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04.11.2009 | 13:40 | Unternehmertag 

Risikoabsicherung als Managementaufgabe der Zukunft

Oldenburg - Ein gezieltes Risikomanagement wird für landwirtschaftliche Unternehmen immer wichtiger.

Risikoabsicherung als Managementaufgabe der Zukunft
Das wurde auf dem Unternehmertag für Landwirte deutlich, zu dem heute (3. November) etwa 1.000 Besucher in die Oldenburger Weser-Ems-Halle kamen, um sich über „Landwirtschaft in stürmischen Zeiten – Was sind die neuen Erfolgsfaktoren?“ zu informieren.

Prof. Dr. Martin Odening von der Humboldt-Universität Berlin brachte das Thema auf den Punkt: „Die Absicherung von Risiken gehört mit zu den zentralen Aufgaben landwirtschaftlicher Unternehmer.“ Sie müssten verinnerlichen, dass Risiken ebenso zu einer Marktwirtschaft gehören wie Chancen.

Großen Anteil daran hätten die Preisschwankungen auf den Agrarmärkten. Allerdings könne von einer generellen Zunahme des als Volatilität bezeichneten Auf und Ab nicht die Rede sein. Vielmehr seien die Preisrisiken nach Märkten zu differenzieren. Zu einer qualifizierten Beurteilung seien statistische Analysen notwendig.

Odening empfahl den Landwirten, risikomindernde Maßnahmen zu ergreifen. Deren Umfang hänge von der Risikogefährdung eines Betriebes und der Risikobereitschaft des Unternehmers ab. Ein Patentrezept für den richtigen Weg gebe es nicht, so der Wissenschaftler. Das Optimum müsse in jedem Betrieb individuell gefunden werden, eine „Vollkasko-Versicherung“ sei aber kaum zu bezahlen.

Seltene Risiken wie etwa Katastrophen sollten durch Versicherungen abgedeckt werden, lautete der Rat des Referenten. Häufiger vorkommende Schäden sollten durch das Unternehmen selbst abgefedert werden. Dazu sei der Einsatz moderner Technik, z. B. einer Feldberegnung, ebenso geeignet wie vorausschauende Maßnahmen, z. B. die Nutzung von Terminbörsen. Selbst nach einem Schadensfall könne noch reagiert werden, z. B. durch die Aufnahme eines Kredits.

Auch Dr. Herbert Funk bezeichnete eine Absicherung gegen die Folgen von Marktturbulenzen als wichtige Aufgabe für die Zukunft. „Landwirtschaftliche Unternehmen werden sich mit unsicheren ökonomischen Bedingungen arrangieren müssen“, so der Marktexperte der Landwirtschaftskammer Niedersachsen. Preisausschläge nach oben und unten, wie sie in jüngerer Vergangenheit zu beobachten waren, würden zunehmen.

Mittel- bis langfristig würden die Preise auf allen Agrarmärkten steigen. Dafür sprächen die wachsende Weltbevölkerung, die begrenzte Verfügbarkeit landwirtschaftlicher Flächen und die Abhängigkeit des Agrarsektors vom Energiemarkt.

Die energetische Nutzung pflanzlicher Erzeugnisse befürwortete der Fachmann „in begrenztem und vertretbarem Umfang“. Sie wirke preisdämpfend, denn die Produkte könnten in Zeiten hoher Preise auch als Nahrungs- oder Futtermittel eingesetzt werden. Die Herstellung von Biodiesel und -ethanol mit den Nebenprodukten Rapsschrot und getrocknete Schlempe verringere die hohe Importabhängigkeit bei Proteinfuttermitteln.

Eindringlich warnte der Experte vor den Folgen dauerhafter Niedrigpreise. Sie würden mittelfristig die Rohstoffbasis gefährden. Wenn der Pflanzenbau nicht mehr kostendeckend betrieben werden könne, würden Ackerflächen anderweitig genutzt werden und über Jahre für die Produktion von Nahrungs- und Futtermitteln verloren gehen.

Zur Begrenzung des Liquiditätsrisikos riet Funk, innerhalb der Betriebe mehrere Produktionszweige aufzubauen oder verstärkt Instrumente der Risikosteuerung anzuwenden. Reserven sieht er in einem besseren Timing von Einkauf und Verkauf.

Hans-Theo Macke, Mitglied des Vorstands der DZ BANK AG, sieht die Landwirte als mittelständische Unternehmer gefordert, sich auf wachsende Produktions-, Markt-, Preis- und Finanzierungsrisiken einzustellen. Die hätten auch Konsequenzen für die Kreditvergabe. Bonität und Kapitaldienstfähigkeit des landwirtschaftlichen Unternehmens würden noch stärker als bisher die Kreditentscheidung bestimmen, so der ehemalige Direktor der Bundesbank.

Bei der Ermittlung der Kreditwürdigkeit eines Betriebes würden die tatsächlich erzielten Ergebnisse sowie die Strategien und Planungen für die Zukunft zugrunde gelegt werden. Die ermittelten Zahlen zeigten nicht nur die Leistungsfähigkeit des Unternehmens, sondern auch die Managementqualitäten des Betriebsleiters. Die werden nach Aussage des Bankexperten bei der Kreditvergabe in Zukunft immer wichtiger.

Für die aktuellen Probleme auf den Agrarmärkten ist die Finanz- und Wirtschaftskrise „nur zu einem ganz geringen Teil“ verantwortlich, so die Meinung des Referenten. Die Ernährungswirtschaft sei im Vergleich zu anderen Branchen bisher relativ stabil durch die Krise gekommen.

Etwas anders sah das Heinrich Grupe, Vizepräsident der Landwirtschaftskammer Niedersachsen. „Die Agrarbranche bekommt derzeit heftigen Gegenwind“, sagte er bei der Begrüßung der Zuhörer. Angesichts sehr hoher Investitionssummen und einer immer größeren Fremdkapitalbelastung seien Instrumente erforderlich, mit denen landwirtschaftliche Unternehmen ihre Risiken absichern könnten.

Ebenso wichtig sei ein marktangepasstes Ein- und Verkaufsverhalten der Landwirte, so Grupe weiter. Die Agrarrohstoff- und Agrargütermärkte hätten sich in den letzten Jahren als unberechenbar erwiesen, die Risiken seien „kaum kalkulierbar“. Um auf diesem stürmischen Terrain erfolgreich agieren zu können, sei eine Marktstrategie notwendig, die das Risiko bei Ein- und Verkäufen breit streut. Dazu müsse man über solide Marktinformationen verfügen, um den Handel richtig einschätzen zu können.

Der Unternehmertag für Landwirte fand in diesem Jahr bereits zum zehnten Mal statt. Veranstalter waren die Landwirtschaftskammer Niedersachsen sowie die Arbeitsgemeinschaft der Volksbanken und Raiffeisenbanken Weser-Ems. (lwk-ns)
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