"Ich werde bis Montag noch jede Gelegenheit suchen und nutzen, um Amtskollegen dazu zu bringen, für uns zu stimmen", betonte Berlakovich.
Mit Frankreich habe man bereits einen starken Verbündeten in dieser Frage, Deutschland sei noch unentschlossen. Hier sei man aber bereits im Dialog, so der Umweltminister. "Im persönlichen Gespräch konnte ich schon den Umweltminister und die Landwirtschaftsministerin von der österreichischen Position überzeugen." Allerdings bedürfe es dort eines interministeriellen Beschlusses, daher habe er auch Bundeskanzler Werner Faymann ersucht, mit seiner deutschen Amtskollegin zu sprechen.
Auch wenn die Abstimmung anders ausgehen sollte, als gewünscht, zeigte sich Berlakovich optimistisch: Man werde weiter alle Möglichkeiten ausschöpfen, um die Gentechnik-Freiheit beizubehalten. "Die Sorge, dass im Falle einer Aufhebung der Anbauverbote schon demnächst
GV-Mais auf Österreichs Felder wächst, ist unbegründet", so der Minister laut APA.
Qualifizierte Mehrheit für Beibehaltung erforderlich
Die
EU-Kommission möchte - wie berichtet - die österreichischen Anbauverbote für die beiden gentechnisch veränderten
Maissorten MON810 und T25 kippen. Die Alpenrepublik beruft sich bei beiden Linien auf eine Schutzklausel in der EU-Freisetzungsrichtlinie. Diese ermöglicht es, den Mitgliedstaaten gegen einzelne GVO-Pflanzen wissenschaftliche Bedenken vorzubringen, auf deren Basis ein
Anbauverbot verfügt werden kann.
Im Fall von MON810 und T25 hat Österreich bereits 1998 eine solche Ausnahme erwirkt. Nachdem die EU-Lebensmittel-Sicherheitsbehörde (
EFSA) allerdings in der jüngsten Stellungnahme im Dezember des Vorjahres die österreichischen Argumente nicht mehr als ausreichend für ein Verbot befunden hat, liegt der Ball nun gemäß den EU-Entscheidungsmechanismen bei den Umweltministern.
Kann Österreich eine qualifizierte Mehrheit der Mitgliedstaaten für eine Beibehaltung der Verbote auf seine Seite ziehen, ist das Ansinnen der Kommission gescheitert und der Status quo bleibt aufrecht. Stimmen nicht genug andere Länder mit, darf die EU-Kommission entscheiden, die bisher für eine Aufhebung aufgetreten ist.
Nach Einfuhr- und Verkaufsverboten nun Anbauverbote im Visier
Bereits im Mai vergangenen Jahres hatte die EU-Kommission die bis dahin bestehenden österreichischen Einfuhr- und Verkaufsverbote für die beiden GVO-Sorten aufgehoben, nachdem im EU-Ministerrat nicht die notwendige Mehrheit für eine Entscheidung zustande gekommen war. Sollte auch diesmal nicht die erforderliche qualifizierte Mehrheit von EU-Staaten erreicht werden, könnte die EU-Kommission auch die Anbauverbote letztlich im Alleingang aufheben.
Grundsätzlich ist es nicht möglich, ein generelles Verbot für den Anbau von in der EU zugelassenen GVO-Sorten zu verhängen. Ein entsprechender Vorstoß von Oberösterreich wurde beispielsweise in zweiter Instanz vom Europäischen Gerichtshof (EuGH) gekippt. 2002 hatte das Bundesland ein Anbauverbot für gentechnisch veränderte Organismen verhängt, das dann 2007 vom EuGH nach einem Einspruch aufgehoben worden ist.
Umweltschützer und Parteien protestieren
Bei Umweltschützern und allen Parteien sorgt die Abstimmung bereits im Vorfeld für Aufregung. "Wir brauchen diese Frankenstein-Monster im Pflanzenbau nicht", sagte beispielsweise Oberösterreichs Agrarlandesrat Josef Stockinger. "Als Politiker haben wir uns in Oberösterreich vor diesem heiklen Thema nie versteckt und uns auch immer getraut, international aktiv und unterwegs zu sein. Denn: Ist der Naturhaushalt einmal verunreinigt, ist dieser Vorgang unumkehrbar. Die Grüne
Gentechnik in der Landwirtschaft hat immer noch mehr Risken als Chancen. Solange hier die Wissenschaft keine eindeutigen und zufriedenstellenden Antworten auf die Sorgen der Menschen gibt, wollen wir keine GV-Pflanzen im Land", stellte Stockinger klar.
Oberösterreich kämpfe nach dem EuGH-Urteil weiter für die Selbstbestimmung der Regionen und versuche derzeit mit einem Gentechnik-Vorsorgegesetz inklusive strikter Haftungsregelung und einem öffentlichen Register diese GVO-Freiheit auf den landwirtschaftlichen Nutzflächen de facto abzusichern.
Die Gentechnik-Freiheit ist laut dem Landesrat bei Lebensmitteln inzwischen auch ein Wettbewerbsvorteil am Markt. "Unser engagierter Einsatz gegen die verpflichtende Zulassung von GV-Mais lohnt sich inzwischen auch wirtschaftlich. Für die Abstimmung im EU-Umweltministerrat am 02.03. bin ich optimistisch, dass es auch das dritte Mal für Österreich gut geht. Mittlerweile ist ja auch der Agrar-Riese Frankreich ein Verbündeter in der Allianz gentechnikfreier Regionen. Die EU-Kommission darf hier nicht über die Demokratie der Länder und die Mehrheitsmeinung der Bevölkerung so einfach drüber gehen", verlangte Stockinger. (aiz)