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07.02.2012 | 06:43 | Landflucht 

Düstere Aussichten - Dörfer kämpfen gegen den Niedergang

Saara/ Ettersburg - Leere Häuser, verrammelte Läden, verwaiste Spielplätze - der demografische Wandel trifft viele Dörfer hart.

Dorf
(c) proplanta
Gerade in Ostdeutschland sind die Perspektiven für etliche Gemeinden düster.

Nicht nur, dass mit der sinkenden Zahl der Einwohner die Pro-Kopf-Kosten etwa für Wasser- und Abwasserversorgung steigen. Auch das Eigenheim als Altersvorsorge verliert angesichts Leerstandes an Wert.

«Wir haben in ganz vielen ländlichen Regionen bereits eine stille Immobilienkrise», sagt Bevölkerungsforscher Wulf Bennert von der Stiftung Schloss Ettersburg bei Weimar. Manche Siedlung müsse eventuell komplett aufgegeben werden.

Ein Beispiel aus Hessen zeigt, dass auch Orte in Westdeutschland den Wandel spüren - besonders kleine Dörfer.

In einer Studie hat die Stiftung gemeinsam mit dem Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung die Zukunftsfähigkeit der Dörfer im ostthüringischen Kreis Greiz und dem hessischen Vogelsbergkreis untersucht. Das Ergebnis: Im Osten folgt die Bevölkerungsentwicklung anderen Regeln.

Gilt in dem hessischen Landkreis, dass kleine Dörfer stärker schrumpfen, gab es im Kreis Greiz keinen klaren Zusammenhang zwischen Ortsgröße und Einwohnerschwund. Zugleich zeigte sich, dass die nahen Oberzentren Gera, Plauen und Zwickau keine Strahlkraft für die Umlandgemeinden haben.

Für die Forscher ist der hessische Vogelsbergkreis ein Beispiel für eine Entwicklung in ganz Deutschland: Die Kinder der Alteingesessenen folgten in den vergangenen 20 Jahren immer häufiger dem Ruf der Zentren wie dem prosperierenden Rhein-Main-Gebiet.

Es waren vor allem die Arbeitsplätze, die die Menschen weglockten. Heute zählt laut der Untersuchung der Vogelsbergkreis pro Jahr noch 750 Geburten. 1997 waren es noch 1.200. Besonders betroffen seien die kleinen Dörfer, die für Familien kaum noch attraktiv schienen.

Anders ist das Bild in Ostdeutschland. Die Forscher sehen hier auch rund 20 Jahre nach der Vereinigung noch die Einflüsse des Umbruchs.

Beispiel Saara: Die Einheitsgemeinde liegt vor den Toren Geras, das selbst knapp 100.000 Einwohner zählt. Doch die lange Zeit zweitgrößte Stadt Thüringens - deren Industrie nach 1990 großteils zusammenbrach und die selbst mit Abwanderung und Arbeitslosigkeit zu kämpfen hat - erweist sich nicht als Lokomotive für das Umland.

So zeigt die Studie für die Ortsteile Kleinsaara und Geißen von 2004 bis 2009 einen Bevölkerungsschwund von 19 und 14 Prozent; Tendenz weiter stark negativ.

Die ehrenamtliche Saaraer Bürgermeisterin Manuela Frankenberg kennt das Problem, sagt aber trotzig: «Wir vergreisen nicht.»

Nach der Wiedervereinigung wurden auch in ihrer Gemeinde neue Wohngebiete gebaut, in die Familien einzogen. Doch inzwischen sind die Kinder wegen Arbeit oder Studium fortgezogen. Das mache sich in der Bevölkerungsbilanz bemerkbar. «Hätten wir diese Wohngebiete nicht, wäre die Entwicklung stabil», sagt sie.

Einen Arzt gibt es in den kleinen Orten eingebettet zwischen sanften Hügeln freilich nicht. Und auch die Lebensmittelläden haben alle zugemacht. Die 49 Jahre alte Bürgermeisterin selbst ist hier noch zur Schule gegangen, aber die ist Geschichte.

Eine Bank oder Sparkasse - Fehlanzeige. Für all das müssen die zunehmend betagten Bewohner nach Gera oder in einen anderen Nachbarort fahren.

Um das Erscheinungsbild der Orte zu verbessern, werde ein Fonds zum Rückbau der Dörfer und Abriss von Schrottimmobilien gebraucht, heißt es in der Studie. Generell sei das Lebensgefühl der Einwohner ein wichtiger Ansatzpunkt im Kampf gegen den demografischen Niedergang. Bennert: «Man sagt, dass Wirtschaft zu 50 Prozent Psychologie ist - bei der Demografie gilt das noch viel stärker.» (dpa)
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