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19.07.2021 | 03:49

Merkel verspricht Hochwasseropfern schnelle Hilfe

Angela Merkel
Während die Wassermassen in den Katastrophengebieten im Westen Deutschlands vielerorts zurückgegangen sind, macht heftiger Regen nun auch einigen anderen Regionen zu schaffen. Kanzlerin Angela Merkel verspricht schnelle Unterstützung. (c) proplanta

Trauer zwischen Trümmern - Das große Aufräumen in den Flutgebieten



In vielen Orten der schwer getroffenen Flutgebiete ist die unmittelbare Gefahr vorüber. Das Aufräumen allerdings fängt gerade erst richtig an. Kann es je wieder so werden wie vor der Katastrophe?


Schlamm, Schutt und Schmutz überall. Trümmer türmen sich teils meterhoch. Zwischen Autowracks und Möbelresten versuchen Anwohner, ein wenig Ordnung in das Chaos zu bringen. Mit dem Zurückweichen des Wassers wird in den vom Unwetter verwüsteten Regionen in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz das ganze Ausmaß der Zerstörung sichtbar. Es wird Wochen, Monate dauern, bis allein die sichtbaren Folgen der Katastrophe beseitigt sind.

Ungewohnt emotional äußerte sich Bundeskanzlerin Angela Merkel bei ihrem Besuch im Hochwassergebiet in Rheinland-Pfalz. «Die deutsche Sprache kennt kaum Worte für die Verwüstung, die hier angerichtet ist», sagte die CDU-Politikerin am Sonntag in Adenau im Kreis Ahrweiler. Sie sprach von einer «surrealen, gespenstischen Situation».

Allein im Kreis Ahrweiler haben mindestens 110 Menschen bei der Flutkatastrophe ihr Leben verloren. Auch am Sonntag suchten Rettungskräfte in den teils völlig zerstörten Ortschaften nach Opfern - auch mit Hilfe von Luftbildaufnahmen, die vom Hubschrauber aus gemacht wurden. Es sei zu befürchten, dass die Zahl der Toten weiter steigt, berichtet die Polizei in Koblenz.

Auch das kleine Städtchen Bad Neuenahr-Ahrweiler gleicht einem Trümmerfeld. Bagger heben Autos an, die sich in den Gassen verkeilt haben, vor den Häusern stapeln sich Tische, Stühle und anderer zerstörter Hausrat. Anwohner wie Thomas Bähr schaufeln Schlamm aus ihren Häusern. «Das haben wir gerade erst gekauft», erzählt der Besitzer eines 300 Jahre alten Hauses.

Peter Geller wohnt direkt an der Stadtmauer aus dem 13. Jahrhundert. In seinem Hof wurde eine Tote angeschwemmt. Erst nach vielen Stunden seien die alarmierten Rettungskräfte gekommen, um die Leiche abzuholen. «Die kommen mit den Toten nicht nach», berichtet Geller am Samstag. Anwohner Karl-Heinz Conradt weiß von fünf Bekannten sicher, dass sie tot sind.

Das Strom- und Telefonnetz ist auch am Sonntag in vielen Orten noch ausgefallen. Frei liegende Stromleitungen gefährdeten die Menschen, warnt die Polizei. Eine Vielzahl von Straßen sei nicht befahrbar.

Angesichts der gewaltigen Zerstörungen und der vielen persönlichen Schicksale weitet das Land Rheinland-Pfalz sein psychosoziales Hilfsangebot aus. «Wir wollen die Menschen, die durch das katastrophale Unwetter den Verlust eines Menschen betrauern, selbst in existenzielle Not geraten sind oder durch die Naturgewalten ihr gesamtes Hab und Gut verloren haben, nicht allein lassen», erklären Sozialminister Alexander Schweitzer (SPD), der Opferschutzbeauftragte Detlef Placzek und Bildungsministerin Stefanie Hubig (SPD).

Inmitten der Tragödie scheint es schwer vorstellbar, dass das Leben sich bald wieder normalisiert. «Unsere Dörfer werden nie wieder so sein, wie es war», sagte etwa Pfarrer Michael Schaefer zu Beginn der Sonntagsmesse im Eifel-Ort Adenau. Glücklicherweise habe man dort keine Toten zu beklagen.

Zur Pfarreiengemeinschaft Adenauer Land gehört auch das teilweise zerstörte Dorf Schuld, das Angela Merkel am Sonntag besucht hatte, um sich ein Bild von der Lage zu machen. Sie versprach den Betroffenen schnelle Hilfe. Bund und Land würden gemeinsam daran arbeiten, «die Welt wieder Schritt für Schritt in Ordnung zu bringen in dieser wunderschönen Gegend».

Auch in Nordrhein-Westfalen scheint eine Rückkehr zur Normalität in weiter Ferne zu liegen. Hier ist das große Aufräumen ebenfalls in vollem Gange. Auf der Bundesstraße 265 liegen am Samstag Autos wie riesiges Strandgut herum, zwischen und unter Lastwagen gedrückt.

Die Bundeswehr hilft mit Panzern beim Aufräumen. In der 50.000-Einwohner-Stadt Erftstadt seien 6.000 Menschen unmittelbar von der Katastrophe betroffen, berichtet Bürgermeistern Carolin Weitzel (CDU) am Samstag. Die Infrastruktur der Stadt müsse wieder aufgebaut werden.

Im gesamten Land NRW starben nach Stand Sonntagmittag 46 Menschen bei der Flutkatastrophe. Und noch immer suchen viele nach vermissten Angehörigen. Besonders angespannt ist die Lage im Stadtteil Erftstadt-Blessem, wo Fachleute die Abbruchkanten eines Erdrutsches untersuchen. Dort war infolge der Fluten ein riesiger Krater entstanden, mindestens drei Wohnhäuser und ein Teil der historischen Burg stürzten ein. Auch die von einem Bruch bedrohte Steinbachtalsperre bereitet den Experten am Sonntag weiter Sorge.

Erst traf es den Westen Deutschlands und dann plötzlich mit voller Wucht den Süden Bayerns: Ungläubig starrten die Menschen dort auf die Verwüstungen, die die reißenden Fluten am Samstagabend hinterließen.

Mit Schaufeln räumten sie Schlamm und Geröll im Landkreis Berchtesgadener Land beiseite. Sehr starker Regen hatte dort den Fluss Ache über die Ufer treten und Hänge abrutschen lassen. Häuser drohten einzustürzen, Straßen wurden überflutet. Der Landkreis rief den Katastrophenfall aus. Der örtliche Einsatzleiter Anton Brandner sprach am Sonntag von dramatischen Szenen: «Fahrzeuge auf den Straßen wurden zum Spielball der Wassermassen.»

Mehr als 130 Menschen mussten ihre Häuser verlassen. Zwei Menschen starben - einer davon an einer natürlichen Ursache, die aber auch mit dem Hochwasser in Zusammenhang stehen könne, hieß es. Am Nachmittag machten sich Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU), Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) und andere Politiker ein Bild von der Situation in den Hochwassergebieten.

Riesengroß ist die Hilfsbereitschaft im ganzen Land. Die Lager mit Lebensmittel- und Kleiderspenden seien gut gefüllt, berichten etwa die Kreise Euskirchen und Rhein-Erft in Nordrhein-Westfalen. Sie haben Konten für Hochwasser-Hilfen eingerichtet und bitten um Geldspenden. Denn Sachspenden gebe es derzeit genug.
dpa
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