Für 150.000 Euro hat er einen Melkroboter gekauft, ganz zu schweigen von den Investitionen in den neuen Stall für seine 45 Kühe. Als die neue Anlage gebaut wurde, gab es für Glasers Milch noch 30 bis 35 Cent pro Liter, jetzt muss er mit 25 Cent zurechtkommen. Damit ist er aber noch gut dran - andernorts liegt der Preis schon bei unter 20 Cent.
Der gelernte Metzger und Landwirt ist eine Art Hoffnungsträger für die 77.000 Milchvielhalter in Deutschland, von denen immer mehr wegen fallender Milchpreise kapitulieren. Im vergangenen Jahr machten laut Deutschem Bauernverband (DBV) vier bis fünf Prozent von ihnen ihren Betrieb dicht.
Glasers großes Plus: Er hat Eltern, die ihm helfen, sowie einen Onkel, dessen Betrieb er übernommen hat. Angestellte kann er sich so sparen. Zudem betreibt er Obstanbau als zweites Standbein und verkauft Ware im Hofladen. Deshalb ist sein Betrieb auch als Ort für den bundesweiten Auftakt zum Tag des offenen Hofes an diesem Freitag gewählt worden.
Die Diskussion über die Gründe für den Absturz der Preise gleichen einem Schwarzen-Peter-Spiel: Bauernverbandspräsident
Joachim Rukwied tadelt Molkereien und Einzelhandel für «unverantwortlich» geführte Preisverhandlungen. Molkereien sehen sich von den Discountern unter Druck gesetzt. Peter Bleser (CDU), Staatssekretär im Berliner Landwirtschaftsministerium, konstatiert eine «Ohnmacht der Molkereien gegenüber fünf großen Lebensmittelhändlern» - darunter Lidl, Aldi und Edeka. Er spricht sich aber gegen eine staatlich festgelegte Mengenreduzierung aus. Er sieht den Staat hingegen in einer zurückhaltenden Rolle. «Die Marktverantwortung wird nicht von Ihnen genommen», ruft er Bauern und Molkereivertretern zu.
Karl Laible, Geschäftsführer der Ulmer Milchwerke Schwaben, sieht die bundesweit 140 Molkereien gegenüber dem Handel in der Defensive. Selbst wenn sie die Milchabgabe verweigerten, würden Billigimporte aus Neuseeland, Irland und USA die Lücke füllen. Dann stünde das Produkt auf deutschen Höfen herum und müsse als «Spottmilch» für 15 Cent pro Liter verscherbelt werden. Da sei es besser, die Ware zähneknirschend für 10 Cent mehr zu verkaufen.
Laible hat wie Rukwied die internationale Dimension des Problems im Blick. Beide verlangen das Ende des Russland-Embargos. Nach Auskunft Laibles wurden zuvor jährlich allein rund 240.000 Tonnen in Deutschland produzierter Käse nach Russland eingeführt. «Man muss auf andere Märkte ausweichen, die aber schon belegt sind, so dass der Verkauf nur zu reduzierten Preisen möglich ist.» Die Milchbauern sind nicht die einzigen, die unter dem
Russland-Embargo ächzen.
Auch die noch 2.600 Schweinehalter im Südwesten leiden unter den niedrigen Preisen; seit 2011 haben 700 ihre Betriebe geschlossen. lm ländlichen Schlat erlitt die Milchwirtschaft einen ähnlichen Aderlass: Jungbauer Glaser ist noch einer von drei bis vier Milchviehhaltern. Vor zehn Jahren waren es drei Mal so viele.
Und wo positionieren sich die Produzenten selbst? Glaser ist überzeugt, dass die Kunden mehr als die zum Teil unter 50 Cent pro Liter Ladenpreis durchaus verkraften könnten. «Der Verbraucher würde mehr zahlen, aber der Handel drückt die Preise.» Warum die Discounter die Preisschraube immer weiter anziehen, ist ihm ein Rätsel: «Ich versteh's nicht.» Er plädiert für eine Rückkehr zu einer Mengenbegrenzung - entgegen der DBV-Linie.
Auch beim öffentlichkeitswirksamen
Startschuss für die Aktion offener Hof in Schlat war die Zerstrittenheit der Landwirtschafts-Community nicht zu übersehen. Der oberste Bauernvertreter konnte ein Riesentransparent kaum ignorieren, auf dem zu lesen stand: «
Rukwied ist kein Vertreter von uns Milchbauern.»