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20.11.2017 | 07:27 | Jamaika-Verhandlungen 
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Jamaika-Bündnis gescheitert - FDP steigt aus

Berlin - Deutschland steht nach dem Scheitern der Jamaika-Sondierungen vor unübersichtlichen politischen Verhältnissen.

Jamaika-Koalition
Die Verhandlungen über ein Bündnis zwischen Union, FDP und Grünen sind gescheitert. Die FDP bricht die Gespräche ab. Die Kritik an den Liberalen ist groß. Wie geht es nun weiter? (c) proplanta
Die FDP ließ die Verhandlungen mit CDU, CSU und Grünen am späten Sonntagabend überraschend platzen. «Es ist besser, nicht zu regieren, als falsch zu regieren», sagte FDP-Chef Christian Lindner. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) stürzt damit in die schwerste Krise ihrer zwölfjährigen Amtszeit. Acht Wochen nach der Bundestagswahl ist unklar, wie es weitergeht.

Drei Szenarien sind nun denkbar: Die SPD verhandelt doch über die erneute Bildung einer großen Koalition. Die Sozialdemokraten lehnten dies aber auch nach dem Scheitern der Jamaika-Sondierungen ab. Die SPD-Spitze hatte am Abend der Bundestagswahl am 24. September unmittelbar nach dem historischen Absturz auf 20,5 Prozent entschieden, eine rechnerisch mögliche erneute große Koalition mit der Union abzulehnen und in die Opposition zu gehen.

Ein zweites denkbares Szenario ist eine Minderheitsregierung unter Führung Merkels, etwa mit den Grünen oder der FDP. Merkel bräuchte dann aber bei Abstimmungen einige Dutzend Stimmen aus anderen Fraktionen.

Als drittes Szenario denkbar sind Neuwahlen. Der Weg dorthin ist aber verfassungsrechtlich nicht einfach. Denn eine mögliche Neuwahl ist erst nach einer Kanzlerwahl möglich. Der Bundespräsident müsste zunächst jemanden für das Amt des Bundeskanzlers vorschlagen. Wäre dies Merkel und würde sie nur mit relativer Mehrheit und nicht mit der üblichen «Kanzlermehrheit» gewählt, könnte der Bundespräsident sie zur Kanzlerin einer Minderheitsregierung ernennen - er kann aber auch den Bundestag auflösen. Innerhalb von 60 Tagen muss es dann Neuwahlen geben.

Merkel kündigte an, Steinmeier im Laufe des Montags über den Stand der Dinge informieren. Steinmeier hatte erst am Wochenende die potenziellen Jamaika-Partner ermahnt, ihrer Verantwortung gerecht zu werden und Neuwahlen zu vermeiden.

Merkel hatte nach dem Scheitern der Jamaika-Sondierungen angekündigt, sie werde als geschäftsführende Bundeskanzlerin «alles tun, dass dieses Land auch durch diese schwierigen Wochen gut geführt wird». Sie bedauerte das Aussteigen der FDP aus den Jamaika-Verhandlungen.

Die Union habe geglaubt, dass man gemeinsam auf einem Weg gewesen sei, bei dem man eine Einigung hätte erreichen können. Die CDU-Vorsitzende will am Montagvormittag (11.00 Uhr) mit dem Vorstand ihrer Partei in einer Telefonkonferenz über das weitere Vorgehen sprechen. Bei den Grünen trifft sich der Parteirat (10.30 Uhr).

Bei der CSU kommt zunächst die Landesgruppe im Bundestag zusammen. Über den Termin für eine Sitzung des Parteivorstands und möglicher weiterer Gremien wie der Landtagsfraktion werde CSU-Chef Horst Seehofer in einer Telefonschalte mit dem Präsidium beraten, sagte ein Sprecher.

Seit dem Debakel der CSU bei der Bundestagswahl ist in der Partei ein heftiger Streit über eine Neuaufstellung entbrannt. Ein Lager fordert offen Seehofers Rückzug zugunsten von Finanzminister Markus Söder. Seehofer hatte während der Sondierungen erklärt, darauf erst nach dem Ende der Beratungen in Berlin eingehen zu wollen.

Seehofer bezeichnete das Scheitern der Jamaika-Sondierungen als «Belastung» für Deutschland. Eine Einigung sei «zum Greifen nahe» gewesen. Auch bei der Migrationspolitik - eines der umstrittensten Themen in den Sondierungen - wäre eine Einigung möglich gewesen.

