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10.09.2014 | 18:27

Juncker-Kommission nimmt Form an

EU-Kommission 2014
(c) finecki - fotolia.com

Mitglieder der neuen EU-Kommission kurz vorgestellt



Die neue EU-Kommission steht in den Startlöchern. Sie besteht aus 28 Männern und Frauen - jedes EU-Land schickt einen Vertreter. Eine Auswahl der wichtigsten Personalien:

Jean-Claude Juncker (59): Wie es auf dem europäischen Parkett zugeht, muss Jean-Claude Juncker niemand erklären. Von 2005 bis 2013 war der Luxemburger als Vorsitzender bei den Treffen der Euro-Finanzminister einer der wichtigsten Krisenmanager des Kontinents. Fast sein gesamtes berufliches Leben hat Juncker regiert - allein 18 Jahre lang als Premierminister seine Heimat Luxemburg.

Nach einer Geheimdienstaffäre und Neuwahlen verlor er 2013 die Regierungsmehrheit. Nun wechselt Juncker vollständig auf die europäische Bühne. Als überzeugter Europäer gilt der Sohn eines von deutschen Besatzern zwangsrekrutieren Hüttenwerkspolizisten ohnehin. Der Jurist, der Luxemburgisch, Deutsch, Französisch und Englisch spricht, wird EU-Kommissionspräsident.

Frans Timmermans (53): Der bisherige niederländische Außenminister Frans Timmermans wird zur rechten Hand von Kommissionspräsident Juncker. Als «Erster Vizepräsident» wird er für Bürokratieabbau, interinstitutionelle Fragen und Grundrechte zuständig sein. In seiner Heimat hat er sich nach dem Absturz von Flug MH17 in der Ostukraine mit vielen seiner Landsleute an Bord einen Namen gemacht.

Russisch, Deutsch, Englisch, Französisch, Italienisch spricht er fast ohne Akzent - jahrelang wohnte er in Moskau. Von 2007 bis 2010 war der Sozialdemokrat Europa-Minister der Niederlande. Sein liebstes Kommunikationsmittel ist Facebook. Dort schwärmt er von Edith Piaf ebenso wie vom Radrennen Tour de France.

Federica Mogherini (41): Die Italienerin Federica Mogherini hat in den vergangenen Monaten einen rasanten Aufstieg erlebt. Als sie Außenministerin in ihrer Heimat wurde, kannten selbst viele ihrer Landsleute sie kaum. Nur ein halbes Jahr später kam der Ruf nach Brüssel. Die Sozialdemokratin wird EU-Außenbeauftragte. Kritiker bemängeln ihre geringe internationale Erfahrung. In Italien hat sie sich allerdings als Expertin für Verteidigung, Europa und internationale Fragen etabliert. Mogherini steht für eine junge Generation von Politikern in Italien. Oft twittert sie über ihren Arbeitsalltag. Als eine ihrer Leidenschaften gilt das Reisen - was bestens zum neuen Job passt.

Günther Oettinger (60): Günther Oettinger hat sich seine zweite Amtszeit als EU-Kommissar erarbeitet. Als er vor vier Jahren in Brüssel das Ressort Energie übernahm, zweifelten nicht wenige an dem Stuttgarter. Als Ministerpräsident von Baden-Württemberg (2005-2010) wurden ihm ein schlechtes Bundestagswahlergebnis und eine Trauerrede auf Ex-Ministerpräsident Hans Filbinger (CDU) angekreidet - den einstigen NS-Marinerichter hatte Oettinger zum Nazigegner erklärt. Auch mangelnde Englisch-Kenntnisse brachten ihn ins Gerede. Mittlerweile wird dem Christdemokraten auf EU-Ebene Respekt entgegen gebracht. In seinem Ressort kennt Oettinger sich bis ins kleinste Detail aus. Nun wird er Kommissar für digitale Wirtschaft und Gesellschaft.

