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18.01.2024 | 09:41 | Lieferkettengesetz 

FDP-Kritik an Lieferkettengesetz beschädigt Berlins Ansehen

Brüssel - Die FDP bringt nach Ansicht der Grünen-Europaabgeordneten Anna Cavazzini mit ihrer Kritik am EU-Lieferkettengesetz Deutschlands Glaubwürdigkeit in Gefahr.

Lieferkettengesetz
Wie stark müssen Unternehmen dafür in die Pflicht genommen werden, wenn sie von Ausbeutung und Zwangsarbeit in ihren Lieferketten profitieren? Eigentlich gibt es seit gut einem Monat einen Kompromiss auf EU-Ebene dazu - der wird in Berlin aber wieder infrage gestellt. (c) Sven Hoppe - fotolia
Sollten sich die Liberalen innerhalb der Bundesregierung mit ihrer am Anfang der Woche beschlossenen ablehnenden Haltung durchsetzen, sei das ein Desaster für das Ansehen Deutschlands als zuverlässiger Verhandlungspartner innerhalb der EU. Durch das Lieferkettengesetz sollen große Unternehmen zur Rechenschaft gezogen werden, wenn sie etwa von Kinder- oder Zwangsarbeit außerhalb der EU profitieren. Größere Unternehmen müssen zudem einen Plan erstellen, der sicherstellt, dass ihr Geschäftsmodell und ihre Strategie mit dem Pariser Abkommen zum Klimawandel vereinbar sind, wie die EU-Staaten mitteilten.

Unterhändlerinnen und Unterhändler des Europaparlaments und der EU-Staaten hatten sich Mitte Dezember auf einen Kompromiss zu dem Vorhaben geeinigt. Noch gibt es aber lediglich einen politischen Deal. Ein genauer Rechtstext wird derzeit von Beamten ausgearbeitet - dieser könnte in den kommenden Wochen fertiggestellt werden. Erst dann ist abschließend geklärt, ob sich in dem Gesetz für die Bundesregierung untragbare Positionen finden. Fast alle EU-Gesetze werden aber nach der Einigung der Unterhändler des Parlaments und der EU-Staaten nicht mehr neu verhandelt.

Die Bundesregierung dürfte - wie die anderen EU-Staaten auch - vorab klargemacht haben, unter welchen Bedingungen sie dem Lieferkettengesetz zustimmen kann. Es wäre also ein ungewöhnlicher Vorgang, sollte sich doch keine Mehrheit für den ausgehandelten Kompromiss finden.

Ausgeschlossen ist das aber nicht, bereits beim Streit um ein Aus für Neuwagen mit Verbrennungsmotor hatte Deutschland - vor allem auf Drängen der FDP - Nachforderungen gestellt. Cavazzini sieht in den Forderungen der Liberalen zum Lieferkettengesetz daher eine Parallele zum Verbrenner-Streit. Das Präsidium der FDP hatte am Montag in Berlin beschlossen, einen Stopp des Vorhabens zu fordern. «Den aktuellen Entwurf der EU-Lieferkettenrichtlinien lehnen wir ab», heißt es in dem Papier. Es drohe sonst unverhältnismäßige Bürokratie, Rechtsunsicherheit und eine Wettbewerbsverzerrung.

In Kreisen der Unterhändlerinnen und Unterhändler des EU-Lieferkettengesetzes gab es wenig Verwunderung über den Vorstoß der deutschen Liberalen. «Die FDP war von Anfang an gegen diese Richtlinie, ebenso wie eine Minderheit in der deutschen Wirtschaft», sagte eine Quelle mit direktem Wissen über die Verhandlungen der Deutschen Presse-Agentur. Den Unterhändlern der EU-Staaten seien die Bedenken einiger Mitglieder der deutschen Regierung sehr bewusst gewesen und sie hätten sich bemüht, diese vollständig zu berücksichtigen.

Nach Angaben der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK) sind nicht wenige Unternehmen unzufrieden mit dem Vorhaben. Aus Unternehmenssicht seien die Regelungen des EU-Lieferkettengesetzes weder praxistauglich noch verhältnismäßig, sagte der stellvertretende DIHK-Hauptgeschäftsführer Achim Dercks. Eine Umfrage unter rund 2.400 international aktiven Unternehmen mit Sitz in Deutschland ergab laut DIHK Anfang des vergangenen Jahres, dass knapp 60 Prozent der befragten Unternehmen mit weniger als 250 Mitarbeitenden Herausforderungen wie mehr bürokratischen Aufwand bei der Umsetzung des deutschen Gesetzes sahen.
dpa
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