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13.01.2018 | 07:59 | Unmenschlich, schockierend, bedrückend 
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GroKo-Sondierung erntet harsche Kritik

Berlin - Die Ergebnisse der Sondierungen von SPD und Union über eine Regierungsbildung stoßen auf viel Kritik, finden teilweise aber auch Lob.

Regierungsbildung
Gut 24 Stunden haben die Sondierungsteams von Union und SPD nonstop getagt, am Ende steht ein 28 Seiten starkes Papier mit Ergebnissen. Wie werden die Pläne kommentiert? (c) proplanta
Grüne und Menschenrechtsorganisationen rügten am Freitag vor allem einen schärferen Kurs in der Flüchtlingspolitik, Umweltverbände einen mangelnden Ehrgeiz beim Klima- und Naturschutz. Die Linke kritisierte, die soziale Spaltung im Land werde nicht gekittet. Ausgewählte Reaktionen:

- Der Naturschutzverband WWF erklärte, die verabredeten Schritte leisteten keinen Beitrag zum Kampf gegen die Klimakrise oder das Artensterben in Deutschland. Auch fehlten konkrete Maßnahmen zum Erreichen der deutschen Klimaschutzziele.

Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) resümierte, unter einer erneuten großen Koalition drohten nun weitere vier Jahre Stillstand beim Natur- und Umweltschutz. Geradezu «schockierend» sei, dass das von beiden Vorgängerregierungen gesetzte Klimaziel einer 40-prozentigen Treibhausgasreduktion bis 2020 faktisch aufgegeben werde.

- Pro Asyl rügte die Beschlüsse, den Zuzug von Flüchtlingen auf 180.000 bis 220.000 pro Jahr und den Familiennachzug auf 1.000 Menschen im Monat zu begrenzen. Dies sei «menschlich bedrückend und menschenrechtsschädigend» sowie «ein Sieg der Hardliner über Humanität und Menschenrechte», erklärte der Verband. Die Linken-Politikerin Ulla Jelpke sagte: «Die Menschenrechte von Zehntausenden Betroffenen werden damit fortwährend missachtet.»

Die Grünen-Politikerin Claudia Roth kam zu dem Schluss: «Diese Beschlüsse sind unmenschlich und treten das Grundrecht auf Familie mit Füßen.» Die AfD nannte die Obergrenze von 220.000 dagegen eine «Farce». Ohne eine Sicherung der Grenzen sei eine entsprechende Steuerung gar nicht möglich, erklärte die Chefin der Bundestagsfraktion, Alice Weidel.

- EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker lobte die Pläne für die Europapolitik. «Das ist ein sehr erheblicher, positiver, konstruktiver, zukunftsorientierter, zielführender Beitrag zur europapolitischen Debatte.» Frankreichs Regierungssprecher Benjamin Griveaux sagte: «Diese Einigung ist gut für Deutschland, gut für Frankreich und vor allem gut für Europa.»

In dem Papier steht, dass Union und SPD den Zusammenhalt Europas «auf allen Ebenen vertiefen und das Prinzip der wechselseitigen Solidarität stärken» will. Die EU solle bürgernäher und transparenter werden und dadurch neues Vertrauen gewinnen. Auch solle mehr Geld aus Deutschland nach Brüssel fließen.

- Die Entwicklungsorganisation ONE findet, dass zu wenig Geld für die Zusammenarbeit mit den armen Ländern des Südens bereitstehen soll. Zwar hätten sich Union und SPD erneut zu dem Ziel bekannt, 0,7 Prozent der Wirtschaftsleistung dafür aufzuwenden. Doch werde die geplante Erhöhung für Verteidigung und Entwicklung um zwei Milliarden Euro innerhalb der kommenden vier Jahre dafür bei Weitem nicht reichen.

- Die Linke warf Union und SPD vor, die «krasse soziale Ungerechtigkeit» zu stabilisieren. «Es soll also alles so weitergehen: Niedriglöhne, unsichere Jobs, Altersarmut. Und auf der Gegenseite: sprudelnde Dividenden und wachsende Millionärsvermögen.» Noch nicht einmal eine Anhebung des Spitzensteuersatzes habe die SPD durchsetzen können, ebenso wenig eine Vermögenssteuer für Superreiche.

- Die deutsche Wirtschaft kritisierte die finanzpolitischen Pläne von Union und SPD. «Wir vermissen Ansätze für eine wettbewerbsfähige Steuerreform», sagte der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK), Eric Schweitzer. «Der Verzicht auf eine Erhöhung der Steuern für Unternehmen, die im weltweiten Wettbewerb stehen, ist zu wenig.» Unter dem Strich drohten eher Mehrbelastungen, etwa bei Lohnzusatzkosten. Gute Ansätze fänden sich bei mehr Investitionen in Bildung und Breitbandausbau und dem klaren Bekenntnis zu Europa.

- Der Deutsche Städte- und Gemeindebund begrüßte dagegen das Ergebnispapier der Sondierungsgespräche. «Besonders die Fortschreibung der Finanzmittel für die Kommunen in den Bereichen Integration, Bauen und Verkehrspolitik ist ein ganz wichtiges Signal.» Ähnlich äußerte sich der Deutsche Städtetag.

«Mehrere Vorhaben sind kommunalfreundlich. Dazu zählen zum Beispiel stärkere Investitionen in die kommunale Infrastruktur und Maßnahmen, um gleichwertige Lebensverhältnisse in Städten und Regionen zu schaffen», erklärte Präsident Ulrich Maly.

- Der Sozialverband VdK steht der geplanten Grundrente, mit der die Renten langjähriger Geringverdiener aufgebessert werden sollen, kritisch gegenüber. «Die Zugangsvoraussetzungen sind aus unserer Sicht fern der Lebenswirklichkeit. 35 Jahre Versicherungszeit sind von vielen Menschen, vor allem Frauen, nicht erreichbar. Auch dürfen Langzeitarbeitslose und Erwerbsminderungsrentner nicht ausgeschlossen sein.»

- Der Vorsitzende des Hartmannbundes, Klaus Reinhardt, lobte, dass in den Sondierungsgesprächen das Projekt Bürgerversicherung «beerdigt» worden sei. Der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenversicherung erklärte: «Mit den Stichwörtern Notfallversorgung, bessere Pflege und Sicherstellung der flächendeckenden Gesundheitsversorgung sind wesentliche Punkte angesprochen.» Aber damit in den Kliniken wirklich mehr Geld am Krankenbett ankomme, brauche es ein Gesamtkonzept und nicht einfach nur mehr Geld nach dem Gießkannenprinzip.
dpa
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Kommentare 
cource schrieb am 14.01.2018 10:36 Uhrzustimmen(24) widersprechen(14)
die SPD hat sich nur prostituiert, weil sie angst hat, dass die wählerschaft des rechten flügels der SPD auch noch zur CSU/CDU/AfD überläuft
cource schrieb am 13.01.2018 11:50 Uhrzustimmen(58) widersprechen(32)
die exorbitante übervorteilung der systemgünstlinge wird zwangsläufig zu einem bürgerkrieg führen
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