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16.01.2022 | 10:12 | Gemeinsame Agrarpolitik 

Brüssel wartet weiter auf Berliner GAP-Strategieplan

Brüssel - Die Europäische Kommission wartet noch immer auf den Entwurf des deutschen Strategieplans für die neue Gemeinsame Agrarpolitik (GAP). In Brüsseler Kreisen wird mittlerweile damit gerechnet, dass Deutschland als eines der letzten EU-Mitgliedsländer seinen Strategieplan zusenden wird.

GAP-Strategieplan
EU-Unionsagrarpolitiker beklagen „Fehlstart“ von Özdemir - Häusling und Kuzmiuk kritisieren Unklarheiten bei den Strategieplänen. (c) proplanta
Eine Abgabe des Papiers noch in diesem Monat wird dem Vernehmen nach nicht mehr erwartet. Die Bundesregierung begründete die Verzögerung unter anderem damit, dass die Einigung im GAP-Trilog und die Verabschiedung der Basisrechtsakte mit zu großer Verspätung erfolgt seien. Die offizielle Frist zur Einreichung der nationalen Strategiepläne war bekanntlich am 1. Januar 2022 abgelaufen.

Neben Deutschland hatten acht weitere EU-Länder, nämlich Belgien, Bulgarien, Lettland, Litauen, Luxemburg, Rumänien, die Slowakei und Tschechien, ihre Entwürfe nicht rechtzeitig verschickt. Die litauische Regierung soll allerdings inzwischen ihren Entwurf bei der Kommission abgeliefert haben. Die Brüsseler Behörde geht davon aus, dass auch die anderen säumigen Staaten ihre Strategiepläne zeitnah nachreichen werden.

EU-Agrarkommissar Janusz Wojciechowski erklärte am Montag (10.1.) bei einer Anhörung im Landwirtschaftsausschuss des Europaparlaments, dass die Strategiepläne zwecks einer besseren Vergleichbarkeit idealerweise zeitgleich geprüft werden sollten. Für die Prüfung hat die Kommission bis Mitte dieses Jahres Zeit. Die bislang säumigen Staaten wurden laut Wojciechowski schriftlich aufgefordert, ihre Entwürfe schnellstmöglich einzureichen.

Diskussion um Strafzahlungen

Unterdessen hat der EU-Landwirtschaftsausschuss die Nichterteilung eines Vetos gegen zwei wichtige Delegierte Rechtsakte der Kommission empfohlen. Das Parlament wird darüber in dieser Woche entscheiden. Dann können beide Rechtstexte zeitnah in Kraft treten. Zum einen geht es dabei um die Delegierte Verordnung mit Vorschriften für die Zahlstellen und andere Einrichtungen, die Finanzverwaltung, den Rechnungsabschluss sowie Sicherheiten.

Der zweite Delegierte Rechtsakt behandelt zusätzliche Anforderungen für bestimmte, von den Mitgliedstaaten in ihren GAP-Strategieplänen für den Zeitraum 2023 bis 2027 festgelegte Interventionskategorien. Des Weiteren werden Vorschriften über den Anteil beim Standard für den guten landwirtschaftlichen und ökologischen Zustand (GLÖZ-Standard) geregelt.

Eine weitere Delegierte Verordnung, mit der unter anderem Strafzahlungen der Mitgliedstaaten bei Nichteinhaltung der Strategiepläne festlegt werden sollten, wurde Parlamentskreisen zufolge zunächst zurückgezogen. So sollen verschiedene Abgeordnete darauf pochen, dass bis zu 10 % der Mittel für die Erste Säule verlorengehen können; die Kommission hatte in ihrem Entwurf lediglich 1,5 % dafür vorgesehen.

