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10.05.2020 | 12:01 | Corona-Krise 

Mangelhafter Arbeitsschutz entlarvt - Schlachtunternehmen werden zu Corona-Hotspots

Bonn - In Deutschland haben Fleischunternehmen immer stärker mit Corona-Infektionen ihrer Mitarbeiter zu kämpfen.

Corona-Hotspots
Nach Müller Fleisch nun auch in Werken von Vion und Westfleisch viele Corona-Fälle. (c) proplanta
Nach Hunderten von Positivtests bei Müller Fleisch in Birkenfeld und der vorsorglichen Schließung des Vion-Rinderschlachthofs in Bad Bramstedt hat es nun auch die Westfleisch in Coesfeld getroffen. Wie die dortige Kreisverwaltung mitteilte, wurden bis zum vergangenen Donnerstag (7.5.) 129 Beschäftigte positiv getestet, davon sollen laut Presseberichten 13 im Krankenhaus sein.

Die Westfleisch teilte am vergangenen Freitag mit, dass die Krankheitsverläufe vergleichsweise milde seien. Nicht nur sämtliche 1.200 Mitarbeiter des Werkes in Coesfeld sollen nun auf das Virus getestet werden, sondern alle Beschäftigten in den nordrhein-westfälischen Schlachtbetrieben, kündigte Regierungssprecher Christian Wiermer am Freitag in Düsseldorf an.

Agenturmeldungen zufolge musste Westfleisch am Freitag die Coesfelder Betriebsstätte auf Druck der Landesregierung schließen. Zuvor war die Produktion in Absprache mit den Behörden mit umfangreichen Hygiene- und Sicherheitsmaßnahmen mit geringerer Kapazität noch weitergelaufen; unter anderem wurde am Werkstor kontaktlos Fieber gemessen.

Für den Präsidenten des Westfälisch-Lippischen Landwirtschaftsverbandes (WLV), Hubertus Beringmeier, haben die Eindämmung des Ausbruchs im Unternehmen sowie die Gesundheit der Beschäftigten und der Bevölkerung oberste Priorität. Er hatte sich allerdings dafür eigesetzt, unter Einhaltung der hohen hygienischen Auflagen den Schlachtbetrieb aufrechtzuerhalten, damit die Mäster im Umland ihre Tiere vermarkten können.

Der WLV-Kreisvorsitzende in Coesfeld, Michael Uckelmann, betonte, dass die kurzen Transportwege in das Werk für die regionalen Schweinebetriebe auch aus Tierschutzgründen wichtig seien.

Vion macht Betriebsferien

Im Unterschied zu Müller Fleisch und Westfleisch hat die Geschäftsführung des Fleischverarbeiters Vion entschieden, die Produktion imschleswig-holsteinischen Rinderschlachthof Bad Bramstedt wegen der Corona-Fälle zu stoppen. Etwa ein Drittel der bei einem Subunternehmer beschäftigten Arbeitskräfte in Schlachtung und Zerlegung sei mit dem Coronavirus infiziert, teilte das Unternehmen am vorvergangenen Wochenende mit. Die Belegschaft werde deshalb als Vorsichtsmaßnahme zunächst in außerplanmäßige Betriebsferien geschickt.

Am vergangenen Donnerstag ist dem Kreis Segeberg zufolge die Gesamtzahl der positiv getesteten Fälle auf 109 Personen gestiegen; insgesamt liegt die Mitarbeiterzahl des Werkes in Bad Bramstedt bei 260. Die Mehrheit der infizierten Beschäftigten lebt in einer zuWohnungen umgebauten ehemaligen Bundeswehrkaserne in Kellinghusen im Kreis Steinburg; einige andere Mitarbeiterwohnten privat in umliegenden Kreisenwie Bad Segeberg. Alle Infizierten sind in Quarantäne.

Als systemrelevantes Unternehmen in der Corona-Krise sicherte Vion den Kunden des Schlachthofes Bad Bramstedt die Belieferungmit sicheren Lebensmitteln von anderen Standorten zu. Als verlässlicher Partner der Landwirtschaft würden in den nächsten Wochen Schlachttiere aus Norddeutschland an anderen Standorten verarbeitet, so der Verarbeiter. Im Unternehmen gebe es ein umfassendes Netz an Produktionsbetrieben in Deutschland und in den Niederlanden und man werde die Warenströme entsprechend umlenken.

Corona-Probleme weltweit

Zusammen mit den rund 300 Corona-Infizierten bei Müller Fleisch in Birkenfeld haben sich allein in diesen drei deutschen Schlachthöfen mindesten 540 Personen mit dem neuartigen Lungenvirus angesteckt. Als Ursache für die starke Ausbreitung werden von Experten diemeist beengten Wohnverhältnisse der oft aus dem Ausland stammenden Werkvertragsarbeiter genannt; die Virusübertragung in den Werken scheint aufgrund der Hygienemaßnahmen eher keine große Rolle zu spielen.

Auch in anderen Ländern machen der Fleischindustrie die Corona-Infektionen von Mitarbeitern zu schaffen. In Australien musste Anfang vergangener Woche das Unternehmen Cedar Meat mit 400 Beschäftigten seine Tore schließen, nachdem gut 10 % der Belegschaft positiv auf Corona getestet worden waren.

In Spanien sind beim neuen Großschlachthof Literia Meat bei Huesca annähernd 200 Arbeiter an Covid-19 erkrankt; der Betrieb läuft mit verringerter Kapazität weiter. Gewerkschaften werfen dem Schweineschlachter vor, gegen Arbeitsschutzauflagen verstoßen zu haben und haben Beschwerden beziehungsweise Klagen eingereicht.

In Brasilien soll es Medienberichten zufolge weit mehr als 100 infizierte Schlachthofmitarbeiter in neun Unternehmen geben. In den USA wurden mehrere Großschlachter wegen Corona-Fällen geschlossen, die US-Präsident Donald Trump per Eilverordnung aber wieder öffnen will.
AgE
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