FDP-Chef Lindner hatte den Abbruch der Sondierungen damit begründet, dass es in den gut vier Verhandlungswochen nicht gelungen sei, eine Vertrauensbasis zu schaffen. Das wäre aber Voraussetzung für eine stabile Regierung gewesen. Lindner machte deutlich, dass die Gräben zwischen FDP und Grünen aus seiner Sicht zu groß waren. Die Liberalen seien für Trendwenden in der Politik gewählt worden, etwa in der Bildung oder bei der Entlastung der Bürger. Diese seien nicht erreichbar gewesen: «Nach Wochen liegt aber heute unverändert ein Papier mit zahllosen Widersprüchen, offenen Fragen und Zielkonflikten vor.» Wo es Übereinkünfte gebe, seien diese mit viel Geld der Bürger oder Formelkompromissen erkauft worden.

Die Grünen-Spitze warf der FDP vor, sich vor ihrer Verantwortung gedrückt zu haben. «Ein Bündnis hätte zustande kommen können», sagte Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt. Bei Klimaschutz, Landwirtschaft und Migration sei man am Ende näher beieinander gewesen, als man es gedacht hätte. Parteichef Cem Özdemir sagte, die FDP habe die einzig mögliche Konstellation zur Regierungsbildung «leider abgelehnt und zunichte gemacht». Die Grünen seien bei vielen Themen an ihre Schmerzgrenzen und darüber hinaus gegangen.

Grünen-Chefin Simone Peter sagte, die FDP habe vier Wochen lang «die Öffentlichkeit getäuscht: unverantwortlich, unseriös, berechnend».

Die SPD steht nach Einschätzung ihres stellvertretenden Parteivorsitzenden Ralf Stegner trotz des Scheiterns der Jamaika-Gespräche nicht für eine große Koalition zur Verfügung. Stegner sagte der Deutschen Presse-Agentur: «Die Ausgangslage für die SPD hat sich nicht verändert. Wir haben kein Mandat für eine erneute große Koalition.» Er sehe für Kanzlerin Merkel keine Zukunft mehr. «Sie ist definitiv gescheitert.» Aber auch ohne Merkel werde die SPD keine große Koalition eingehen. Der SPD-Vorsitzende Martin Schulz hatte bereits am Sonntag bekräftigt, für den Fall eines Scheiterns stehe seine Partei nicht für eine Regierungsbeteiligung zur Verfügung.
dpa
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kurri Altbauer schrieb am 26.11.2017 16:14 Uhrzustimmen(27) widersprechen(25)
Nachdem die Jamaika-Sondierungen gescheitert sind, stehen wir Wähler jetzt vor einem Scherbenhaufen! Haben wir nicht das Recht die wahren Hintergründe zu erfahren? Vor allem von der FDP hätte ich gerne gewusst, ob da nicht Geld im spiele war? In NRW wurde schon nach 1 Woche nach der Regierungsübernahme, der Ausbau der Windkraft drastisch beschnitten, zu wessen Gunsten, wer hat den Profit daraus gezogen? Warum wird immer wieder, ist man kaum an der Macht, gleich werden die Interessen der Hintermänner wahrgenommen! Ich mag das Schlagwort Demokratie nicht mehr hören, sie wirkt wie eine Diktatur! Die Anliegen von Minderheiten finden kaum Beachtung, im Gegenteil versucht man sich auf deren Kosten zu profilieren. Wer 50,01 % der Wählerstimmen hinter sich hat, kann den Teufel tanzen lassen! Nach 4-5 Jahren bekommen sie dann die Quittung. Warum werden eigentlich immer wieder neue Parteien gegründet? Die AfD wurde drittstärkste Kraft bei der Wahl zum Bundestag, trotz massiver Angriffe der „Platzhirsche“. Unsere Meinungsmacher, in den verschiedenen Medien, machen dieses Spielchen gerne mit, es bringt entsprechende Einnahmen! Das sich der Bürger seine Gedanken über die Politik und seine Akteure macht, sollten sie eigentlich wissen. Geld nur allein regiert die Welt, dazu verhilft Betrügen, so heißt es in einem in einem alten Lied. Daran hat sich heute leider nichts geändert!!!
trakifreund schrieb am 21.11.2017 12:06 Uhrzustimmen(35) widersprechen(25)
der Unbelehrbare hat nicht so Unrecht !!!!
Warum spricht man nicht mal mit der AfD ???? Da sind doch viele ehemalige CDU-ler und SPD-ler in der Partei.
Die sollen jetzt Rechtspopulisten sein ???
Es ist eine Schande, wie man mit der 3. stärksten Partei umgeht.
Ich wünsche mir, dass, sollte es zu Neuwahlen kommen, die 3. stärkste Partei zur mindestens 2. stärksten Partei wird.
der Unbelehrbare schrieb am 20.11.2017 13:41 Uhrzustimmen(16) widersprechen(20)
Nachtrag

