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27.04.2014 | 15:57 | 100 Tage CDU/Grüne 

Schwarz-grüne Koalition in Hessen zeigt Harmonie

Wiesbaden - Verlässlichkeit und großes Vertrauen: CDU und Grüne in Hessen sind voll des Lobes über ihre neue Kooperation.

Kooperation
(c) Edyta Pawlowska - fotolia.com
«Wir haben nach 100 Tagen auch das Gefühl, dass wir sicheren Boden unter den Füßen haben», sagt der Vize-Ministerpräsident und Wirtschaftsminister Tarek Al-Wazir anlässlich des Dreimonatsjubiläums an diesem Sonntag. Vor der hessischen Landtagswahl im vergangenen September hatte der Grüne eine Koalition mit der konservativen CDU noch als «Horrorvorstellung» bezeichnet.

Am Donnerstag sitzt der 43-Jährige in Schlips und feinem Anzug einträchtig an der Seite seines neuen Duzfreunds von der CDU, Regierungschef Volker Bouffier. Beide freuen sich in der Wiesbadener Staatskanzlei über den aus ihrer Sicht gelungenen Start der Koalition, die als erste ihrer Art in einem Flächenland auch bundesweit unter Beobachtung steht.

Das Bündnis der einstigen Gegner hat sich in den ersten drei Monaten erstaunlich geschlossen gezeigt. Bouffier spricht zwar gerne verschwommen von der angestrebten Versöhnung von Ökonomie und Ökologie. Doch eines ist klar: Beide Seiten wollen unbedingt beweisen, dass im reichen Bundesland Hessen das politische Experiment gelingen kann. Dementsprechend vorsichtig gehen sie ans Werk. Es hilft auch, dass im Landtag sowohl CDU als auch Grüne als sehr diszipliniert geführte Fraktionen gelten.

Inhaltlich haben die Grünen, die der machtbewussten CDU im Koalitionsvertrag beim Umweltschutz einiges abgetrotzt haben, in den ersten drei Monaten den Takt vorgegeben. Die Bio-Landwirtschaft und der Waldschutz sollen ausgebaut werden. Bei der Energiewende sollen auch die Kommunen als Wirtschaftsunternehmen voll mitmischen können.

Spätestens Ende März 2015 ist eine zusätzliche Stunde Lärmpause am Frankfurter Flughafen vorgesehen, durch wechselnde Auslastung der Rollbahnen. Derzeit gilt auf Deutschlands größtem Flughafen bereits ein sechsstündiges Nachtflugverbot zwischen 23.00 und 05.00 Uhr. Für Al-Wazir, dessen Partei den Flughafenausbau stets kritisiert hat, wird die Lärm-Reduzierung zum Lackmus-Test. Die Bürgerinitiativen sprechen von Augenwischerei, weil es lediglich um eine Verschiebung der Flüge gehe.

Als «Superminister» ist Al-Wazir auch für die Energiewende zuständig. Da muss der starke Mann der Hessen-Grünen ebenfalls mit Ärger rechnen, weil vor Ort der Widerstand gegen den Bau von Windrädern wächst. Rund zwei Prozent der Landesfläche sind dafür vorgesehen. Auf Bouffier scheint er dabei zählen zu können. Dieser habe in der Auseinandersetzung mit SPD-Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel um die Reform des Ökostroms engagiert gekämpft, um Hessen beim Ausbau der Windkraft gute Bedingungen zu sichern, lobt der Grüne.

Bei soviel Eintracht stören einige Altlasten aus schwarz-gelben Tagen, mit denen sich die neue Koalition herumschlagen muss. Vor allem die Grünen müssen in der Regierung Dinge vertreten, die sie im vergangenen Jahr noch scharf kritisiert hatten. So muss die neue Grünen-Umweltministerin Priska Hinz ihre Vorgängerin Lucia Puttrich von der CDU verteidigen, weil das Land vor zwei Jahren bei der Stilllegung der Atommeiler in Biblis Rechtsfehler begangen hat. Hessen droht nun eine teure Schadensersatzklage.

Auch die umstrittenen 23 Millionen Euro Förderung der Vorgängerregierung für die private Elitehochschule EBS kann für Schwarz-Grün noch unbequem werden. Das haben die vor wenigen Tagen bekanntgewordenen Ermittlungen der Staatsanwaltschaft gegen einen eng mit der EBS verbundenen CDU-Abgeordneten und mehrere Manager der Universität deutlich gemacht.

In der in Hessen stets umkämpften Schulpolitik ist Schwarz-Grün vom proklamierten «Schulfrieden» ebenfalls noch weit entfernt. CDU-Kultusminister Ralph Alexander Lorz hat die Wahlfreiheit zwischen acht- und neunjährigem Gymnasium erweitert. Künftig sollen auch laufende fünfte, sechste und siebte Klassen die Möglichkeit haben, zu G9 zurückzukehren - wenn alle Eltern zustimmen. Die SPD-Opposition, überall G9 will, spricht von drohendem Chaos an den Schulen.

Hinsichtlich des bundesweiten Modellcharakters ihres Bündnisses sind Bouffier und Al-Wazir weiter vorsichtig: Auch nach 100 Tagen wollen sie nicht davon sprechen. Das Land sei kein «Politlabor», sagt Bouffier, der auch CDU-Bundesvize ist. Der Grünen-Minister sieht das strategisch dennoch ein bisschen anders: Spätestens vor der nächsten Bundestagswahl wolle jeder außerhalb Hessens wissen, «was wir hier hingekriegt haben oder nicht». (dpa)
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