliche Nutzflächen und Eigentum und wolle mehr Freiheit und Vertrauen und weniger Kontrollen und Bürokratie in der Landwirtschaft, betonte der Regierungschef an. Die Staatsregierung stehe zur Tierhaltung, denn diese sei das Rückgrat der bayerischen Landwirtschaft. Mit der Bereitstellung von jährlich bis zu 120 Mio Euro entwerfe Bayern „ein Gegenmodell zum Bund“.

Landwirtschaft von herausragender Bedeutung



Nach den Worten von Agrarministerin Michaela Kaniber ist die Landwirtschaft für Bayern von herausragender Bedeutung: „Sie ist das Fundament unserer Ernährung, Ausgangspunkt der Schönheit unserer Heimat und eine der Grundlagen unseres Wohlstands.“ Dies gelte es zu erhalten. Nichts davon sei selbstverständlich.

„Kein Bundesland fördert den Ökolandbau mehr als Bayern; Cem Özdemir hingegen kürzt die Mittel für den Ökolandbau“, erklärte Kaniber zur Kritik, der Ökolandbau komme zu kurz. Der Zukunftsvertrag bekräftige die Ziele und stelle die enormen Anstrengungen in den Vordergrund, die in den vergangenen Jahren in Bayern zum Schutz von Umwelt, Biodiversität und Ressourcen sowie beim Ausbau von Ökolandbau und in Sachen Tierwohl unternommen worden seien. „Diese Punkte sind in Bayern längst Gesetz oder praktizierte Realität, die müssen wir nicht zum wiederholten Mal als Ziel in einen Vertrag schreiben.“

Kein Vertrag gegen jemanden



Der Zukunftsvertrag ist nach den Worten der bayerischen Landwirtschaftsministerin „kein Vertrag gegen etwas oder jemanden, sondern vor allem ein Vertrag für die Landwirtschaft und die Ziele von Umwelt- und Naturschutz und Ökolandbau“.

Man lasse die Betriebe nicht mit immer mehr Auflagen, Anforderungen und Zielformulierungen allein, versicherte Kaniber. Stattdessen stärke man die betriebliche Beratung und gebe Rückenwind für sinnvolle und notwendige Weiterentwicklungen in der Branche.

Aktive Standortpolitik



„Während die Nachrichten aus Berlin und Brüssel reihenweise Hiobsbotschaften für landwirtschaftliche Betriebe bereithalten, beinhaltet der gemeinsam mit der Staatsregierung ausgehandelte Zukunftsvertrag ein klares Bekenntnis zur Stärkung der Land- und Forstwirtschaft in Bayern“, sagte BBV-Präsident Felßner.

Die Staatsregierung nutze den Gestaltungsrahmen auf bayerischer Ebene, setze tragfähige Eckpfeiler für die Zukunft der landwirtschaftlichen Familienbetriebe und schaffe Perspektiven für die bäuerliche Tierhaltung. Zugleich habe dieser bisher einmalige Zukunftsvertrag auch einen Mehrwert für alle Bürgerinnen und Bürger in Bayern, da er für die Megathemen der Zukunft wie zum Beispiel Ernährungssicherung, Erhalt von Landwirtschaftsflächen, Klimaschutz, Dekarbonisierung, Wassermanagement, Ressourcenschutz und Biodiversität entscheidende Maßnahmen enthalte. „Das ist aktive Standortpolitik zur Sicherung der zukünftigen Lebensgrundlagen in Bayern“, so Felßner.

Auflistung längst bekannter Maßnahmen



Wesentliche gesetzliche Vorgaben aus dem Volksbegehren „Artenvielfalt“ würden in dem Pakt nur unzureichend berücksichtigt, lautet indes der Hauptvorwurf von Umwelt- und Landwirtschaftsverbänden.

Nach Auffassung der Landesvereinigung für den ökologischen Landbau in Bayern (LVÖ) ignoriert der Zukunftsvertrag einen umfangreichen Maßnahmenkatalog, auf den sich das Agrarbündnis Bayern in diesem Jahr verständigt habe. Damit würden „die Meinung und das Wissen von tausenden innovativen, zukunftsorientierten, experimentierfreudigen Biobäuerinnen und Biobauern bei Seite geschoben“.

Die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) bezeichnete den Zukunftsvertrag als „eine Auflistung teilweise längst bekannter und beschlossener Maßnahmen und Zusagen mit dem vagen Versprechen einer perspektivischen Umsetzung“. Völlig offen bleibe, ob es sich um zusätzliche, oder einer Aufsummierung bereits eingestellter Millionenbeträge handle. Negativ falle auf, dass regionale und Biolebensmittel wieder einmal auf eine gleiche Stufe gestellt würden: „Regional ist gut und wichtig, ersetzt aber keine Bio-Qualität.“

Fast nur ökonomische Verbesserungen



Der BUND Naturschutz in Bayern (BN) monierte, dass der Zukunftsvertrag keine Lösungen für das Artensterben enthalte, obwohl „die stark technisierte Landwirtschaft mit ihrem hohem Gift- und Düngereinsatz“ ein wesentlicher Faktor sei.

Keinen Niederschlag finde auch die Klimakrise, obwohl sie die Bäuerinnen und Bauern massiv bedrohe „und durch eine fossile, entwässernde und an synthetischen Stoffen reiche Landwirtschaft selbst mitverursacht wird“. Auch dem Landesbund für Vogel- und Naturschutz in Bayern (LBV) missfällt, dass es im Zukunftsvertrag fast ausschließlich um ökonomische Verbesserungen für die Landwirtschaft gehe. Die wesentlichen Herausforderungen für die bayerische Landwirtschaft, nämlich Klimaschutz und Artenvielfalt, spielten hingegen keine Rolle.
AgE
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Kommentare 
maximilian schrieb am 22.09.2023 16:37 Uhrzustimmen(4) widersprechen(6)
Der Wahlkampf führt zu einer Verschwendung von Steuergeldern.
Dr. Gero Beckmann, Fachtierarzt für Mikrobiologie schrieb am 18.09.2023 10:02 Uhrzustimmen(8) widersprechen(5)
Und es ist Wahlkampf in Bayern, da möchte natürlich auch der vormalige Baumumarmer MP Söder nicht fehlen. Was schert mich mein Geschwätz von gestern....
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