Naturschutzflächen, auf denen zum Beispiel aus Gründen der Landschaftspflege Schafe weiden, sind bei der Gewährung von Direktzahlungen der EU-Agrarpolitik ohne Einschränkungen zu berücksichtigen. Aus Sicht von DVL und
NABU muss das Urteil jetzt in den deutschen Bundesländern konsequent umgesetzt werden, da es hier noch große Defizite gibt.
DVL-Geschäftsführer Dr. Jürgen Metzner zeigte sich erleichtert: „Der EuGH urteilt ganz im Sinne der zahlreichen Landwirte, die ihre Bewirtschaftung auf die Ziele des Naturschutzes ausrichten und damit zum Erhalt unserer artenreichen Kulturlandschaften beitragen.“ Aus Sicht von NABU-Agrarexperte Florian Schöne besteht jetzt endlich Klarheit in der Naturschutzförderung: „Eine Kombination von Naturschutz und landwirtschaftlicher Nutzung ist damit eindeutig legitimiert. In Zukunft müssen extensiv bewirtschaftete Weiden, Magerrasen oder Heiden ausnahmslos für landwirtschaftliche Direktzahlungen prämienberechtigt sein.“
Nach Schätzung beider Verbände wurden bislang zum Beispiel rund 70.000 ha extensiv beweidete Heideflächen in Deutschland nicht als beihilfefähige landwirtschaftliche Nutzflächen anerkannt. Den Landwirten wurde die schwierige Bewirtschaftung dieser wertvollen Lebensräume bisher nur über Agrarumweltprogramme entgolten. Diese Programme allein reichen jedoch wegen zu geringer Förderhöhen nicht aus, um die Nutzung der Flächen aufrechtzuerhalten.
DVL und NABU fordern deshalb zu Gunsten der betroffenen Landwirte eine offensive Umsetzung des Richterspruchs in den Bundesländern. Auch bei der Kombination von Förderprogrammen der ländlichen Entwicklung mit den Direktzahlungen bestanden für Landwirte beträchtliche Sanktionsrisiken, die man jetzt beseitigen kann. „Der EuGH hat klar gemacht, dass naturschutzfachlich wertvolle Flächen wichtiger Bestandteil einer multifunktionalen Landwirtschaft sind. Ihr Erhalt spielt damit eine zentrale Rolle als öffentliche Leistung im Rahmen einer Neuausrichtung der EU-Agrarpolitik“, so die beiden Verbände weiter.
Hintergrund: Das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz hat im Februar 2009 ein dort anhängiges Verfahren gegen eine Schäferin ausgesetzt und Fragen von weitgehender Bedeutung zur Vorabentscheidung an den EuGH weitergeleitet. Im Kern geht es dabei darum, ob naturschutzrelevante Flächen, die von Schäfern und Mutterkuhhaltern extensiv bewirtschaftet werden, weiterhin eine Förderung über die erste Säule der EU-Agrarpolitik erhalten können. Der EuGH hat nun entschieden, dass eine „landwirtschaftliche Fläche“ im Sinne der EU-Vorgaben auch dann vorliegt, wenn deren Nutzung zwar auch landwirtschaftlichen Zwecken dient, der überwiegende Zweck aber in der Verfolgung der Ziele der Landschaftspflege und des Naturschutzes besteht. (dvl/nabu)