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10.06.2022 | 07:14 | Drogenpolitik 

Alkohol verteuern?

Berlin - Deutschlands Psychotherapeuten fordern eine Verteuerung von Alkohol und eine Legalisierung von Cannabis.

Alkoholkonsum
Bier, Schnaps und Wein sollen nach Ansicht von Deutschlands Psychotherapeuten auf lizenzierte Geschäfte beschränkt werden. Mit Billigangeboten soll Schluss sein. Gegenüber Cannabis fordern sie einen liberalen Kurs. (c) proplanta
Beides sollte zudem wie alle anderen legalen Rauschmittel nur noch in lizenzierten Geschäften abgegeben werden dürfen, so die Bundespsychotherapeutenkammer in einer am Donnerstag in Berlin veröffentlichten Stellungnahme. Unterstützung für ihren grundsätzlichen Kurs erhielten die Therapeuten aus der Ampelkoalition.

«Ja, wir müssen als Gesellschaft über Alkoholprävention reden», sagte die Gesundheitspolitikerin Linda Heitmann (Grüne) in Berlin. «Hochprozentiges ist derzeit für wenige Euro an jeder Supermarktkasse leicht zu greifen und zu kaufen.» Die Abgeordnete sagte: «Es braucht Verteuerung und besseren Jugendschutz.» Auch die Zeitungen der Funke Mediengruppe verbreiteten die Stellungnahme.

Die Kammer plädierte zugleich für ein Mindestalter von 18 Jahren für den Kauf aller legalen Drogen. Die Abgabe an Minderjährige müsse stärker als bislang sanktioniert werden.

«Von keiner Drogenpolitik ist zu verhindern, dass Drogen ausprobiert und gebraucht werden», sagte Kammerpräsident Dietrich Munz. «Deshalb sollten Erwachsene wie Jugendliche auch lernen, Drogen so zu nutzen, dass sie ihre Gesundheit nicht gefährden und das Risiko für Missbrauch und Abhängigkeit gering bleibt», so der Stuttgarter Psychotherapeut.

Für die Millionen Menschen, die regelmäßig Bier, Schnaps und Wein trinken, soll es nach Ansicht der Kammer neue Hürden geben. Die Psychotherapeuten fordern höhere Alkoholsteuern und einen Mindestpreis für Alkohol.

Bei der Beschränkung aller legalen Drogen auf Lizenz-Shops schwebt der Kammer eine «Abgabe durch Fachpersonal» vor, ausgebildet in Suchtprävention. Die Therapeuten beklagen, dass legale Drogen etwa in Supermärkten, Tankstellen, über Automaten oder Internet fast überall rund um die Uhr verfügbar seien. Künftig solle das Fachpersonal über die Wirkungen informieren und das Alter prüfen.

«Alkohol ist deutlich gefährlicher als Cannabis», stellt die Bundespsychotherapeutenkammer fest. So trinke fast jede und jeder Fünfte in Deutschland riskant viel davon. Alkohol könne tödlich sein. Cannabis gelte dagegen als moderat schädliche Droge.

Die Stellungnahme kommt zu einem Zeitpunkt, an dem die Koalition eine kontrollierte Cannabis-Freigabe vorbereitet. Im Mai hatte der Bundesdrogenbeauftragte Burkhard Blienert (SPD) den Start eines gründlichen Konsultationsprozess hierfür angekündigt.

Gleichzeitig treibt die gegenwärtige Inflation bereits die Preise nach oben, so gab es in den vergangenen Wochen mehrere Berichte über steigende Bierpreise. Beim ersten Oktoberfest in München nach der coronabedingten Zwangspause müssen Besucher demnach allein aus diesem Grund etwa in diesem Jahr für die Maß Bier rund 15 Prozent mehr bezahlen.

Die Psychotherapeutenkammer fordert für alle legalen Drogen das Verbot von Werbung. Generell sollte die Drogenpolitik nach Ansicht der Psychotherapeuten auf Regulierung und Prävention setzen - aber auch auf «aufgeklärten, kompetenten und eigenverantwortlichen Gebrauch von Drogen».

Das sei der beste Schutz vor Missbrauch. Den Menschen verfügbar gemacht werden müssten viel mehr professionelle Angebote, fordert die Kammer, die rund 55.000 Psychotherapeutinnen und -therapeuten vertritt. Angeboten werden solle mehr Früherkennung, Behandlung und Rehabilitation von Suchterkrankungen.

«Das Ziel bleibt das gleiche wie das der bisherigen Drogenpolitik: Drogenmissbrauch und -abhängigkeit vermeiden», so die Therapeuten. Cannabis sei nicht harmlos und berge insbesondere das Risiko von Psychosen.

Doch der Gebrauch von Cannabis nehme trotz Verbot seit Jahrzehnten zu. Die bisherige Politik mit dem Ziel der Einschränkung von Cannabis-Gebrauch sei gescheitert. Der Gehalt des psychoaktiven Wirkstoffs THC solle aber auf höchstens 15 Prozent beschränkt werden, schlagen die Psychotherapeuten vor.
dpa
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