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13.12.2011 | 18:07 | Welthandel 

Energie-Großmacht Russland wird WTO-Mitglied

Moskau - Als ein Lichtblick in Krisenzeiten für die Weltwirtschaft gilt Russlands Aufnahme in die Welthandelsorganisation WTO.

Welthandel
Vor 18 Jahren - 1993 - stellte die Energiegroßmacht den Antrag, musste aber so lange wie kein anderes großes Land auf den Beitritt warten. Der WTO-Ministerrat will die Mitgliedschaft Russlands als letzter großer Volkswirtschaft an diesem Freitag in Genf beschließen.

Vor allem russische Verbraucher hoffen dann auf stabilere oder sogar sinkende Preise und westliche Investoren auf mehr Sicherheit bei ihren Geschäften im größten Land der Erde.

Für eine weitere Liberalisierung des Welthandels gilt der WTO-Beitritt Russlands als der wichtigste Schritt seit der Mitgliedschaft Chinas vor zehn Jahren. Immer wieder stand das Aufnahmeverfahren für den weltgrößten Öl- und Gasförderer auf der Kippe.

Lange galt Russlands Festhalten an hohen Importzöllen und Agrarsubventionen als Hindernis. Zudem ging es lange um den Widerstand von WTO-Mitgliedern wie Georgien, die sich von der Atommacht politisch unter Druck gesetzt fühlen. Russland werde jetzt endlich fester in die Weltwirtschaft eingebunden, sagte WTO-Generalsekretär Pascal Lamy kürzlich.

Für westliche Investoren steht der Markt mit den mehr als 140 Millionen Menschen trotz verbreiteter Korruption, Rechtsunsicherheit und Bürokratenwillkür hoch im Kurs. Die Unternehmen hoffen, dass die Hindernisse weniger und ihre Geschäfte in Russland leichter werden.

«Wir glauben, dass Russlands WTO-Beitritt den offenen und fairen Wettbewerb und die internationale Zusammenarbeit fördern wird», sagt Frank Schauff, Chef der Vereinigung Europäischer Unternehmen in Moskau. Zudem gibt es nun neue Hoffnungen auf eine Freihandelszone zwischen Russland und seinem größten Handelspartner, der EU, sowie auf ein Ende der als geschäftsfeindlich kritisierten Visapflicht.

Aus Sicht von Unternehmern können sich die Russen durch eine Senkung von Zollgebühren nun auf eine größere Vielfalt an preiswerteren Produkten freuen. Derzeit bezahlen sie nach Angaben von Analysten für importierte Waren 30 bis 40 Prozent mehr als im Westen.

Kommentatoren in Moskau sprechen von einem historischen Schritt. Erstmals würden einheimische Produzenten gezwungen, die eigene Wettbewerbsfähigkeit zu erhöhen, schreibt etwa die regierungskritische Zeitschrift «The New Times». Besonders auch der nicht konkurrenzfähige Bankensektor werde den internationalen Druck zu spüren bekommen. In vielen Wirtschaftszweigen erwarten Experten Massenentlassungen in den oft noch sowjetisch geprägten Betrieben.

Zwar sind für den Abbau des vom Westen immer wieder gerügten Protektionismus' in Russland mitunter lange Übergangszeiten vereinbart. Auch den Schutz von Urheberrechten sowie die Privatisierung muss das Land laut den WTO-Unterlagen vorantreiben.

Als Vorteil sehen die Russen aber etwa, dass sie künftig mehr Stahl exportieren können. Der WTO-Beitritt werde auch die Zusammenarbeit in der sogenannten BRICS-Gruppe der Schwellenstaaten Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika voranbringen, sagte Russlands Wirtschaftsministerin Elwira Nabiullina - sie führt die Delegation in Genf an.

Die Weltbank erwartet durch Russlands WTO-Aufnahme etwa 3,3 Prozent Wachstum beim Bruttoinlandsprodukt für die nächsten Jahre. Russland soll künftig mehr von westlicher Hochtechnologie profitieren können, um die von Kremlchef Dmitri Medwedew immer wieder beschworene Modernisierung des Landes voranzubringen. Das Land habe etwa Importzölle für Baumaterialien, Agrarmaschinen und Technologien drastisch gesenkt, sagte der russische WTO-Verhandlungsführer Maxim Medwedkow unlängst.

Unter dem Strich werde das Riesenreich zu günstigen Konditionen Mitglied in dem Club, schrieb etwa die Wirtschaftszeitung «Wedomosti». «Die Regierung wird weiter die Preise regulieren», kommentierte das Blatt in Moskau. Und auch der Energiekonzern Gazprom könne sein Gasmonopol behalten. Doch wirksam wird die Mitgliedschaft erst nach der Ratifizierung. Die russische Staatsduma soll diese bis Mitte 2012 abwickeln. Innerhalb von 220 Tagen nach Unterschrift müsse der Schritt vollzogen sein, sagte Medwedkow. (dpa)
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