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28.12.2010 | 11:45 | Umsatzsteuerpauschalierung 

Finanzverwaltung verkompliziert die Umsatzsteuer

Berlin - Ab 01.01.2011 gelten neue Anwendungsregelungen für die Umsatzsteuerpauschalierung.

Euro-Scheine
(c) proplanta
In Deutschland wenden seit mehr als 40 Jahren über 90 Prozent der land- und forstwirtschaftlichen Betriebe die Umsatzsteuerpauschalierung an. Während in den Anfangsjahren Erleichterungen hinsichtlich der Aufzeichnungspflichten im Vordergrund standen, hat sich die Umsatzsteuerpauschalierung zu einem anerkannten Vereinfachungsmodell gewandelt, welches den Bestrebungen zum Bürokratieabbau voll und ganz entspricht. Deshalb sollte es aus Sicht des Deutschen Bauernverbandes (DBV) selbstverständlich sein, diese Regelung benutzerfreundlich auszugestalten. Dennoch sind in dem zum 01. Januar 2011 für die Umsatzsteuerpauschalierung in Kraft tretenden Umsatzsteuer-Anwendungserlass zahlreiche einengende Auslegungen vorgesehen, die weder durch die Gesetzgebung noch durch die Rechtsprechung geboten sind. Der Umsatzsteuer-Anwendungserlass hat zwar keinen Gesetzescharakter, ist aber für die Finanzverwaltung bindend und hat deshalb hohe praktische Relevanz.

Die Finanzverwaltung sieht ab 01. Januar 2011 viele neue Ausnahmen von der Pauschalierung vor, was dem Ansatz einer Verwaltungsvereinfachung zuwider läuft. So soll die Pauschalierung u.a. nicht mehr anwendbar sein, wenn landwirtschaftliche Maschinen zu mehr als 5 Prozent für Tätigkeiten außerhalb der reinen Urproduktion genutzt werden, was bedeutet, dass zum Beispiel ein Einsatz für die Pensionspferdehaltung oder die Energieerzeugung aus nachwachsenden Rohstoffen nicht mehr darunter fällt. Außerdem sollen nicht nur landwirtschaftliche Dienstleistungen gegenüber Nichtlandwirten, sondern auch Dienstleistungen zwischen Landwirten ab einer bestimmten Höhe nicht mehr unter die Pauschalierung fallen. Auch wer Apfelsaft aus eigenen und zu mehr als 25 Prozent zugekauften Äpfeln herstellt, soll die Vereinfachungsregelung nicht mehr anwenden dürfen. Angeblich soll sogar landwirtschaftlich erzeugtes Biogas nicht mehr als landwirtschaftliches Produkt gelten.

Durch solche unnötig engen Auslegungen geht für viele Betriebe der Vereinfachungseffekt verloren und sie müssen stattdessen zusätzliche Umsatzsteuererklärungen abgeben, betonte der DBV. Sogar das „Entgegenkommen“ der Finanzverwaltung durch Wiedereinführen einer Bagatellgrenze für landwirtschaftliche Dienstleistungen fällt mit 4.000 Euro pro Kalenderjahr angesichts der bis vor wenigen Jahren geltenden Grenze von 10.300 Euro äußerst bescheiden aus und führt zum Beispiel bei einem unvorhergesehenen Wintereinbruch mit verstärktem Winterdienst durch landwirtschaftliche Betriebe bei Überschreiten der Grenze schnell zu umsatzsteuerlichen Zusatzbelastungen.

Der DBV hat mit mehreren Stellungnahmen die Unerforderlichkeit, Unangemessenheit und teilweise Fehlerhaftigkeit der eingeschränkten Anwendung geltenden Rechts durch die Finanzverwaltung deutlich kritisiert. Dennoch ist die Finanzverwaltung offensichtlich nicht gewillt, sinnvolle Vereinfachungsregelung benutzerfreundlich auszugestalten. Der DBV hält es mit dem Prinzip der Gewaltenteilung schwerlich für vereinbar, wenn die Finanzverwaltung den in der Umsatzsteuerpauschalierung zum Ausdruck kommenden Vereinfachungswillen des Gesetzgebers durch unangemessene Anwendungsregelungen aushebelt. (DBV)
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