Vor einer Demonstration von Landwirten aus ganz Deutschland am Dienstag in Berlin sagte Verbandspräsident Detlef Kurrek am Freitag in Rostock, an jedem Arbeitsplatz in der Landwirtschaft hingen bis zu sieben weitere in vor- und nachgelagerten Bereichen. In der Landwirtschaft allein sind derzeit knapp 25.000 Menschen beschäftigt.
«Die Wirtschaftskraft des Bundeslandes steht auf dem Spiel, wenn der Landwirtschaft der Hahn zugedreht wird», befürchtete er. Dies bestätigte die Power Oil GmbH in Rostock, eine der größten Ölmühlen in Deutschland. Nach dem Verbot der Rapsbeize hatte sich 2018 die Anbaufläche für
Winterraps im Vergleich zum Vorjahr um 14 Prozent verringert. Power Oil verarbeite nun weniger einheimischen Raps. «Stattdessen muss das Unternehmen den Rohstoff für seine Produkte rund um den Globus einkaufen - und per Schiff nach Rostock holen», sagte Henry Kämpf, einer der Power-Oil-Geschäftsführer.
Kurreck rechnet damit, dass 1.000 Bauern aus Mecklenburg-Vorpommern mit 500 bis 700 Traktoren an der Sternfahrt nach Berlin teilnehmen, um ihren Protest gegen das Agrarpaket zu zeigen. «Wir möchten ein «Reset»», sagte er. Das Paket umfasst verschiedene Gesetzesvorschläge zum Insekten-, Tier- und
Umweltschutz, darunter ein staatliches Tierwohllabel. «Dieses würde unsere
Initiative Tierwohl kaputt machen», meinte der Bauernpräsident.
«Wir wollen, dass das Agrarpaket gestoppt und neu diskutiert wird, mit Bauern und Fachinstituten», erklärte die Landwirtin Kathrin Naumann aus Benitz bei Rostock. Als Sprecherin der Gruppe «Land schafft Verbindung» kritisierte sie vor allem die Einschränkung des Einsatzes von Pflanzenschutzmitteln. Viele Flächen könnten dann konventionell nicht mehr mit Weizen, Gerste, Roggen oder Erbsen bebaut werden, höchstens noch biologisch. Der
Ökomarkt aber sei voll, die Preise seien niedrig. Sie befürchtete, dass viele Bauern aufgeben könnten. Dabei sei Insekten- und
Artenschutz auch anders zu bewerkstelligen, etwa mit
Blühstreifen und Hecken. Wenn die Gesellschaft zusätzliche Maßnahmen wolle, müsse sie auch dafür bezahlen», meinte Naumann.
Landwirt Marco Gemballa von der Agrargesellschaft Zinzow (Vorpommern-Greifswald) plädierte für Kooperationen statt Verboten. Als Beispiel nannte er ein Gemeinschaftsprojekt von
Bauernverband und der Umweltstiftung Michael Otto für mehr
Biodiversität auf den Äckern. Noch würden die Kosten für die zusätzlichen
Umweltmaßnahmen aus Forschungsgeldern getragen. Er könne sich vorstellen, dass Blühstreifen und unbewirtschaftete Flächen auch mit Geldern aus
Ausgleichsmaßnahmen etwa für den Straßenbau finanziert werden.