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06.05.2009 | 15:28 | EU-Gesetzgebung  

Der Weg eines Gesetzes durch die EU-Institutionen

Brüssel - Wenn Volkes Stimme über «Die da in Brüssel» schimpft, sind unbewusst oft «Zugereiste» aus der Heimat gemeint.

EU-Politik
(c) proplanta
Nämlich die Regierungsvertreter der 27 EU-Mitgliedstaaten. Ist doch die Europäische Union keineswegs die Summe von vermeintlich im Brüsseler Dickicht weltfremd herrschenden «Eurokraten». Und auch kein Buch mit sieben Siegeln. Wie das für den Frieden in Europa nach Jahrhunderten blutiger Kriege gegründete Bündnis funktioniert, erklärt sich zum Beispiel anhand des Weges eines EU-Gesetzes.

In der EU schalten und walten die Mitgliedstaaten. Aber das Europaparlament ist nicht gar so machtlos, wie es manchem scheinen mag. Ein Gesetz kann nicht von der EU-Kommission beschlossen werden. Die EU-Staaten und zunehmend auch die Volksvertreter im Europaparlament müssen ihm zustimmen. Die größten EU-Gesetzespakete haben einen jahrelangen Verhandlungsmarathon von Unterhändlern der Kommission, der nationalen Regierungen und des EU-Parlaments hinter sich, bevor sie im EU-Amtsblatt erscheinen.

Wie genau ein EU-Gesetz zustande kommt, wird in den Gründungs- und Änderungsverträgen festgehalten, die die mittlerweile 27 EU-Staaten miteinander geschlossen haben. Vergleichbar ist dies mit dem Grundgesetz in Deutschland. Die gültige Version ist der «Vertrag von Nizza», der aber durch den «Vertrag von Lissabon» ersetzt werden soll. Mit diesem bekäme das EU-Parlament sogar noch mehr Mitspracherechte.

Zwei Arten europäischer Gesetze gibt es: Verordnungen und Richtlinien. Verordnungen gelten in den Mitgliedstaaten unmittelbar; jüngste Beispiele sind das Verbot stromfressender Netzteile oder Glühbirnen. Richtlinien müssen in den Hauptstädten erst noch in nationales Gesetz umgesetzt werden. Das EU-Klimapaket bestand aus solchen Richtlinien, ebenso die Öffnung der Strommärkte.

Einen Gesetzesvorschlag kann nur die EU-Kommission vorlegen. Sie kann dazu aber von den Regierungen aufgefordert werden. Das Europaparlament dagegen kann die Kommission höchstens anregen, einen Gesetzesvorschlag zu einem bestimmten Thema vorzulegen. Üblicherweise legt die Kommission zunächst ein «Grünbuch» vor, also eine erste Strategie. Darin stellt sie Optionen vor, wie ein Problem - etwa die Überfischung - angegangen werden könnte. Wer mag, darf sich dazu äußern, ob Regierung, Wirtschaftsverband, Wissenschaftler oder Verbraucher- oder Umweltschützer.

Am Ende muss somit nicht unbedingt ein Rechtsakt stehen. Oft rufen die Gesetzgeber auch die Industrie auf, ihr Tun selbst zu regulieren (und drohen andernfalls mit einem Gesetz). Oder die EU-Kommission empfiehlt den Mitgliedstaaten bestimmte Handlungsoptionen, etwa im Kampf gegen «seltene Krankheiten» wie die Mukoviszidose. Denn im Bereich Gesundheit hat die EU-Kommission keine gesetzgeberischen Kompetenzen, ebenso wie bei allem, was mit Steuern, Arbeit oder Sicherheitspolitik zu tun hat. Hier stimmen sich die Mitgliedstaaten eng miteinander ab. Andere Bereiche wie der Handel oder der Binnenmarkt - also die Waren- oder Niederlassungsfreiheit - sind komplett auf EU-Ebene gelagert.

Soll aus dem «Grünbuch» ein Gesetz werden, legt die Kommission ein konkretes «Weißbuch» vor. Dann beginnen die Verhandlungen mit den anderen Institutionen und oft eine Lobbyschlacht der Tausenden in Brüssel ansässigen Interessenvertreter. Üblicherweise erhalten die amtierende EU-Ratspräsidentschaft für die Mitgliedstaaten (derzeit
Tschechien) und ein Europaabgeordneter seitens des Parlaments die nötigen Mandate für die Verhandlungen mit der EU-Kommission. Einige Europaabgeordnete kritisieren dieses «Trilog»-Verfahren als undemokratisch, da es hinter verschlossenen Türen stattfindet und weniger öffentliche Diskussionen im Parlamentsplenum bedeutet.

In den Bereichen Justiz und Inneres sowie Außen- und Sicherheitspolitik, in denen das Parlament nicht gefragt wird, verhandeln die Mitgliedstaaten untereinander. Vertreten werden die nationalen Regierungen immer von ihren Botschaftern. Die Diplomaten bereiten die Beschlüsse vor. Endgültig grünes Licht geben aber immer die zuständigen Minister der Mitgliedsstaaten, die sich regelmäßig in den jeweiligen Räten («Bildungsministerrat», «Agrarministerrat») treffen. (dpa)
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