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19.01.2020 | 10:00 | Agrarwende 

Grüne Woche: Klöckner verkündet jede Menge Botschaften

Berlin - Mehr Sachlichkeit in der gegenwärtigen agrarpolitischen Auseinandersetzung hat Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner angemahnt.

Grüne Woche 2020 Klöckner Eröffnungsfeier
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(c) IGW 2020
Aus der bisherigen Konfrontation müsse ein stärkerer Dialog werden, sagte Klöckner bei der Eröffnungsfeier zur Internationalen Grünen Woche am Donnerstag (16.1.) in Berlin. Die Ministerin rief alle Beteiligten dazu auf, aufeinander zuzugehen. Es gehe darum, Zielkonflikte anzuerkennen und zu deren Lösung beizutragen. Dabei seien nicht zuletzt Meinungsmacher und Nichtregierungsorganisationen in der Pflicht, auf verkürzte Darstellungen und pauschale Vorwürfe an die Adresse der Landwirtschaft zu verzichten. Allein die Verwendung unsachgemäßer Begrifflichkeiten wie „Ackergifte“ oder „Agrarfabriken“ verhindere in vielen Fälle eine fachliche Auseinandersetzung.

Den Handel sieht Klöckner gefordert, fair mit den Landwirten umzugehen. Dazu zählten pünktliche Zahlungen ebenso wie die Einhaltung von Lieferbedingungen und der Verzicht darauf, kurzfristig Waren abzubestellen. Zugleich bekräftigte die Ministerin die Notwendigkeit, die Landwirte in der Lieferkette zu stärken.

Der Präsident des Deutschen Bauernverbandes (DBV), Joachim Rukwied , betonte die Bereitschaft der Landwirte, den anstehenden Veränderungsprozess mitzugestalten, und zwar „ohne ideologische Zuspitzungen und ohne Polarisierungen“. Das bedeute „eine klare Absage an Radikalisierung und rhetorischen Krawall“. Rukwied: „Man kann Klartext reden, ohne sich persönlich zu beleidigen.“ Gerade in den sozialen Medien gebe es jedoch auf beiden Seiten Auswüchse, die inakzeptabel seien.

Absage an rückwärtsgewandte Agrarwende

Auch Klöckner plädierte für einen Austausch „ohne Ideologie und Notstandsrhetorik“. Bei den Landwirten warb dieMinisterin um Verständnis für agrarpolitische Entscheidungen. Bei Ackerbau- und Nutztierstrategien, dem Klimaschutzgesetz oder Insekten- und Grundwasserschutz gehe es nicht darum, die Landwirte zu ärgern, sondern die Branche in die Zukunft zu führen.

Eine Absage erteilte Klöckner einer „rückwärtsgewandtenAgrarwende“. Stattdessen wolle sie „Aufgeschlossenheit nach vorne, mit Digitalisierung, Präzisionslandwirtschaft und neuer Pflanzenzüchtung“.

Die CDU-Politikerin sprach sich erneut für Offenheit gegenüber neuen Züchtungstechniken aus. Zwar sei die Genschere CRISPR/Cas kein Allheilmittel, sehr wohl jedoch ein Beitrag, Zielkonflikte zu lösen. Zu einfach mache es sich, wer dieses Instrument ablehne, ohne sich mit denArgumenten auseinanderzusetzen.

Die Politik sieht Klöckner auch in der Bodenpolitik gefordert. Viel zu lange sei zugeschaut worden, „wie außerlandwirtschaftliche Investoren und Spekulanten Ackerland aufkaufen und verteuern“. Ackerland gehöre in Bauernhand. Deshalb sei eine Bodenmarktreform in den Ländern „so wichtig“.

Nicht über die Köpfe der Landwirte hinweg entscheiden

Rukwied sprach von einer Gestaltungsaufgabe zur Zukunft der Landwirtschaft, die Landwirte, Verbraucher und Gesellschaft gemeinsam angehen müssten. Die Landwirte erwarteten Verlässlichkeit und Ehrlichkeit im Umgang mit Zielkonflikten und Forderungen. Dazu gehörten, dass sich das eindeutige Bekenntnis der Verbraucher zu einer guten heimischen Landwirtschaft auch im Einkauf widerspiegele sowie Wertschätzung für hohe Standards auch an der Supermarktkasse.

„Nur wer hochwertig kauft, kann auch erwarten, dass er mehr Tierwohl und eine höhere Qualität erhält“, erläuterte Rukwied. Schließlich zählten zu einem ehrlichen Umgang mit Zielkonflikten auch ein kooperativer Ansatz im Natur- und Artenschutz sowie eine Gemeinsame Agrarpolitik (GAP), die die Landwirte dabei unterstütze, grüner, umwelt- und klimaschutzorientierter zu werden.

Für den Green Deal zeigte sich der DBV-Präsident ebenso offen wie für einen Umbau der Tierhaltung. Voraussetzung sei jedoch, dass dies alles nicht „über die Köpfe der Landwirte hinweg“ erfolge.

Plädoyer für kooperativen Umgang in der Lieferkette

Der Vorsitzende der Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie (BVE), Dr. Wolfgang Ingold, warnte die Politik vor einer „vermeintlich nachhaltigen Regulierungswut“.Auch die Mehrkosten von Nachhaltigkeit müssten fair verteilt und in das Verhältnis zum Nutzen für Umwelt, Mensch und Unternehmen gesetzt werden.

„Eine nachhaltigere Lebensmittelproduktion ist möglich, wenn gleichzeitig bessere Erträge möglich werden“, so Ingold. Die Ernährungsindustrie treibe bewusst den Wandel zu nachhaltigeren Produktions- und Konsummustern an. Die Hersteller kämen den Bedürfnissen der Verbraucher und der Gesellschaft mit einer ständigen Innovationsbereitschaft nach. Das reiche vonmehr Informationen zur nachhaltigen Ernährung und dem Umweltfußabdruck bis zur Reduzierung von Lebensmittelverlusten oder Verpackungen.

Die Landwirte unterstütze die Ernährungsindustrie als ihr wichtigster Kunde bei einer nachhaltigeren Erzeugung. „Letztendlich kann nur ein vertrauensvoller und kooperativer Umgang in der gesamten Lieferkette langfristige Erfolge für Umwelt, Klima und Menschen bringen.
AgE
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