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30.04.2010 | 16:05 | Müller 

Müller darf es nicht gelingen, die Bauern in die Knie zu zwingen

Freising - In der Klage der zum Müller-Konzern gehörenden Sachsenmilch gegen den  Bundesverband Deutscher Milchviehhalter BDM e.V., den Landesbauernverband Brandenburg sowie einzelne Milchviehhalter erging heute das Urteil, Blockaden zukünftig zu unterlassen sowie Schadensersatz zu leisten.

Müller darf es nicht gelingen, die Bauern in die Knie zu zwingen
Der BDM wird hiergegen Berufung einlegen, weil er sich sein Demonstrationsrecht nicht nehmen lassen will und der Firma Sachsenmilch keinen Schaden verursacht hat. Das Urteil beanstandet, dass von den Milchbauern auf den Konzern „Zwang“ ausgeübt worden sei. Dies mag im Einzelfall aus Verzweiflung geschehen sein, das Gericht verkennt aber, dass der eigentliche Zwang von der Marktmacht der Konzerne ausgeht, die die Bauern in den Ruin treibt.

Im Rahmen des bundesweiten Milchlieferstopps 2008 demonstrierten die Milcherzeuger unter anderem auch vor der Sachsenmilch in Leppersdorf. Wegen des ihm daraus vermeintlich entstandenen Schadens beschritt Müller im Nachgang den Klageweg gegen die Milchbauern.

Nicht Müller mit seinen Molkereien Sachsenmilch (Leppersdorf), Weihenstephan und Müllermilch in Aretsried allein war betroffen - bundesweit versammelten sich in den Tagen des Milchlieferstopps die Bauern vor ihren Molkereien. Müller, der mit seinen Werken eine große Marktmacht in Deutschland innehat, hatte im Frühjahr 2008 als maßgebliche Leitfigur eine deutliche Preissenkungsrunde für die Milcherzeuger eingeläutet, entsprechend wichtig war den Bauern die Demonstration vor seinem Hauptwerk in Leppersdorf.

Wenn nun das Gericht einen Demonstrationscharakter verneint, weil eine Meinungskundgebung nicht mittels Transparenten und Plakaten erfolgt sei, ist dies aus Sicht des BDM viel zu eng interpretiert. Über Monate hatten die Milcherzeuger öffentlich erklärt, dass sie von den Molkereien Mitarbeit bei Markt bereinigenden Maßnahmen erwarteten, damit sich der rapide fallende Milchpreis wieder erholen könnte. Es gab Gesprächsangebote im Vorfeld des Lieferstopps, die speziell auch von Müller nicht angenommen wurden. Der Lieferstopp als sehr öffentliche „Klammer“ des Protests machte es aus Sicht der Milcherzeuger vermutlich überflüssig, bei jeder Aktion, die im Rahmen dieser Protesttage stattfand, noch einmal extra Plakate und Transparente mitzuführen, weil mit jeder der zahlreichen Einzelaktionen die ohnehin bekannten Botschaften und Forderungen des Lieferstopps transportiert wurden. Dass ihre Demonstration vor Leppersdorf rechtmäßig war, mussten die Milcherzeuger schon deshalb annehmen, weil die Polizei sie ungehindert gewähren ließ und keine Anstalten zur Räumung machte. Auch von Seiten der Geschäftsführung von Sachsenmilch gab es keinen Versuch, mit den Milcherzeugern zu sprechen und einen möglichen finanziellen Schaden abzuwenden. Viel Zeit wendete man hingegen dafür auf, die demonstrierenden Milcherzeuger zu fotografieren und die Vorgänge vor Ort zu protokollieren.

Dass es Müller bei seiner Klage gegen die Milcherzeuger tatsächlich wohl weit weniger um seinen vermeintlichen Schaden als vielmehr „ums Prinzip“ und darum ging, die Bauern für immer mundtot zu machen, wurde für den BDM auch im Laufe des Prozesses immer deutlicher. So wurde von Müller versucht, die Wiederaufnahme einiger von der Staatsanwaltschaft bereits eingestellter Verfahren im Wege eines Klageerzwingungsverfahrens durchzusetzen.

Die Milcherzeuger werden dieses Gebaren Müllers so nicht widerstandslos hinnehmen. Wie das Bundeskartellamt vor kurzem sehr richtig feststellte, besteht zwischen den Molkereien und den Milcherzeugern ein ganz erhebliches Machtgefälle zu Lasten der Erzeuger. Die Molkereien können aufgrund von Vertragskonstellationen mit den Milcherzeugern, in denen kein fester Milchpreis zugesichert wird, schlechte Preisverhandlungen mit dem Handel beliebig nach unten zu den Erzeugern durchreichen und diese damit in Existenznöte bringen, ohne dass der einzelne Milcherzeuger dagegen eine echte Handhabe hätte. So ist es auch im Frühjahr 2008 geschehen. Ein absehbarer Preiseinbruch von 30 % bedeutete für viele Milcherzeuger bei gleichzeitig gestiegenen Produktionskosten eine massive Bedrohung ihrer Existenz. Die Teilnahme an Demonstrationen war für viele daher der einzige Weg, ihre Existenz zu verteidigen und berechtigten Forderungen zu vertreten.

„Es ist unerträglich, dass viele Molkereien noch immer nach Gutsherrenart über den einzelnen Milcherzeuger bestimmen können. Gerade in Gebieten, wo es nur eine starke Molkerei gibt, wie z. B. in Sachsen mit der Sachsenmilch, ist eine Bündelung der Milcherzeuger - wie vom Kartellamt empfohlen - nur sehr schwer voranzubringen, weil viele zuviel Angst vor Repressalien durch die Molkerei haben“, so BDM-Vorstandsvorsitzender Romuald Schaber. „Das aber zeigt uns auch deutlich, dass wir es nicht hinnehmen können, dass uns Müller nun auch noch einen Maulkorb verpassen will.“

Die Milcherzeuger werden daher nun in den nächsten Wochen mit einigen Aktionen unter dem Motto „Theo Müller darf es nicht gelingen, die Bauern in die Knie zu zwingen!“ die Unterstützung ihrer Position auch bei den Verbrauchern suchen.

Um ein deutliches Zeichen zu setzen, wird am Montag, 3. Mai, um 11 Uhr eine Demonstration in Leppersdorf bei der Sachsenmilch stattfinden. Sie ist bereits angemeldet. Die Milcherzeuger werden zeigen, dass sie sich ihr Demonstrationsrecht nicht nehmen lassen. (BDM)  
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