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12.03.2023 | 08:32 | Freihandelsabkommen 

Mercosur: Kommission bringt neues Nachhaltigkeitsinstrument ins Spiel

Brüssel - Im festgefahrenen Prozess der Ratifizierung des Handelsabkommens der EU mit den Mercosur-Staaten bringt die Brüsseler Kommission nun offenbar ein neues Instrument zur Überprüfung der ökologischen und sozialen Nachhaltigkeit ins Spiel.

EU-Mercosur-Abkommen
Der Vorstoß soll die Übereinkunft retten - Instrument umfasst Klimawandel sowie Arbeitnehmerrechte und die Rechte indigener Völker - Auch Schutz vor Abholzung sowie Einhaltung des Pariser Klimaabkommens vorgeschlagen. (c) proplanta
Wie verschiedene Brüsseler Kreise gegenüber AGRA-EUROPE berichteten, hat die Kommission bereits Ende Februar im Ausschusses für Handelspolitik - in dem Vertreter der Mitgliedstaaten vertreten sind - einen ersten entsprechenden Entwurf präsentiert. Die Dokumente wurden von den Kommissionsbeamten allerdings noch nicht herausgegeben.

Dem Vernehmen nach umfasst das Instrument eine Reihe von Punkten, die sich unter anderem auf den Klimawandel, die Biodiversität, die Arbeitnehmerrechte und die Rechte indigener Völker beziehen. Zudem soll es einen Abschnitt über internationale Zusammenarbeit geben, in dem beide Seiten vereinbaren, die Handelsströme im Einklang mit den Zielen für nachhaltige Entwicklung (SDGs) weiterzuentwickeln. Darüber hinaus schlägt die EU offenbar einen verbindlicheren Ansatz vor, um der Entwaldung stärker als bisher Einhalt zu gebieten.

Auch die Umsetzung des Pariser Klimaabkommens soll verbindlich festgeschrieben werden. Dieser Vorstoß der Kommission gilt als Versuch, den zahlreichen Kritikern in der Europäischen Union das Abkommen doch noch schmackhaft zu machen. In der vergangenen Woche gab es eine weitere Verhandlungsrunde in Buenos Aires. Konkrete Ergebnisse drangen jedoch nicht nach außen. Beobachtern zufolge ist aber damit zu rechnen, dass die EU-Vorschläge bei den vier südamerikanischen Mercosur-Ländern Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay auf wenig Gegenliebe gestoßen sind.

Bisher fehlt es an Verbindlichkeit

Im bisherigen Mercosur-Entwurf, der 2019 ausgehandelt wurde, gibt es zwar ein Nachhaltigkeitskapitel. Die dort aufgestellten Forderungen gelten aber lediglich als Empfehlung. Um deren Einhaltung zu gewährleisten, wird seitens der Kommission wohl auch mit dem Gedanken gespielt, ein Sondergericht einzuführen. Dieses soll die Befugnis erhalten, darüber zu urteilen, ob die Vertragspartner „angemessene nationale Mittel“ für die Erfüllung der beschriebenen Nachhaltigkeitspunkte bereitgestellt haben oder eben nicht. Was dies für die praktische Umsetzung des Abkommens im Detail bedeutet, war noch nicht in Erfahrung zu bringen.

Green Deal bei Importen berücksichtigen

Derweil hat der Deutsche Bauernverband (DBV) seine Forderung nach einer Neuverhandlung des Freihandelsabkommens zwischen der Europäischen Union und den südamerikanischen Mercosur-Staaten erneuert. „In der jetzigen Form ist dieses Handelsabkommen eine große Bedrohung für die deutsche und europäische Landwirtschaft“, warnte Verbandspräsident Joachim Rukwied. Er forderte, die Ziele des Green Deal auch bei Importen zu berücksichtigen, etwa bei Pflanzenschutz- oder Tierwohlstandards. „Hält Südamerika diese Standards nicht ein, muss es einen sofortigen Importstopp geben“, so der DBV-Präsident. Nicht ausreichend seien hingegen „allgemeine Bekenntnisse für mehr Nachhaltigkeit im Handel“.

Warnung vor geopolitischen Abhängigkeiten

In seiner jetzigen Form wird das Abkommen nach Einschätzung des DBV zu neuen geopolitischen Abhängigkeiten führen, insbesondere in Sachen Ernährungssicherheit. „Die EU will mit dem Green Deal Vorreiter beim Klima- und Umweltschutz sein. An Agrarimporte werden aber nicht die gleichen hohen EU-Standards angelegt wie an die EU-Landwirtschaft“, monierte Rukwied. Die internationale Wettbewerbsfähigkeit der Landwirtschaft drohe durch eine zunehmende Verbotspolitik innerhalb der EU verlorenzugehen. Eine verstärkte Aufgabe von bäuerlichen Familienbetrieben, ausgelöst durch Agrarimporte zu Dumping-Standards, und die Gefährdung der Versorgungssicherheit der Bevölkerung mit Lebensmitteln wären die Folge.

Angst vor unlauterem Wettbewerb

Widerstand gegen die Handelsvereinbarung formierte sich auch in den Niederlanden. Die Zweite Kammer des Parlaments forderte die Regierung in der vergangenen Woche auf, das Abkommen zu blockieren, sofern die Landwirtschaft davon berührt werde. Die Abgeordneten befürchten ebenfalls unlauteren Wettbewerb für die europäischen Landwirte, aber auch Umweltschäden. Eingebracht wurde der Antrag von der Partei für die Tiere (PvdD). Aus der Regierungskoalition stimmte indes nur ChristenUnie zu, die mit fünf Sitzen über die mit Abstand wenigsten Mandate der Koalition verfügt.

Brasilienreise

Auch in dieser Woche dürfte das umstrittene Abkommen für Diskussionen sorgen. Bundeswirtschaftsminister Dr. Robert Habeck und Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir traten vergangene Woche eine Reise nach Kolumbien und in das Mercosur-Land Brasilien an. Begleitet werden die Minister von einer Wirtschaftsdelegation. Medienberichten zufolge soll neben den Wirtschaftsbeziehungen auch die Zusammenarbeit beim Klimaschutz verbessert werden. Außerdem stehen die deutsch-brasilianischen Wirtschaftstage auf dem Programm.
AgE
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