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10.06.2023 | 18:09 | Energiepolitik 

Demo gegen Heizungsgesetz: Söder attackiert Bundesregierung

Erding - Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) und sein Vize Hubert Aiwanger (Freie Wähler) haben eine Kundgebung von rund 13.000 Menschen gegen das geplante Heizungsgesetz zu teils heftigen Attacken auf die Bundesregierung genutzt.

Ampel-Koalition
«Bürgerlicher» Protest, normaler Wahlkampf, oder blanker Populismus? Eine Demonstration gegen das Heizungsgesetz lockt 13.000 Menschen an - auch Markus Söder. Der muss in mehrfacher Hinsicht Kritik einstecken. (c) proplanta
Beide ernteten für ihre Teilnahme an der Demonstration am Samstag in Erding bei München, bei der auch AfD-Sympathisanten dabei waren, aber viel Kritik. SPD und Grüne warfen ihnen «destruktiven Populismus» und Stimmenfischen am rechten Rand vor, in Sichtweite der Landtagswahl am 8. Oktober. Aiwanger wurde auf Twitter eine Wortwahl à la AfD vorgehalten.

Mit organisiert wurde die Kundgebung von der Kabarettistin Monika Gruber, die offenbar maßgeblich für den großen Zulauf sorgte - und am Samstag sogleich eine Demo in München in Aussicht stellte. Gruber hatte sich vorab von der AfD abgegrenzt und der Partei ein Rederecht verweigert.

Die AfD rief aber gleichwohl dazu auf, nach Erding zu kommen, zu einer parallelen Kundgebung neben dem Volksfestplatz. Ebenfalls vertreten waren in Erding ausweislich diverser Plakate auch Klimawandelleugner, Querdenker und Impfgegner. Auf weiteren Schildern wurden insbesondere die Grünen teils aufs Heftigste verunglimpft.

Söder wurde zu Beginn aber selber heftig ausgebuht, offenkundig unter anderem von AfD-Sympathisanten, von denen er sich dann als einziger Redner scharf abgrenzte und dafür wiederum ausgepfiffen wurde. «Die bürgerliche Mitte hat nichts mit AfD, hat nichts mit Anti-Demokraten zu tun», rief er. Gruber musste mehrfach um Respekt für Söder bitten.

Man sage Ja zum Klimaschutz, «aber Nein zu diesem Heizungsgesetz», sagte Söder. Klimaschutz sei wichtig, aber er müsse gemeinsam mit den Bürgern vorangetrieben werden, nicht mit einer «Brachialkur» wie von den Grünen. Beim Heizungstausch brauche es deutlich längere Fristen, forderte er, und alle Rentner sollten von der Pflicht befreit werden.

Der CSU-Chef attackierte mehrfach insbesondere die Grünen, er wandte sich strikt gegen eine vermeintliche «zwanghafte Veganisierung» und «zwanghaftes Gendern»: «Die Grünen haben die Philosophie, zu verbieten und umzuerziehen. Und wir wollen nicht, dass unser Land den ganzen Tag von einigen wenigen grünen Funktionären umerzogen wird.»

Aiwanger holte in seiner Rede zum verbalen Rundumschlag aus, gegen die Grünen, gegen die Ampel insgesamt, aber auch gegen die Medien. «Ich hab die Nase voll, wenn man in der Früh aufsteht, die Zeitung aufschlägt oder das Radio einschaltet, und es kommt nur links-grüner Gender-Gaga auf uns zu», rief er. Wenn die Bundesregierung einen Funken Anstand hätte, würde sie zurücktreten, sagte er und sprach von «Berliner Chaoten», die das Land spalten wollten.

«Jetzt ist der Punkt erreicht, wo endlich die schweigende große Mehrheit dieses Landes sich die Demokratie wieder zurückholen muss und denen in Berlin sagen: Ihr habt's wohl den Arsch offen da oben», rief er.

Auf Twitter kritisierte daraufhin unter anderem der CDU-Politiker Ruprecht Polenz: «Aiwanger von den Freien Wählern redet wie die AfD.» Der CDU-Bundestagsabgeordnete Matthias Hauer schrieb auf Twitter: «Wer ernsthaft meint, es müsse sich in Deutschland eine «schweigende Mehrheit» die «Demokratie zurückholen», der hat das Ende der Populismus-Fahnenstange erreicht und wiederholt AfD-Märchen.»

FDP-Landeschef Martin Hagen wagte sich als Vertreter der Ampel auf die Bühne. Er sagte zu dem bisherigen Entwurf für das Heizungsgesetz: «Das ist Murks, das ist Mist, das ist nicht praxistauglich.» Deshalb werde die FDP für nötige Korrekturen sorgen. Unter den Rednern in Erding waren zudem die Spitzen von Bauern- und Waldbesitzerverband.

Auf die bei der Demo geäußerte Kritik angesprochen, sagte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) am Samstag dem Radiosender Antenne Bayern: «Das Gesetz, das im Deutschen Bundestag beraten wird, ist schon ein ganz anderes als das, über das viel diskutiert wurde anhand einer gar nicht zu Ende beratenen Referentenvorlage.» Das Gesetz solle im Bundestag nun in alle Richtungen abgeklopft werden mit einem einzigen Ziel: «Es darf an keiner Stelle jemand überfordert werden und etwas tun müssen, das er oder sie sich nicht leisten kann.»

Die Bundesregierung will mit dem Gebäudeenergiegesetz schon nächstes Jahr endgültig den Abschied von Öl- und Gasheizungen einläuten. Nach dem Gesetzentwurf der Ampel soll von 2024 an möglichst jede neu eingebaute Heizung zu 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden. Staatliche Förderung soll den Umstieg sozial abfedern, außerdem soll es Übergangsfristen und Härtefallregelungen geben. Das Heizungsgesetz ist innerhalb der Ampel-Koalition aber nach wie vor umstritten. Die FDP fordert noch grundsätzliche Nachbesserungen.

Grüne und SPD kritisierten die Kundgebung scharf. «Erding zeigt heute auf den Punkt, warum die Strategie, den Rechten nach dem Mund zu reden, nicht funktioniert», schrieb die Grünen-Bundesvorsitzende Ricarda Lang auf Twitter. «Wenn Bürgerliche den rechten Kulturkampf bedienen, verlieren sie. Und es gewinnt das Original.» Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) warf Söder vor, mit seiner Teilnahme «Fakenews» zur Heizung zu bestätigen: «Er ist Kronzeuge der Ignoranten, die ihn dann verspotten und AfD wählen.»

Grünen-Landeschef Thomas von Sarnowski kritisierte auf Twitter: «Keine eigenen Vorschläge, stattdessen Ängste schüren und erneut Stimmen am rechten Rand fischen: Das zahlt am Ende beim Original ein.» SPD-Landeschef Florian von Brunn warf Söder vor, sich mit Klimaschutz-Querdenkern gemein zu machen. Und Co-SPD-Chefin Ronja Endres warf dem CSU-Vorsitzenden «destruktiven Populismus» vor.

Die Politikwissenschaftlerin Ursula Münch sagte der Deutschen Presse-Agentur: «Den Veranstaltern und den meisten Rednern auf der Demonstration dürfte klar geworden sein, dass dieses Spiel mit dem Feuer des Populismus für seriöse Politiker oder Veranstalter nicht zu gewinnen ist. Die Schreihälse spielen ihr eigenes Spiel: Entweder man wird einer von ihnen, oder man wird übertönt.» Münch mahnte: «Auf solchen Veranstaltungen ist für Demokraten kein Blumentopf zu gewinnen. Deshalb lassen diese besser die Finger davon.»
dpa
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