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31.10.2015 | 15:23 | Indigene Bevölkerung 

Dunkle Schatten über den Weltspielen in Brasilien

Palmas - Mit buntem Federschmuck und schwarzer Kampfbemalung im Gesicht ringen um den Sieg im Tauziehen. Sie tragen schwere Baumstämme und messen sich im Bogenschießen.

Baumstammtragen
In Brasilien laufen gerade die ersten Weltspiele der indigenen Völker mit Bogenschießen und Baumstammtragen - es geht farbenfroh zu. Doch über allem schwebt die Angst, aus Profitgründen vertrieben zu werden. (c) proplanta
Sogar aus der Mongolei und von den Philippinen sind Indigene nach Palmas in Zentralbrasilien zu den ersten Weltspielen der Urvölker angereist. Doch über den farbenfrohen Wettkämpfen liegt ein dunkler Schatten.

24 der teilnehmenden Ethnien stammen aus Brasilien, zur Eröffnung kam auch Präsidentin Dilma Rousseff, um dem Spektakel mit Tänzen und Gesängen beizuwohnen. Wie bei Olympia wurde auch ein Feuer entzündet, bis Sonntag dauern die Wettkämpfe noch an. «Ich rufe die Regierungen und Gesellschaften dazu auf, die indigenen Völker zu unterstützen», mahnt der Leiter der kanadischen Delegation, Willy Littlechild.

Doch, auch wenn es abgedroschen klingen mag, im Gastgeberland klaffen Schein und Sein gerade weit auseinander. «SOS: Kein PEC 215»; «Stopp Genozid», ist auf Transparenten am Rande der Weltspiele zu lesen.

Denn im brasilianischen Parlament hat am Dienstag der federführende Ausschuss grünes Licht gegeben für eine Verfassungsänderung: Damit könnten Schutzzonen von indigenen Völkern aufgehoben werden - aus wirtschaftlichen Gründen. Zum Beispiel wenn dort Bodenschätze schlummern, man den Platz für industrielle Landwirtschaft gebrauchen kann oder ein neues Wasserkraftwerk Stromengpässe beseitigen könnte.

Die Verfassungsänderung firmiert unter dem Kürzel «PEC 215». Rousseff hat nun aber - nach Straßenblockaden und wütendem Protest - erklären lassen, sie sähe das Ganze kritisch. Denn der Schutz der traditionell von indigenen Völkern bewohnten Gebiete sei schließlich vom Obersten Gerichtshof ausdrücklich bestätigt worden. «Bedeutende Teile des Amazonas-Regenwaldes sowie Lebensräume der Ureinwohner stünden vor der Vernichtung», warnt der WWF-Südamerikaexperte Roberto Maldonado.

Es passiert jetzt schon schleichend: In den Bundesstaaten Mato Grosso und Mato Grosso do Sul werden tausende Indigenas durch den riesigen Flächenbedarf für den Soja- und Maisanbau zunehmend verdrängt - der steigende globale Fleischkonsum erfordert immer mehr Tierfutter, das hier mit Gentechnik und massivem Pestizideinsatz angebaut wird.

In Bundesstaaten wie Maranhão im Norden des Landes kommt es zu immer heftigeren Auseinandersetzungen, weil illegal in den Schutzzonen edles Tropenholz auch für den europäischen Markt geschlagen wird.

Lastwagen der Holzfäller gehen in Flammen auf, die wiederum legen Feuer, das Siedlungen, wie der Ka'apor-Indianer angreift. Die leben mit 2.000 Mitgliedern auf einem Gebiet sechsmal so groß wie Berlin - sie vermissen jegliche staatliche Unterstützung gegen die Holzdiebe. Dabei geht es hier auch um die große Frage: Profit oder Klimaschutz?

Rousseff will den illegalen Holzeinschlag erst bis 2030 auf null zurückfahren. Wie rau das Klima geworden ist, zeigen ein paar Zahlen: 2014 wurden nach Angaben der Bischofskonferenz 138 Indigene ermordet, im Vorjahr waren es 53. Zudem sei in 84 Fällen in indigenes Land eingedrungen worden, um dort illegal Rohstoffe auszubeuten. Rund 900.000 Angehörige indigener Völker gibt es noch, die Brasiliens Vielfalt verkörpern. Die staatlich garantierten Schutzzonen aber, fast alle im Amazonasgebiet, existieren immer häufiger nur noch auf dem Papier.
dpa
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