Wie viel Angst vor der Wahrheit muss jemand haben um eine Demokratisch vom Volk Gewählte Partei als Rechtsextrem zu bezeichnen.
Ich glaube es währe an der Zeit das einige Betonköpfe ihr Amt niederlegen.
der Unbelehrbare schrieb am 20.11.2017 12:12 Uhrzustimmen(33) widersprechen(25)
Herr Lindner hatte schon im Vorfeld angekündigt aus den Verhandlungen auszutreten wenn bis gestern 18 Uhr keine Einigung zustande kommt.
Nun hat er als erster und einziger Politiker in Deutschland Charakter gezeigt und seine Worte in die Tat umgesetzt. Ich kann da nichts verwerfliches daran finden. Bei ihm stand nicht Macht sondern das wohl Deutschlands im Vordergrund. Die FDP hätte mit Jamaika ihre ziele und vor allem ihre Wahlversprechen nicht umsetzen können. Wenn alle Politiker so konsequent währen, gänge es Deutschland wesentlich besser.
Es gäbe ja auch noch andere Möglichkeiten. Die AFD ist in einer Demokratischen Wahl vom Volk als dritt stärkste Kraft in den Bundestag Gewählt worden. Währe es nicht der CDU ihre Demokratische pflicht gewesen , zumindest mit der AFD zu reden. Warum tritt Merkel den willen des Volkes mit Füßen. Wie viele haben da wohl Angst um ihren gut Gepolsterten Sessel. Die eingefahrenen Wege der Politik mit Korruption, Vetternwirtschaft und Lobbyismus währen mit AFD schwer weiterzuführen. Währe das wirklich so schlimm für Deutschland???
Jetzt sagen vielleicht viele 13 % sind nicht der Wille des Volkes, aber hatten nicht Grüne und FDP noch weniger Stimmen.
cource schrieb am 20.11.2017 10:06 Uhrzustimmen(27) widersprechen(5)
mit dieser aktion hat die FDP allen rechten kräften/AfD/CSU in die karten gespielt, das ist ein frontalangriff auf alle linken/demokratischen kräfte, man will die 300%ige macht der konzerne auf teufel komm raus erzwingen, d.h. u.a. massiver sozialabbau insbesondere arbeitnehmerrechte, privatisierung aller bereiche usw. ---bei einer neuwahl könnte die CDU noch schlechter abschneiden und dafür FDP/AfD erstarken und dann müsste die CDU/Merkel klein bei geben
agricola pro agricolas schrieb am 20.11.2017 09:31 Uhrzustimmen(50) widersprechen(10)
Geld regiert die Welt - unser Großkapital hat gesprochen:
Am Samstag tönte die ONE-MAN-SHOW Lindner allerdings noch vom Aufbruch in eine neue historische Zeit...!!!

Mit absolut kaltschnäuzig hinterhältigem Kalkül zelebriert er, als Wiedergeburt kaum zurück auf dem großpolitischen Parkett nun das, was die FDP ganz besonders auszeichnete seit jeher in unserer Nachkriegszeit: Er setzt somit ungeniert die Tradition des UMFALLENS fort und missachtet dabei, fraglich legitim, sämtliche demokratischen Spielregeln einzig aus vollkommen narzisstischem Eigeninteresse. Intrigant Tarnen und Täuschen, wie lange schon? Der reine Selbstzweck heiligt hier wahrlich nicht alle demokratischen Mittel!!!
Also auf zu Neuwahlen, werter Herr Lindner, damit die FDP vielleicht bald wieder Geschichte in unserem Bundesparlament ist...!?

Ob die 10% (!) Ihrer Wählerschaft wohl von dem politischen Chaos, das Sie als erst unlängst euphorisch gefeierte Wiedergeburt nun sofort initiieren, unisono begeistert sind? Ein politisches Vakuum in der BRD kann auch deren Interessenslage wohl schwerlich widerspiegeln.
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