Berlin - Ab 01.01.2011 gelten neue Anwendungsregelungen für die Umsatzsteuerpauschalierung.
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In
Deutschland wenden seit mehr als 40 Jahren über 90 Prozent der land- und
forstwirtschaftlichen Betriebe die Umsatzsteuerpauschalierung an. Während in
den Anfangsjahren Erleichterungen hinsichtlich der Aufzeichnungspflichten im Vordergrund
standen, hat sich die Umsatzsteuerpauschalierung zu einem anerkannten
Vereinfachungsmodell gewandelt, welches den Bestrebungen zum Bürokratieabbau
voll und ganz entspricht. Deshalb sollte es aus Sicht des Deutschen
Bauernverbandes (DBV) selbstverständlich sein, diese Regelung
benutzerfreundlich auszugestalten. Dennoch sind in dem zum 01. Januar 2011 für
die Umsatzsteuerpauschalierung in Kraft tretenden Umsatzsteuer-Anwendungserlass
zahlreiche einengende Auslegungen vorgesehen, die weder durch die Gesetzgebung
noch durch die Rechtsprechung geboten sind. Der Umsatzsteuer-Anwendungserlass
hat zwar keinen Gesetzescharakter, ist aber für die Finanzverwaltung bindend
und hat deshalb hohe praktische Relevanz.
Die Finanzverwaltung sieht ab 01. Januar 2011 viele neue Ausnahmen von der
Pauschalierung vor, was dem Ansatz einer Verwaltungsvereinfachung zuwider
läuft. So soll die Pauschalierung u.a. nicht mehr anwendbar sein, wenn
landwirtschaftliche Maschinen zu mehr als 5 Prozent für Tätigkeiten außerhalb der
reinen Urproduktion genutzt werden, was bedeutet, dass zum Beispiel ein Einsatz
für die Pensionspferdehaltung oder die Energieerzeugung aus nachwachsenden
Rohstoffen nicht mehr darunter fällt. Außerdem sollen nicht nur
landwirtschaftliche Dienstleistungen gegenüber Nichtlandwirten, sondern auch
Dienstleistungen zwischen Landwirten ab einer bestimmten Höhe nicht mehr unter
die Pauschalierung fallen. Auch wer Apfelsaft aus eigenen und zu mehr als 25
Prozent zugekauften Äpfeln herstellt, soll die Vereinfachungsregelung nicht
mehr anwenden dürfen. Angeblich soll sogar landwirtschaftlich erzeugtes Biogas
nicht mehr als landwirtschaftliches Produkt gelten.
Durch solche unnötig engen Auslegungen geht für viele Betriebe der
Vereinfachungseffekt verloren und sie müssen stattdessen zusätzliche
Umsatzsteuererklärungen abgeben, betonte der DBV. Sogar das „Entgegenkommen“
der Finanzverwaltung durch Wiedereinführen einer Bagatellgrenze für
landwirtschaftliche Dienstleistungen fällt mit 4.000 Euro pro Kalenderjahr angesichts
der bis vor wenigen Jahren geltenden Grenze von 10.300 Euro äußerst bescheiden
aus und führt zum Beispiel bei einem unvorhergesehenen Wintereinbruch mit
verstärktem Winterdienst durch landwirtschaftliche Betriebe bei Überschreiten
der Grenze schnell zu umsatzsteuerlichen Zusatzbelastungen.
Der DBV hat mit mehreren Stellungnahmen die Unerforderlichkeit,
Unangemessenheit und teilweise Fehlerhaftigkeit der eingeschränkten Anwendung
geltenden Rechts durch die Finanzverwaltung deutlich kritisiert. Dennoch ist
die Finanzverwaltung offensichtlich nicht gewillt, sinnvolle
Vereinfachungsregelung benutzerfreundlich auszugestalten. Der DBV hält es mit
dem Prinzip der Gewaltenteilung schwerlich für vereinbar, wenn die
Finanzverwaltung den in der Umsatzsteuerpauschalierung zum Ausdruck kommenden
Vereinfachungswillen des Gesetzgebers durch unangemessene Anwendungsregelungen
aushebelt. (DBV)