Investitionen für 315 Milliarden Euro will die Europäische Union in den nächsten drei Jahren auslösen, um Konjunktur und Arbeitsmarkt zu beflügeln.
Am Dienstag präsentierte Brüssel eine erste lange Liste von möglichen Projekten - versehen aber noch mit vielen Fragezeichen.
Warum braucht die EU überhaupt ein neues Programm?Die hartnäckige Wirtschaftsflaute macht den 28 EU-Staaten Kopfzerbrechen. Im dritten Quartal verzeichnete die Statistik EU-weit wieder nur ein Miniwachstum von 0,3 Prozent, und 24,4 Millionen Europäer sind arbeitslos.
Im Schnitt wurde 2013 nach Angaben der
EU-Kommission in den Mitgliedsländern real 15 Prozent weniger investiert als vor dem Höhepunkt der Wirtschafts- und Finanzkrise. Teils brach das Volumen sogar um bis zu 60 Prozent ein.
Was ist der Plan?Die EU will Investoren anlocken und mit finanziellen Hilfen Anreize bieten, neue Projekte tatsächlich anzugehen. Ein neuer Fonds bei der Europäischen Investitionsbank - im EU-Jargon bereits «Juncker-Fonds» getauft - soll mit rund 21 Milliarden Euro Kredite von bis zu 60 Milliarden Euro absichern.
Im Blick hat die EU dabei Projekte, bei denen dem Investor oder den Banken das Risiko zu hoch ist und wo die öffentlichen Garantien den Ausschlag geben könnten. In Frage kommen Vorhaben aus den Feldern Innovation, Energie, Transport, soziale Infrastruktur oder Umweltschutz, die für die EU als Ganzes einen Nutzen bringen.
Was schlagen die Mitgliedstaaten vor?Auf Aufforderung der EU-Finanzminister haben die EU-Kommission und die 28 Mitgliedstaaten seit September rund 2.000 mögliche Projekte zusammengetragen, die rechnerisch 1,3 Billionen Euro Investitionen auslösen könnten. Nur ein Teil ist aber im vorgegebenen Zeitraum bis 2017 zu verwirklichen - die EU nennt Vorschläge für 500 Milliarden Euro.
Was will Deutschland?Die Bundesregierung meldete Brüssel 58 Vorhaben für rechnerisch 89 Milliarden Euro. Darunter sind aber diverse bekannte Projekte. Zum Beispiel findet sich hier die Einführung sogenannter intelligenter Stromzähler, in die bis 2017 mehr als drei Milliarden Euro fließen soll. Geplante Windparks auf See tauchen gleich im Dutzend auf der EU-Liste auf.
Der Bau von Bahnstrecken in Berlin inklusive der Anbindung des noch nicht funktionstüchtigen Flughafens BER für 6,5 Milliarden Euro wird ebenso genannt wie Autobahnprojekte in allen Himmelsrichtungen und ein Programm zum Ausbau von Wasserstraßen für 3,4 Milliarden Euro.
Was wird davon umgesetzt?Die EU lobt das Potpurri der Vorschläge aus den Mitgliedstaaten und aus dem Fundus der Kommission offiziell als «Überblick über wichtige Investmenttrends und -notwendigkeiten». Klar ist, dass nur ein Teil davon für Förderung aus dem «Juncker-Fonds» in Frage kommt. Von vorneherein ausgeschlossen: rein öffentlich geplante und finanzierte Projekte - ein privater Investor soll auf jeden Fall mit im Spiel sein.
EU-Beamte nannten als Beispiel den geplanten Hochwasserschutz in Südengland, der keine Chance auf Unterstützung habe. Dasselbe dürfte für den Ausbau des Berliner Autobahnrings oder der A7 am Dreieck Hamburg-Nordwest gelten. Konkret ausgewählt werden sollen förderwürdige Projekte von einem noch zu berufenden Expertengremium und zwar nach strikten Maßstäben: Ist es wirklich zusätzlich? Ist es rasch realisierbar? Bringt es Wachstum? Die Verteilung auf die Mitgliedstaaten soll keine Rolle spielen.
Wird das denn helfen?Die EU zeigt sich zuversichtlich, dass nach Abzug aller nicht förderwürdigen Projekte noch genügend übrig bleiben, um auf das Investitionsziel von 315 Milliarden Euro zu kommen. Davon erhofft sie sich die Schaffung von 1,3 Millionen zusätzlichen Jobs. Kritiker des Juncker-Plans halten das Konzept jedoch für verfehlt. «Nun soll unser öffentliches Eigentum an Renditehaie verscherbelt werden und die Steuerzahler dafür bluten», erklärte Die Linke.
Nötig seien dagegen echte öffentliche Investitionen von mindestens 250 Milliarden Euro jährlich, finanziert durch eine Vermögensabgabe für Millionäre. (dpa)