Die Mengenregulierung habe die Entscheidungsfreiheit der
Milchviehhalter massiv eingeengt und trotzdem den Ausstieg kleinerer Betriebe nicht verhindern können. „In der Gesamtbilanz haben die Folgen der Mengenregulierung den aktiven Milcherzeugern eine schwere Hypothek aufgebürdet“, urteilt Korte zum Ende der Mengenreglung. Für ihn fällt die Einschätzung nach 31 Jahren Milchquotenregelung deutlich aus: „Das strenge Mengenkorsett war eine teure Last“. Schon ein Jahr nach der Einführung der Mengenregulierung stellten Milcherzeuger und Verarbeitungsunternehmen gemeinsam fest: Die Quote ist ein hartes Brot für Erzeuger und Molkereien.
Bundesweit hat das System nach Schätzungen des Landvolkes Kosten in Höhe von weit mehr als 15 Mrd. Euro verursacht, davon dürften etwa drei Mrd. Euro auf Niedersachsen entfallen sein. Enthalten sind in dieser Summe lediglich die Quotenkosten bei Betriebserweiterungen, Milchrentenaktionen sowie die Superabgaben an die EU-Kasse. Die unzähligen juristischen Auseinandersetzungen wurden ebenso wenig berücksichtigt wie Verwaltungskosten oder Anpassungsreaktionen der Molkereien. Als besonders „bitter“ bezeichnet Korte daher die letzte Superabgabe, die für Deutschland mit einem derzeit geschätzten Betrag von mehr als 300 Mio. Euro einen traurigen Rekord als Schlusspunkt setzen dürfte.
Einkommenseffekt blieb ausTrotz dieser schmerzhaften Begleiterscheinungen hat die Quote die damals versprochenen Erwartungen aus Erzeugersicht nicht erfüllen können. Die Einkommen der Milchviehhalter lagen über all die Jahre zumeist deutlich hinter denen der Ackerbauern oder Veredelungsbetriebe. Erst seitdem der Weltmarkt mit attraktiven Preisen Anreize setzt und die Exportanstrengungen der deutschen Molkereien Früchte tragen, haben sich die Auszahlungspreise und damit auch die Einkommen der Milchviehhalter aus der Talsohle bewegt. Als „wirklich erfreuliche Jahre“ bezeichnet Korte lediglich die beiden zurückliegenden mit Auszahlungspreisen von durchschnittlich 37 Cent je Kilogramm Milch. Seit Herbst vergangenen Jahres gibt es einen Einbruch. Aktuell zeigt der Markt wieder Erholungstendenzen. Die Milcherzeuger hoffen, dass sie davon bald ebenfalls über höhere Auszahlungspreise profitieren. „An diese Ausschläge werden wir uns ähnlich wie unsere Kollegen in der Schweinehaltung oder im Ackerbau gewöhnen müssen. Unsere Milchviehhalter sind aber auch lernfähig genug, damit umzugehen“, gibt sich Korte optimistisch. Er äußert allerdings in Richtung EU-Politik die Erwartung, das derzeitige Sicherheitsnetz für schwierige Marktphasen zu überprüfen und anzupassen.
Die Mengenbeschränkung hat auch den
Strukturwandel nicht verhindern, sondern allenfalls leicht abbremsen können. Allein in Niedersachsen gaben seit 1980 fünf von sechs Milchbauern auf. Ihre Zahl reduzierte sich von 65.500 im Jahr 1980 auf 9.717 in 2014. „Mit durchschnittlich 81,5 Kühen je Hof sind die Größenordnungen weiterhin familienbäuerlich“, unterstreicht Korte, selbst Milchviehhalter in Bremervörde. 50 Prozent der knapp 800.000 niedersächsischen Kühe teilen sich ihren Stall mit maximal 99 weiteren Kühen, nur 0,3 Prozent aller Milchviehhalter haben mehr als 500 Kühe auf ihrem Hof, sie halten drei Prozent aller Kühe.
Niedersachsens Milchviehhalter haben seit Einrichtung der Quotenbörse im Jahr 2000 die Chancen zur betrieblichen Entwicklung genutzt und dafür allein in dieser Zeit fast eine halbe Mrd. Euro für den Quotenzukauf ausgegeben. Von 2010 bis 2014 ist die Milcherzeugung in Niedersachsen um gut eine Mrd. kg Milch auf knapp über sechs Mrd. kg angestiegen und der weltweiten Nachfrage gefolgt. „Unsere Milchviehhalter in den Grünlandregionen sowie im südniedersächsischen Bergland haben sich auf die Zeit nach der Quote vorbereitet, daher gehen wir ähnlich wie die Molkereien nur von moderaten Anlieferungssteigerungen aus“, prognostiziert Korte. Erweiterungswünsche der Landwirte werden nicht zuletzt zunehmend durch knappe Flächen gebremst. Diese Einschätzung decke sich mit Umfragen großer Molkereiunternehmen, die in Abhängigkeit von der Marktlage mit Anlieferungssteigerungen von um die drei Prozent rechnen. Die weltweite Nachfrage nach Milchprodukten weist weiter Wachstumsraten auf. In diesem Markt sehen die hiesigen Molkereien mit ihren anerkannt hochwertigen Produkten daher Chancen.
Auflagen und Vorschriften belasten kleine Erzeuger überproportionalDie Bautätigkeit der Milchviehhalter hat ihre Boomphase in den Jahren bis 2009 überschritten, jetzt stehen in erster Linie Ersatzinvestitionen an. Allerdings wird der Trend zu größeren Einheiten anhalten, bestätigen auch Dienstleistungsunternehmen der Baubranche. An die Politik richtet Korte den Appell, die Landwirte vor einem ungewollten „Größenwahn“ zu schützen. „Viele Investitionen fallen heute häufig größer aus als zunächst beabsichtigt, weil zusätzliche Auflagen und Vorschriften kleinere Einheiten überproportional belasten und die Planungskosten in die Höhe treiben. Aus betriebswirtschaftlicher Sicht wäre hier weniger durchaus manchmal mehr“, fasst der Landvolkvizepräsident seinen Eindruck zusammen. Den Milchviehhaltern rät er zu Gelassenheit und einem entspannten Start in die neue Phase der Milcherzeugung - ohne die hohen Kosten des Quotendrucks. (LPD)