Vorsprung durch Wissen
schließen x
Suchbegriff
Rubrik
 Suchen
Das Informationszentrum für die Landwirtschaft
03.04.2007 | 08:02 | Klimafolgen 

Klimawandel belastet deutsche Wirtschaft - Gefahr oder Chance?

Frankfurt/Main - Der Klimawandel wird die Wirtschaft in Deutschland und weltweit belasten.

Dürre
(c) proplanta
Trotz enormer wissenschaftlicher Unsicherheiten rechnen immer mehr Ökonomen aus, was die Erderwärmung in den nächsten Jahrzehnten an Wirtschaftswachstum und Wohlstand kosten wird. Dabei gehen die Meinungen je nach Methode weit auseinander: Während manche Experten Milliardenkosten wegen zunehmender Naturkatastrophen und Schäden erwarten, verweisen andere auf die Chancen des wärmeren Wetters für bestimmte Branchen und Unternehmen. In einem sind sich die Volkswirte aber einig: «Der Klimawandel ist keine wirtschaftliche Katastrophe», fasst Michael Bräuninger vom WeltwirtschaftsInstitut Hamburg (HWWI) die gängige Meinung zusammen.

«Der Klimawandel findet langsam statt und lässt den Unternehmen genügend Zeit, sich darauf einzustellen», sagt Bräuninger. Neben Verlierern gebe es auch Gewinner: Sollte es mehrere Grad wärmer werden, liege in den deutschen Wintersportgebieten zwar kein Schnee mehr. Dafür dürfte es aber mehr Nord- und Ostseeurlauber geben.

Zu den Gewinnern des Klimawandels gehören jetzt schon Unternehmen, die erneuerbare Energie aus Sonne und Wind anbieten. Wegen ihrer guten Geschäfte gehören sie derzeit zu den Lieblingen an der Börse. Auch Anbieter von Umwelttechnologien etwa zur Reinigung von Abgasen, zur Kühlung oder zur Wasseraufbereitung können auf gute Geschäfte hoffen. «Die Umweltbranche in Deutschland wird in den nächsten Jahren eine größere Bedeutung haben als der Automobilbau und der Maschinenbau», sagt der Chefökonom der Bayerischen Hypo- und Vereinsbank Andreas Rees.

Auch das Baugewerbe profitiert von milderem Wetter und kann im Winter schnee- und eisfrei ohne die übliche Winterpause durcharbeiten. Transportfirmen können sich künftig freuen, wenn Straßen, Schienen und Flughäfen eisfrei bleiben. Mittelfristig könnte sogar die Landwirtschaft Vorteile aus der Erwärmung ziehen, wenn in Deutschland Pflanzen wachsen, die hier sonst nicht gedeihen würden. «Die Landwirte müssen sich anpassen und etwa von Weizen auf Mais umstellen», sagt der Ökononom und Meteorologe Karsten Brandt, der den Wetterinformationsdienst «donnerwetter.de» betreibt.

Die große Gefahr sehen Wirtschafts- und Wetterexperten gleichermaßen in zunehmenden Naturkatastrophen. In einer Studie hat das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin die Folgen einer Erderwärmung von 4,5 Grad untersucht. Demnach würden häufige Hochwasser und Sturmfluten Straßen und Deiche beschädigen. Dürren, Waldbrände und Überschwemmungen würden die Versicherungsbranche Milliarden kosten. Weil Kühlwasser für Kraftwerke fehlt, würde Energie teurer. Das DIW rechnet für die deutsche Volkswirtschaft mit Gesamtkosten von 800 Milliarden Euro bis 2050 und mit einem halben Prozentpunkt weniger Wirtschaftswachstum jährlich. «Die Kosten des Klimaschutzes betragen nur ein Drittel der Kosten des ungebremsten Klimawandels», sagen die Forscher.

Das Kieler Institut für Weltwirtschaft (IfW) hat die Folgen der Erderwärmung für die Gesundheit untersucht. «Wegen der steigenden Zahl von Hitzetagen wird die Arbeitsproduktivität der Beschäftigten sinken und das Sozialprodukt bis zu 0,5 Prozent jährlich schrumpfen», sagt IfW-Volkswirt Michael Hübler. Pro Jahr werde es bis zu 15 000 mehr Hitzetote geben. Die Krankenhaus-kosten würden in die Höhe schnellen, weil sich neue Krankheiten, die man bisher nur in den Tropen kenne, wie Malaria ausbreiteten.

Solche Zahlen halten viele Experten für zu hoch gegriffen. Meteorologe Brandt hat errechnet, dass Ersparnisse bei Heiz- und Energiekosten plus zusätzliche Einnahmen im Tourismus, der Landwirtschaft und bei Versicherungen pro Jahr 8,7 Milliarden Euro erreichen könnten. Dem stünden Anpassungskosten - etwa für Klimatisierung oder steigende Rücklagen für Naturkatastrophen - von 3,5 Milliarden Euro bis 2050 gegenüber. «Pro Jahr wird die deutsche Volkswirtschaft durch den Treibhauseffekt um etwa 5 Milliarden Euro direkt entlastet», rechnet Brandt vor. (dpa)

Kommentieren
weitere Artikel

Status:
Name / Pseudonym:
Kommentar:
Bitte Sicherheitsabfrage lösen:


  Weitere Artikel zum Thema

 Habeck sieht großes Potenzial in CO2-Einlagerung

 Heißester Apriltag in Tel Aviv seit 85 Jahren

 Extremwetter machen Küstenüberwachung künftig wichtiger

 Kaltes Wetter schadet Stechmücken nicht

 Abgeordneter ruft Verfassungsgericht wegen Klimaschutz-Reform an

  Kommentierte Artikel

 Erleichterungen bei GAP-Anträgen und Hanfanbau

 In der Corona-Pandemie wurden zu oft Antibiotika verschrieben

 Jäger sehen dringenden Handlungsbedarf bei Umgang mit Wölfen

 Söder setzt sich gegen Verbrenner-Aus ab 2035 ein

 2023 war Jahr der Wetterextreme in Europa

 Wind- und Freiflächen-Solaranlagen: Niedersachsen führt Abgabe ein

 Keine Reduzierung beim Fleischkonsum durch Aufklärung

 Größter Solarpark von Rheinland-Pfalz eröffnet

 Gipfelerklärung der EU setzt auf Lockerungen für Landwirte

 Grundwasser in Bayern wird weniger