Die Agrarminister von Bund und Ländern konnten zum Abschluss ihrer Konferenz in Fulda noch kein Konzept mit raschen Hilfsmaßnahmen präsentieren. Man könne nicht einfach einen Hebel umlegen, um die Probleme zu beheben, warb Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU) am Freitag um Verständnis. Er sehe bislang kein überzeugendes und stimmiges Modell, sagte er nach der dreitägigen Agrarministerkonferenz (AMK).
Vor der Abschluss-Pressekonferenz stürmten rund 100 Demonstranten das Tagungshotel, um die Politiker zur Rede zu stellen. Die Beamten seien von der Aktion überrascht worden, räumte ein Polizeisprecher ein. 200 weitere Landwirte belagerten den Versammlungsort. Sie machten mit lautstarken Sprechchören ihrem Unmut Luft. Es sei aber zu keinen gewalttätigen Auseinandersetzungen oder Sachbeschädigungen gekommen. Zuvor hatten rund 400 Teilnehmer bei einer angekündigten Demo nahe des Doms unter anderem gegen geringe
Erzeugerpreise demonstriert.
Die AMK beschloss, dass sich die Bundesregierung auf EU-Ebene für die Weiterentwicklung von Instrumenten zur Krisenbewältigung auf dem
Milchmarkt einsetzen möge. Geprüft werden soll etwa, ob eine flexible Angebotsregulierung helfe. Zudem solle ein
Frühwarnsystem aufgebaut werden, das auf Markt-Turbulenzen hinweist.
Die AMK beschloss auch, dass ein Runder Tisch mit Vertretern von Politik, Wirtschaft und Verbänden gebildet werden soll, um über tragfähige Lösungsansätze zu beraten. Die AMK-Vorsitzende, Hessens
Agrarministerin Priska Hinz (Grüne), sagte, das erste Treffen solle möglichst noch vor Weihnachten stattfinden.
Die Agrarminister erklärten, dass die Preiskrise auf dem Milchmarkt wegen des Überangebots noch nicht überstanden sei: Die «Talsohle bei den Auszahlungspreisen» für Milch sei noch nicht durchschritten. Preise von derzeit 30 Cent pro Kilo und weniger bringen Erzeuger in Existenznot. Deswegen forderten die Minister auch, dass Geld aus der Superabgabe, die zu Zeiten der
Milchquote für eine Überproduktion erhoben wurde, an die Bauern zurückfließen soll. Die EU hatte Mitte September in einem Hilfspaket den deutschen Bauern knapp 70 Millionen Euro versprochen. Vielen Agrarministern ist das zu wenig. Hinz sagte, auch der Bund müsse seine Finanzhilfen erhöhen.
Till
Backhaus (SPD), Agrarminister in Mecklenburg-Vorpommern, forderte, dass die Bauern keinem Preiskampf mit den Molkereien und dem Lebensmittelhandel ausgesetzt werden dürften. Hermann Onko Aeikens (CDU), Agrarminister in Sachsen-Anhalt, äußerte sich kritisch zu der von den Grünen ins Gespräch gebrachten Marktregulierung. Angesichts offener Grenzen könnten die Produzenten in Nachbarstaaten profitieren. Die rheinland-pfälzische Agrarministerin Ulrike Hoefken (Grüne) verteidigte hingegen die Idee, die auch schon vom Deutschen
Bauernverband als nutzlos eingeschätzt worden war. (dpa)