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27.11.2013 | 18:34 | Nationalpark Nordschwarzwald 

Wie ein Nationalpark einen Kulturkampf auslösen konnte

Stuttgart - Natur Natur sein zu lassen - das ist nicht so einfach, wie man denkt. Davon wissen die Grünen im Ländle ein Lied zu singen. Ihr Prestigeprojekt Nationalpark hat einen Kulturkampf im Nordschwarzwald ausgelöst.

Nationalpark Nordschwarzwald
(c) proplanta
Die Grünen hätten so gerne das ganze Land mitgenommen. Mit so einem Nationalpark, dem ersten in Baden-Württemberg, da kann man doch eigentlich nur punkten, haben sie wohl gedacht. Dass sich am Ende ein tiefer Riss durch den Nordschwarzwald ziehen würde, dass sich Befürworter und Gegner auf der Straße und im Internet wüst beschimpfen würden - damit hatten sie wohl nicht gerechnet.

Dennoch wollen Grüne und SPD mit ihrer Regierungsmehrheit im Landtag an diesem Donnerstag endgültig grünes Licht für den Nationalpark geben, den die einen als immens wichtiges Natur- und Artenschutzprojekt sehen, die anderen als grünes Diktat.

CDU und FDP werden dann wohl bei ihrem Nein bleiben, obwohl die Idee für einen Nationalpark - bundesweit gibt es bereits 14 - auf die jahrzehntelange schwarz-gelbe Epoche zurückgeht. Damals ist sie nur nie zu Ende gedacht worden - was die CDU-Fraktion und ihren Chef Peter Hauk (CDU) jetzt gehörig ins Eiern bringt. Eigentlich wolle man ja schon, aber so wie jetzt geplant eben nicht.

Offensichtlich angetrieben von den Sägern - die Einbußen von gut 46 Millionen Euro pro Jahr auf sich zukommen und 670 Arbeitsplätze gefährdet sehen - und von der Initiative «Unser Nordschwarzwald» erfand Hauk den «Bürgernationalpark». Das ist eine Art Light-Version, halb so groß wie der grün-rote und im Wesentlichen auf die Flächen oberhalb von 900 Metern beschränkt. Doch selbst in der CDU sorgte dieser Schachzug nicht für Begeisterung: Hauks Park sei nicht geeignet, einen «echten» Nationalpark zu entwickeln, sagte etwa Baden-Württembergs ehemaliger Umweltminister Erwin Vetter (CDU).

10.000 Hektar gelten unter Naturschützern als untere Grenze für einen Nationalpark, der Sinn haben soll. Diese Größe hat der grün-rote Vorschlag östlich von Baden-Baden gerade so. Insgesamt 0,7 Prozent des Landesforstes sollen dort der Natur zurückgegeben werden.

Um das Überleben besonders anspruchsvoller Arten sicherzustellen, brauche man möglichst große Flächen, heißt es. Ein Biosphärengebiet oder ein Naturpark hätte es auch getan, sagen die Gegner. Und befürchten etwa, der Borkenkäfer könnte sich im Schutzgebiet ungehindert ausbreiten und alles niederfressen.

Eins kann man den regierenden Grünen nicht vorwerfen: Dass sie ihr Projekt nicht nahezu pedantisch vorbereitet haben. Mit unzähligen Broschüren, Info-Veranstaltungen, Gesprächsforen und einem Gutachten versuchte Naturschutzminister Alexander Bonde (Grüne), für den Urwald zu begeistern. Der sei auch gut für den Tourismus im Nordschwarzwald.

Es sollte so eine Art Vorzeigeprojekt für die grün-rote «Politik des Gehörtwerdens» sein - geholfen hat es jedoch recht wenig. In Baiersbronn zumindest fühlt man sich nicht ausreichend beteiligt. Wasser auf die Mühlen der Gegner waren Abstimmungen, bei denen sich sieben kleinere Gemeinden eindeutig gegen den Nationalpark aussprachen. In Baiersbronn waren es satte 78 Prozent.

Es könne kein kommunales Veto geben, heißt es beim Land. Und außerdem gebe es ja auch Umfragen, die zeigten, dass die Baden-Württemberger den Nationalpark haben wollten. Zwei Drittel der Befragten einer Forsa-Umfrage sagten, sie fänden den Nationalpark «gut» oder sogar «sehr gut».

«Stoppen sie diesen Wahnsinn», schreiben hingegen mehrere Unternehmer in einem offenen Brief an die Landtagsabgeordneten. Von grüner «Diktatur» ist die Rede und davon, dass der Nordschwarzwald zu schade dafür sei, «um daraus mit Gewalt eine Totholz-Region zu schaffen». Wüstere Beschimpfungen finden sich im Internet. 3.800 Anhänger hat die Facebook-Seite der Befürworter, 2.800 die der Gegner.

Der grün-rote Nationalpark bekommt eine Anschubfinanzierung von 7,2 Millionen Euro. Später soll er aus dem Naturschutzetat finanziert werden, den Grün-Rot bis 2016 auf 61,2 Millionen Euro pro Jahr verdoppeln will. Mit den Millionen lassen sich nach Ansicht der Gegner wichtigere Vorhaben finanzieren - in Krankenhäusern, Schulen oder Kindergärten. (dpa)
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