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25.06.2023 | 16:33 | Gentechnikrecht 

Neue Züchtungstechniken: Kommissionsentwurf weiterhin kontrovers diskutiert

Brüssel / Berlin - Der vorab bekanntgewordene Vorschlag der EU-Kommission zur Regulierung neuer gentechnischer Verfahren hat die Gräben zwischen Befürwortern und Kritikern von Gentechnik wieder hervortreten lassen. 

Gentechnische Verfahren
Kritiker und Befürworter neuer gentechnischer Verfahren bekräftigen ihre Positionen. (c) Remar - fotolia.com
Der Verband Lebensmittel ohne Gentechnik (VLOG) bekräftigte in der vergangenen Woche seine ablehnende Position. Geschäftsführer Alexander Hissting warnte davor, Vertrauen in die Lebensmittelpolitik in zu untergraben. „Verbraucher und Verbraucherinnen wollen zu Recht wissen, wie das Essen produziert wird, das sie kaufen“, betonte Hissting. Die EU-Kommission dürfe mit ihrem „verkorksten Plan nicht durchkommen“.

Laut dem VLOG-Geschäftsführer ist die im Entwurf vorgesehene Basis für die Einstufung von mit neuen gentechnischen Verfahren produzierten Pflanzen „völlig willkürlich“. „Nicht nur ‚Ohne Gentechnik‘, sondern auch Bio und alle anderen, die gentechnikfrei wirtschaften wollen, wären akut bedroht“, warnte Hissting. Es sei völlig unklar, wie eine gentechnikfreie Produktion sichergestellt werden könne, wenn Gentechnik nicht mehr gekennzeichnet werden müsse und in Land- und Lebensmittelwirtschaft „allgegenwärtig“ wäre.

Begrüßt wurde der Kommissionsentwurf hingegen vom Öko-Progressiven Netzwerk (ÖkoProg). „Mit einer solchen Regulierung würden sinnvolle Anwendungen ermöglicht, statt diese pauschal zu behindern“, so der Vorsitzende des Netzwerks, Robert Hoffie. Die EU-Kommission habe das erkannt und einen Kompromiss gefunden, der wissenschaftliche Empfehlungen erkennen lasse. Laut ÖkoProg-Vorstandsmitglied Svenja Augustin ist der Entwurf „deutlich logischer“ als die alte Regulierung. Die gleiche Pflanze einmal als harmlos und einmal als gefährlich zu behandeln, nur weil die gleiche Mutation anders zustande gekommen sei, ergebe wenig Sinn.

Warnung vor Monopolisierung von Saatgut

Auch die EU-Gruppe der Internationalen Vereinigung ökologischer Landbaubewegungen (IFOAM Organics Europe) verdeutlichte ihre Position. Im Rahmen der Generalversammlung wurde eine Entschließung verabschiedet, in der die Gruppe bekräftigt, dass der Ökolandbau frei von jeglicher Gentechnik bleiben soll. Zu diesem Zweck müssten die derzeitigen rechtlichen Vorgaben bezüglich Kennzeichnung und Rückverfolgbarkeit beibehalten werden und auch für alle neuen Verfahren gelten, heißt es in der Entschließung.

Gewarnt wird außerdem vor den Auswirkungen des geltenden Patentrechts, sollte der Kommissionsentwurf in der geleakten Fassung umgesetzt werden. Zu erwarten sei eine schädliche Konzentration unter den Saatgutunternehmen. Ähnlich äußerte sich Katherine Dolan von der Gesellschaft für die Erhaltung der Kulturpflanzenvielfalt und ihre Entwicklung (Arche Noah). „Gentechnik ist ein Einfallstor für die komplette Monopolisierung von Saatgut durch Großkonzerne“, warnte Dolan. Zu befürchten stehe nichts weniger als die „Überflutung“ des europäischen Marktes mit patentiertem Saatgut. Kleine und mittelständische Saatgutbetriebe würden zunehmend verdrängt, da sie keinen Zugang zu wichtigen Eigenschaften für die Entwicklung neuer Sorten bekämen.

Freibrief für die Industrie

Der Präsident das Anbauverbandes Bioland, Jan Plagge, erklärte, die „Gentechnik-Industrie“ habe es offensichtlich geschafft, die EU-Kommission von einem Freifahrtschein für die neuen Züchtungstechniken zu überzeugen. „Man kann ihn förmlich hören, den Jubel“, so Plagge. „Absolut inakzeptabel“ sei es, dass die Mitgliedsstaaten gemäß dem Entwurf ihrer Souveränität beraubt werden und einer nicht gekennzeichneten Gentechnik einen Freibrief geben sollten. „Das mag im Sinne der Gentechnik-Lobby sein - im Sinne der Menschen in Europa, die weiter wählen können wollen, ob sie zu Gentechnik greifen oder nicht, ist es nicht“, so der Verbandspräsident.
AgE
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