Pierre Moscovici (56): Der gebürtige Pariser Pierre Moscovici hat sich auf europäischem Parkett und als sozialistischer Wirtschaftsfachmann einen Namen gemacht. Etliche Jahre war der Absolvent zweier Eliteuniversitäten Abgeordneter im Europaparlament. Von 1997 bis 2002 diente er als Europaminister in der linken Regierung Lionel Jospins. Von 2012 bis 2014 war er Finanzminister. Den eigenen Ambitionen zum Trotz unterstützte Moscovici, seit drei Jahrzehnten Mitglied der Sozialistischen Partei (PS), 2012 François Hollande auf dessen Weg in den Élysée-Palast. Moscovici steht dem Spar-Dogma in der EU kritisch gegenüber. Nun ist er als Kommissar für Wirtschafts- und Finanzangelegenheiten, Steuern und Zoll zuständig.

Jonathan Hill (54): Mit Jonathan Hill schickt der britische Premier David Cameron einen Mann nach Brüssel, den er für geeignet hält, das schwierige Verhältnis Großbritanniens zur EU zu erklären. Hill soll die britischen Interessen vertreten, dabei aber auch versuchen, die Brücke über den Kanal nicht völlig einbrechen zu lassen. Der ehemalige Fraktionschef im britischen Oberhaus gilt als europaskeptisch, aber nicht so sehr, dass er von den Partnern in Brüssel nicht akzeptiert werden könnte. Der Konservative war leitender politischer Berater von Premier John Major und arbeitete in mehreren Ministerien. Als Kommissar wird er für Finanzstabilität, Finanzdienstleistungen und Kapitalmarktunion zuständig sein.

Cecilia Malmström (46): Als EU-Kommissarin für Inneres hat sich die Schwedin Cecilia Malmström in den vergangenen fünf Jahren einen guten Ruf in Brüssel erworben. Die Liberale musste manch heißes Eisen anfassen, etwa die umstrittene Einwanderungspolitik Europas und die Terrorabwehr. Auch wenn Malmström keine grundsätzlichen Änderungen in der Flüchtlingspolitik erreichen konnte, redete sie den EU-Staaten immer wieder auch öffentlich ins Gewissen. Die Schwedin gilt als überzeugte Europäerin. Ihre Karriere wurde von der Europapolitik bestimmt: Die studierte Politikwissenschaftlerin war von 1999 bis 2006 EU-Abgeordnete und danach schwedische Europaministerin, bevor sie 2010 wieder nach Brüssel in die EU-Kommission wechselte. Nun wechselt sie in der Kommission das Ressort: Sie wird Handelskommissarin.

Andrus Ansip (57): Andrus Ansip ist ein politischer Rekordmann Estlands und des Baltikums. Fast neun Jahre lang regierte der Liberale bis zu seinem Rücktritt im März 2014 den nördlichsten der drei baltischen Staaten. Dabei hatte der als kühler Technokrat geltende Politiker Europa stets fest im Visier. Mit hartem Sparkurs und kompromisslosen Reformen führte er Estland durch Rezession und Krise 2011 in die Eurozone. Ansip gilt als Anhänger der deutschen Stabilitätspolitik und spricht recht gut Deutsch. Der pragmatische Este begann seine politische Karriere 1998 als Bürgermeister seiner Heimatstadt Tartu. Zuletzt war Ansip Abgeordneter im EU-Parlament. Nun wird er als Vizepräsident der Kommission für den digitalen Binnenmarkt zuständig sein.

Valdis Dombrovskis (43): Mit fast fünf Jahren Amtszeit regierte Valdis Dombrovskis Lettland so lange wie kein anderer Regierungschef seit der erneuten Unabhängigkeit des Landes 1991. Nach dem Einsturz eines Supermarkt-Daches mit 54 Toten in Riga übernahm er im November 2013 die politische Verantwortung und trat zurück. Zuvor hatte der nüchtern-pragmatische Konservative, der auch schon für die Lettische Nationalbank und als Finanzminister tätig war, sein Land mit einem harten Reformkurs Euro-tauglich gemacht. Seit der Europa-Wahl saß Dombrovskis im EU-Parlament - wie schon von 2004 bis 2009. Als Vizepräsident der Kommission verantwortet er künftig das Ressort Euro und sozialer Dialog.

