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18.08.2018 | 09:02 | Ärztemangel 

Landärzte mit Quote gewinnen?

Mainz - Die rheinland-pfälzische Ampel-Regierung will den drohenden Ärztemangel mit einer Landarztquote für Studenten lindern - allerdings gibt es Skepsis innerhalb der Koalition.

Ärzteversorgung auf dem Land
Wenn man sich als Landarzt verpflichtet, wird ein Medizinstudienplatz reserviert - dieses Modell will NRW auf den Weg bringen. Darüber wird auch in Rheinland-Pfalz diskutiert. Die Landesregierung hält die Quote für sinnvoll, aber nicht alle in der Koalition sehen das so. (c) shoot4u - fotolia.com
«Wir arbeiten an einem Konzept für Rheinland-Pfalz», sagte Gesundheitsministerin Sabine Bätzing-Lichtenthäler (SPD) der Deutschen Presse-Agentur in Mainz. «Eine Landarztquote ist kein Allheilmittel, aber es ist eine Möglichkeit mehr.» FDP und Grüne im Landtag zeigen sich jedoch wie auch die Kassenärzte skeptisch.

«Grundsätzlich stehen wir einer Quotenregelung kritisch gegenüber», sagte FDP-Gesundheitspolitiker Steven Wink. «Wir sind der Auffassung, dass die Förderung der ärztlichen Niederlassung in ländlichen Gebieten ein Schlüssel zur Sicherung der ärztlichen Versorgung ist.»

Er warb auch für medizinische Versorgungszentren auf dem Land und Behandlungen per Internet. Es gebe eine gute Diskussion mit den Koalitionspartner. «Uns eint das Ziel, die hochwertige ärztliche Versorgung in den ländlichen Räumen auch in Zukunft sicherzustellen.»

Die Grünen-Abgeordnete Katharina Binz sieht andere Aktionen als die Quote im Vordergrund, um die Arbeit als Landarzt attraktiv zu machen. «Dazu gehört, das Berufsbild des Landarztes auch den veränderten Bedürfnissen der Menschen anzupassen», sagte Binz. Beruf und Familie könnten mit mehr Angestelltenverhältnissen besser vereinbar sein. Die Quote wirke auch erst nach zehn bis zwölf Jahren. Die Frage sei zudem, ob sie verfassungsfest sei, weil prinzipiell eine freie Wahl des Arbeitsplatzes bestehe.

Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) sieht keine Hürden für die Quote. «Es wird keine gesetzlichen Veränderungen geben. Es ist inzwischen geklärt, dass es rechtlich geht. Insofern wird das weder eine Koalitionsfrage noch ein Koalitionsstreit», sagte Dreyer. Es gebe eine Verabredung zwischen dem Wissenschaftsministerium und dem Gesundheitsministerium. Die Quote hält sie für sinnvoll. «Das ist ein Bündel von Maßnahmen, was man ergreifen muss. (...) Da kann die Landarztquote ein Mosaikstein davon sein.» Vielleicht noch wichtiger sei es, Fördermittel auch für Ärztegenossenschaften zu öffnen.

Nach Ansicht der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) fehlen zwischen Eifel und Pfalz bis 2022 rund 1.600 Hausärzte. Im Jahr 2015 gab es rund 2.700 Hausärzte im Land. Die Bundesregierung räumt den Ländern ein, bis zu zehn Prozent der Medizinstudienplätze vorab für Studenten zu reservieren, die sich für zehn Jahre als Hausarzt auf dem Land verpflichten. Nordrhein-Westfalen will als nach eigenen Angaben erstes Bundesland im Medizinstudium eine Landarztquote einführen, mit der der hohe Numerus clausus umgangen werden kann.

Nach Ansicht der Gesundheitsministerin gibt es noch genug Ärzte in Rheinland-Pfalz, sie warnt aber vor Lücken. «Wir sind schon noch gut mit Ärzten auf dem Land versorgt», sagte Bätzing-Lichtenthäler. «Was mir aber Sorgen macht, ist der Altersdurchschnitt und die geringe Zahl derer, die sich für eine Praxis auf dem Land entscheiden.»

Das Medianalter - die Hälfte ist älter, die Hälfte jünger - der Hausärzte lag 2015 in Rheinland-Pfalz laut KV bei 56 Jahren, zehn Jahre zuvor noch bei 51. Die Ministerin kann sich vorstellen, die ausgewählten Landärzte dort einzusetzen, wo es besonders notwendig ist. Wenn jemand das Studium früher abbricht, soll es Sanktionen in Form von Rückzahlungen geben.

Die Kassenärzte sehen eine Quote skeptisch. «Wir befürchten bei Landarztquoten erhebliche Mitnahmeeffekte», sagte KV-Sprecher Rainer Saurwein. Es wäre fatal, wenn die Studenten Fachgebiete einschlagen und sich dann später in höheren Semestern herausstelle, dass ihnen diese Fachrichtungen gar nicht liegen. Kein junger Mensch werde zudem auf eine Partnerschaft in einer Stadt verzichten, nur weil er sich elf Jahre vorher - so lange dauern etwa Studium und Facharztweiterbildung - als Landarzt verpflichtet habe.

Die Barmer Krankenkasse hält eine Landarztquote für den richtigen Schritt - das reiche aber nicht. Ärzte sollten in strukturschwachen Regionen die Möglichkeit erhalten, ihre Praxis-Zulassung in ein Angestelltenverhältnis umzuwandeln - nicht nur in einem medizinischen Versorgungszentrum, sondern auch in einer Eigeneinrichtung der KV oder in einem regionalen Versorgungsverbund, sagte Landesgeschäftsführerin Dunja Kleis.

Die Techniker Krankenkasse bringt regionale Zuschläge für Gebiete mit Ärztemangel ins Spiel. «Um Planungssicherheit für die betreffenden Arztgruppen zu schaffen, wäre es sinnvoll, diese Vergütungszuschläge über einen zugesicherten Zeitraum - die TK schlägt hier zehn Jahre vor - zu gewähren», sagte der Leiter der TK-Landesvertretung, Jörn Simon.
dpa/lrs
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