Mehr Geld für ungarische Kleinbetriebe

Zufrieden zeigte sich vorige Woche Ungarns Landwirtschaftsminister István Nagy. Seinem Land sei es als einem der ersten gelungen, den Strategieplanentwurf einzureichen. Nach Einschätzung des Ressortchefs wird die verpflichtende Umverteilung im Rahmen der neuen GAP von 10 % der Direktbeihilfen zu einer „deutlichen“ Erhöhung der Basishektarprämie für kleinere Betriebe führen.

In Ungarn soll die Prämie für Betriebe mit bis zu 10 ha Fläche auf etwa 56 Euro/ha beziehungsweise für Betriebe mit mehr als 10 ha und bis zu 300 ha auf annähernd 28 Euro/ha erhöht werden. Nagy stellte klar, dass er die neuen Eco-Schemes vor allem als Instrument für die ländliche Entwicklung und die Stärkung der Lebensmittelindustrie betrachte.

Laut offizieller Seite soll aber auch ein stärkerer Fokus auf eine nachhaltigere Landwirtschaft liegen. Wie dazu aus dem Budapester Agrarressort verlautete, sind 36 % des Budgets der Zweiten Säule für „grüne Maßnahmen“ eingeplant. Damit könnten Agrarumweltmaßnahmen und die Förderung des ökologischen Landbaus verstärkt werden.

Deutsche Verspätung unverständlich

Derweil warfen die fünf Abgeordneten von CDU/CSU im Landwirtschaftsausschuss des Europaparlaments angesichts dessen, dass die neue Bundesregierung bisher „nicht in der Lage“ war, den Entwurf für den GAP-Strategieplan vorzulegen, Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir einen „Fehlstart“ vor.

Deutschland habe leider zu der Minderheit an Länder gehört, die die EU-Vorgabe nicht erfüllt habe, kritisierten der Gremiumsvorsitzende Norbert Lins, das Ausschussmitglied Marlene Mortler sowie die drei stellvertretenden Mitglieder Lena Düpont, Dr. Peter Jahr und Christine Schneider. Die Verzögerung ist nach ihrer Ansicht unverständlich, da noch im Dezember eine Einigung zwischen Bund und Ländern hatte erreicht werden können.

Moniert wurde auch, dass das Bundeslandwirtschaftsministerium zwischen Weihnachten und Silvester offensichtlich „nicht arbeitsfähig“ gewesen sei. Nach den Worten der Unionsagrarpolitiker greift das von Berlin vorgebrachte Argument, man wolle noch über Verbesserungen nachdenken, nicht. Vielmehr hätte gerade eine fristgerechte Einreichung die Voraussetzung dafür geschaffen, eventuelle Nachbesserungen im Dialog mit Brüssel beziehungsweise den anderen Mitgliedstaaten zu realisieren.

„Für unsere Landwirtinnen und Landwirte bedeutet dies weitere Planungsunsicherheit, denn sie müssen bereits im Juni entscheiden, was 2023 auf ihren Äckern wachsen soll“, so die fünf EU-Agrarpolitiker von CDU und CSU.

Nach wie vor vieles unklar

Derweil verteidigte der Agrarsprecher der Grünen/EFA, Martin Häusling, die Verzögerung. Denn vieles rund um die Strategieplanausgestaltung sei weiterhin äußerst unklar, stellte Häusling erneut fest. Zudem drohe den Grünland- und den Ökobetrieben ein deutlich reduzierter Zugang zu dem neuen Instrument der Eco-Schemes.

Zbigniew Kuzmiuk, agrarpolitischer Sprecher der Fraktion der Europäischen Konservativen und Reformer (EKR), schlug in dieselbe Kerbe. Der Pole beklagte, dass nach wie vor viele Details zu den Strategieplänen nicht geregelt seien. Ihn würde beispielsweise interessieren, inwieweit nachträgliche Änderungen der Mitgliedstaaten an ihren Entwürfen angegangen würden. Zudem beklagte der frühere Vizevorsitzende des Landwirtschaftsausschusses, dass nicht genug gegen das Höfesterben unternommen werde.
AgE
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