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14.10.2009 | 17:07 | Milchpolitik  

EU-Agrarminister fordern EUR 300 Mio. mehr für Milchbauern

Wien - Angesichts der schwierigen Marktlage haben sich gestern insgesamt 20 EU-Mitgliedstaaten, vertreten auch von etlichen Agrarressortchefs, bei dem von Österreichs Landwirtschaftsminister Nikolaus Berlakovich initiierten Milchgipfel in Wien auf eine gemeinsame Linie verständigt.

Milchglas
(c) proplanta
Im Mittelpunkt der erarbeiteten "Forderungen der 20" steht, dass 2010 EUR 300 Mio. zusätzliche Mittel für direkte finanzielle Unterstützungsmaßnahmen der Bauern zur Verfügung gestellt werden sollen, was nationale Budgetumschichtungen nötig machen dürfte.Neben weiteren kurzfristigen Maßnahmen - beispielsweise zur Nachfrageerhöhung - verlangen die EU-Mitgliedstaaten auch, dass die 2015 auslaufenden Milchquoten durch ein anderes Regulierungssystem ersetzt werden. Sowohl Berlakovich als auch Frankreichs Agrarminister Bruno Le Maire bezeichneten den Gipfel bei einem Pressegespräch in der Bundeshauptstadt als "wichtiges politisches Signal in Richtung der EU-Kommission", von der sich die Länder am 19.10. beim Agrarrat zusätzliche Maßnahmen zur Stabilisierung des Marktes erhoffen.


95 % der EU-Milchviehbetriebe repräsentiert 

Die am Milchgipfel beteiligten Länder - Belgien, Bulgarien, Deutschland, Estland, Finnland, Frankreich, Irland, Italien, Lettland, Litauen, Luxemburg, Österreich, Polen, Portugal, Tschechien, Rumänien, Slowakei, Slowenien, Spanien und Ungarn - repräsentieren immerhin 95 % der Milchviehbetriebe Europas und 75 % der produzierten Milchmenge. Die "Forderungen der 20" sollen nun an die Ratspräsidentschaft sowie an die EU-Kommission und die von ihr eingesetzte, hochrangige Expertengruppe (High Level Group), die heute erstmals tagt, übermittelt werden. 


Maßnahmen zur Herstellung eines Marktgleichgewichtes 

Konkret fordern die 20 EU-Mitgliedstaaten einige kurzfristige Maßnahmen zur Wiederherstellung eines Marktgleichgewichtes sowie auch langfristige Weichenstellungen. Im Rahmen der sofort wirksamen Schritte sprechen sich die Länder etwa für eine Ermächtigung zur Interventions- und privaten Lagerhaltung über das gesamte Jahr, erweitert insbesondere um Käse, aus. Weiters verlangt wird die Gestaltung einer antizyklischen Auslagerungspolitik, um die Markterholung nicht zu gefährden. Beim Schulmilchprogramm sollen ferner die Beihilfen erhöht und die Produktpalette ausgeweitet werden. Zusätzlich ist vorgesehen, auch Studenten als Begünstigte in das Programm aufzunehmen und somit den Verbrauch zu erhöhen. 

Der Milchabsatz soll zudem durch eine Intensivierung der Verbraucherinformation - in Form einer verbesserten Kennzeichnung der Herkunft und von Substituten wie Analogkäse - forciert werden. Die 20 Länder fordern, Exporte in Drittländer zu unterstützen, ohne dort die Produktion zu gefährden. Weiters soll die Beihilfe für die Verwendung von Magermilch und entsprechendem Milchpulver für die Herstellung von Mischfuttermitteln wieder eingeführt werden. 


Adaptierung der Gemeinsamen Marktorganisation 

Ferner verlangen die Mitgliedstaaten eine Ausdehnung der Kompetenz für die EU-Kommission, damit diese Notfallmaßnahmen im Milchprodukte-Sektor ergreifen kann. Instrumente für die bessere Organisation der Erzeuger zur Unterstützung einer ausgewogenen Partnerschaft zwischen Produzenten, Verarbeitern und dem Handel sollen rasch bereitgestellt werden. Die Kommission wird aufgefordert, generell einen adaptierten Rechtsrahmen vorzulegen, der den Ausbau bestehender und die Ergreifung neuer Maßnahmen möglich macht. 


EUR 300 Mio. mehr für europäischen Milchsektor 

Die EU soll auch - entsprechend einem Vorschlag des Europäischen Parlaments - in ihrem Budget für das kommende Jahr EUR 300 Mio. an zusätzlichen Mitteln für Maßnahmen zur Unterstützung der Milcherzeuger vorsehen. Dazu ist laut Berlakovich eine Abänderung des EU-Budgets in Form eines Nachtragshaushaltes notwendig. Dieses zusätzliche Geld soll von den Mitgliedstaaten bereitgestellt werden, was allein für Frankreich einen Mehrbedarf von EUR 60 Mio. ergeben dürfte, wie Le Maire darlegte, dessen Regierung sich seiner Aussage nach angesichts der dramatischen Marktlage bereits dafür ausgesprochen hat. Für Österreich würde das einen finanziellen Mehrbedarf von EUR 4 bis 6 Mio. ergeben, doch das müsse noch genau ermittelt werden, so Berlakovich. Auch sei noch nicht entschieden worden, in welcher Form die EUR 300 Mio. eingesetzt werden sollen. Man müsse "Schritt für Schritt vorgehen", so Le Maire. 

Die Kommission habe bisher zwar schon Maßnahmen ergriffen, die auch einen gewissen Erfolg in Form leicht gestiegener Erzeugerpreise gezeigt hätten, aber die 20 Staaten wollten mehr, da die Situation nach wie vor dramatisch sei, sagte der Minister. Die "Forderungen der 20" seien ein klares politisches Signal und "die Kommission sollte die Vorschläge offen aufnehmen", so Berlakovich, der laut eigenen Angaben "nichts unversucht lässt, um unsere Milchbäuerinnen und Milchbauern zu unterstützen und die Lage der heimischen Milchwirtschaft zu entschärfen". Im Hinblick auf die langfristige Forderung nach einer "Festlegung eines regulierenden Rahmens zur Stabilisierung des europäischen Milchmarktes und der Erzeugereinkommen" meinte Le Maire: "Es hat sich ganz klar gezeigt, dass es die unmissverständliche, konkrete Überzeugung gibt, zu einer neuen Marktregulierung zu finden, die die Quotenregelung ersetzt."


Quelle: Lebensministerium Österreich
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