Margrethe Vestager (46): Die neue dänische Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager ist eine starke politische Persönlichkeit in ihrer Heimat. Zuletzt war sie Ministerin für Wirtschaft und Inneres im Kabinett der sozialdemokratischen Ministerpräsidentin Helle Thorning-Schmidt, mit der Vestager seit langem eng zusammenarbeitet. Zuvor hatte sie zwischen 1998 und 2001 das Bildungsressort geleitet. Als sie den Job antrat, war sie gerade einmal 29 Jahre alt - Dänemarks jüngste Ministerin aller Zeiten. Im dänischen Parlament hatte Vestager, die als sehr willensstark gilt, seit 2001 einen Sitz. Seit 2011 war sie Chefin der Sozialliberalen.

Jyrki Katainen (42): Der frühere finnische Ministerpräsident Jyrki Katainen machte sich schon früh Hoffnung auf einen wichtigen Posten in Brüssel. Vorausblickend kündigte er im April seinen Rücktritt als Regierungschef und Vorsitzender der konservativen Nationalen Sammlungspartei an - Ämter, die er drei beziehungsweise zehn Jahre lang bekleidet hatte. Nach der Europawahl ersetzte Katainen übergangsweise seinen Landsmann Olli Rehn, der ins Europaparlament gewählt worden war, als EU-Währungskommissar. Vor seiner Zeit als Ministerpräsident war Katainen zwischen 2007 und 2011 finnischer Finanzminister gewesen. Als Vizepräsident der EU-Kommission wird er für Arbeitsplätze, Wachstum, Investitionen und Wettbewerbsfähigkeit zuständig sein.

Miguel Arias Cañete (64): Miguel Arias Cañete gilt als einer der erfahrensten Europapolitiker in der konservativen Volkspartei (PP) des spanischen Regierungschefs Mariano Rajoy. Der 64-Jährige gehörte schon von 1986 bis 1999 dem Europaparlament an. Danach wirkte er zwischen 2000 und 2004 sowie zwischen 2011 und 2014 als spanischer Landwirtschaftsminister an mehreren Reformen der EU-Agrar- und Fischereipolitik mit - und wechselte dann erneut ins Europaparlament. In Spanien ist er als Liebhaber alter Autos bekannt. In Brüssel soll sich Cañete in der Kommission um die Klimapolitik kümmern. Vom Deutschen Oettinger übernimmt er zudem den Bereich Energie.

Vytenis Andriukaitis (63): Mit dem Sozialdemokraten Vytenis Andriukaitis sitzt ein ausgebildeter Arzt in der neuen EU-Kommission. Der Spezialist für Herz- und Gefäßchirurgie war in Litauen in den vergangenen beiden Jahren als Gesundheitsminister tätig. Als Kind nach Sibirien deportierter Litauer engagierte er sich früh im Widerstand gegen die Sowjetherrschaft. Andriukaitis gehört zu den Unterzeichnern der litauischen Unabhängigkeitserklärung am 11. März 1990 und auch zu den Autoren der neuen Verfassung des baltischen Landes 1992. Danach saß der Politiker, der auch Geschichte studiert hat, lange Zeit im litauischen Parlament. Er wird nun Kommissar für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit.

Kristalina Georgiewa (61): Die Bulgarin Kristalina Georgiewa kennt sich in Wirtschaftsfragen aus. Vor dem Wechsel in die EU-Kommission 2010 hatte die in Sofia geborene Konservative als Vizepräsidentin der Weltbank gearbeitet. Eine akademische Laufbahn brachte die Wirtschaftsexpertin auch an englische und US-amerikanische Universitäten. Bislang war Georgiewa als Kommissarin zuständig für internationale Zusammenarbeit und humanitäre Hilfe. Künftig kümmert sie sich um den Bereich Haushalt und Personal und wird auch Vizepräsidentin. Georgiewa spricht English und Russisch. Und lernt Französisch, wie sie sagt.

Alenka Bratusek (44): Alenka Bratusek kam auf Umwegen zu ihrem Job als slowenische Ministerpräsidentin. Als ihr Parteifreund und Wahlsieger Zoran Jankovic, Bürgermeister der Hauptstadt Ljubljana, in Korruptionsverdacht geriet, musste er Bratusek 2013 den Platz an der Regierungsspitze überlassen. Im Mai 2014 erklärte die Finanzexpertin ihren Rückzug vom Amt, nachdem sie parteiintern entmachtet und als Vorsitzende abgelöst worden war. Nun wird Bratusek Vizepräsidentin der EU-Kommission, zuständig für die Energieunion.
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