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12.04.2016 | 13:30 | Verbandsklagerecht 

Volksbegehren gegen Massentierhaltung: «Die Kuh ist vom Eis»

Potsdam - Die Initiatoren des Brandenburger Volksbegehrens gegen Massentierhaltung haben sich mit der rot-roten Regierungskoalition auf einen Kompromiss geeinigt.

Verbandsklagerecht Volksbegehren Massentierhaltung
Seit Jahren streiten Bürgerinitiativen und Verbände mit der Brandenburger Landesregierung über die Tierhaltung in Großmastanlagen für Schweine und Geflügel. Nach einem erfolgreichen Volksbegehren gibt es nun einen Kompromiss. (c) proplanta
Somit werde es im Sommer keinen Volksentscheid über die Forderungen nach Einschränkungen für riesige Tiermast-Anlagen und höhere Standards bei der Haltung von Geflügel Schweinen und Rindern geben, erklärten Vertreter der Fraktionen und des Aktionsbündnisses Agrarwende am Dienstag. Die Bauernverbände lehnen die Einigung allerdings als «faulen Kompromiss» ab.

«Die Kuh ist vom Eis», sagte der Vorsitzende der SPD-Landtagsfraktion, Mike Bischoff, sichtlich erleichtert. Denn der SPD war es gelungen, das geforderte Klagerecht für Tierschutzverbände gegen Genehmigungen für landwirtschaftliche Betriebe zu verhindern. «Damit können wir eine hohe Rechtssicherheit für Investoren in der Landwirtschaft absichern, wenn sie eine Genehmigung haben.»

Durchsetzen konnte sich das Aktionsbündnis Agrarwende mit der Bestellung eines hauptamtlichen Tierschutzbeauftragten, der Missstände in den Ställen verfolgen soll. Zudem ist ein Tierschutzplan vorgesehen und nur noch eine begrenzte Förderung von Großmastanlagen. Der Einsatz von Antibiotika und Düngemittel soll verringert werden.

«Der Verzicht auf das Verbandsklagerecht war für uns eine schwere Pille», bekannte Michael Wimmer vom Aktionsbündnis Agrarwende. «Aber an dieser Stelle wollen wir uns nicht verkämpfen, denn dieses verfassungsmäßig abgesicherte Recht wird sowieso kommen.» Dem Aktionsbündnis ist besonders wichtig, dass bis Ende des kommenden Jahres mit den Vertretern der Bauernverbände und Experten ein Brandenburger Tierschutzplan erstellt werden soll.

«Da geht es dann in die fachliche und sachliche Auseinandersetzung um die Rahmenbedingungen für die Tierhaltung», erläuterte Wimmer. Bis 2019 soll das Verbot durchgesetzt werden, Geflügel die Schnäbel und Schweinen die Schwänze abzuschneiden. «Der Kompromiss ist ein kleiner Durchbruch zu einer nachhaltigen Landwirtschaft.»

Während es in der SPD-Fraktion zu dem Kompromiss drei Enthaltungen gab, stimmte die Linksfraktion einstimmig dafür. «Verbraucherschutzminister Markov hat den Beschluss ausdrücklich begrüßt», sagte Fraktionschef Ralf Christoffers. «Beim Miteinanderreden über den Tierschutzplan werden wir uns auf das verständigen, was für das Tierwohl notwendig ist.» Über den Kompromiss zum Volksbegehren muss noch der Landtag endgültig entscheiden.

AfD-Fraktionschef Alexander Gauland erklärte, seine Fraktion werde dem Kompromiss zustimmen. Auch die CDU begrüßte die Einigung. «Wir sind davon überzeugt, dass es damit insgesamt zu einer deutlichen Verbesserung des Tierwohls kommen wird», sagte der verbraucherpolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Henryk Wichmann. «Wir freuen uns, dass es kein Verbandsklagerecht gibt», betonte er. «Es muss bei allem Tierschutz auch die Wirtschaftlichkeit der Landwirtschaft gewährleistet sein.»

Die Grünen hätten einen Volksentscheid über das Gesamtpaket bevorzugt, machte deren Landesvorsitzender Clemens Rostock deutlich. Nun wollen sie darauf achten, dass die Vereinbarungen auch konkret umgesetzt werden. «In der Vergangenheit hat die SPD zu oft ihr unliebsame Begehren formal angenommen, um sie dann im Sande verlaufen zu lassen», meinte Rostock.

Der Bauerbund als Vertreter der Familienbetriebe kritisierte die Vereinbarung als «faulen Kompromiss». «Vereinbart sind ein Tierschutzplan, Vorschriften und Verbote, mit denen der Staat uns normalen Bauern künftig noch mehr in die Produktion reinreden kann», kritisierte Bauernbund-Vorstand Reinhard Benke: «Aber das ursprüngliche Anliegen der Volksinitiative, den Bau neuer Großmastanlagen zu erschweren, soll nur ganz allgemein geprüft werden und ist damit praktisch erledigt.»

Der Landesbauernverband erklärte, die Landwirtschaft stehe vor einem Scherbenhaufen. Politik und Verwaltung gingen nun über Jahre in quälende Diskussionsprozesse, während die Landwirte für lange Zeit mit einer ungeklärten Situation leben müssten, sagte Präsident Henrik Wendorff. «Mit diesem faulen Kompromiss werden Fortschritt, Modernisierung und Investitionen ins Tierwohl ausgebremst», sagte er. «Die Politik und das Aktionsbündnis scheuen davor zurück, echte Demokratie zu wagen und einen Volksentscheid herbeizuführen.»
dpa/bb
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