Die Teilnehmer erwartete wie immer ein interessantes und vielseitiges Programm:
Nach der Eröffnung durch VDM-Hauptgeschäftsführer Manfred Weizbauer hatten die Aussteller Gelegenheit, ihre firmen vorzustellen. Im ersten Vortrag stellten Frau Melanie Harmuth, MediaCompany, sowie Dr. Heiko Zentgraf, GMF, die ersten Ergebnisse der PR-Arbeit für die Mühlen nach dem Bundesverfassungsgerichtsurteil Anfang letzten Jahres dar. Sie gaben zugleich einen Ausblick auf die umfassenden PR-Maßnahmen für das Jahr 2010. Unter dem Motto „Bestes aus deutschen Mühlen. Sichere Mehlqualität. Jeden Tag.“ als umfassende Klammer verankern sich die Mühlen als elementare Lebensmittelbranche im öffentlichen Bewusstsein, um ihre Belange stärker einzubringen und den spannenden und krisenfesten Beruf des Müllers für die Nachwuchswerbung dar zu stellen. Hierdurch wird nicht nur der Bekanntheitsgrad der Branche erhöht, sondern auch ein Bewusstsein bei Verbrauchern und Kunden für eine gesunde und ausgewogene Ernährung geschaffen.
Die Neuausrichtung der Öffentlichkeitsarbeit zeigt sich auch in einer verstärkten Internetpräsenz, indem die Homepages des VDM und der GMF einer Generalrevision unterzogen wurden sowie mit
www.mein-mehl.de eine neue Verbraucherinternetseite und mit
www.mueller-in.de in Zusammenarbeit mit den anderen am Müller (Verfahrenstechnologen in der Mühlen- und Futtermittelwirtschaft) interessierten Branchen eine neue Internetseite zur Nachwuchswerbung geschaffen wurde. Unter dem Motto „Wer zu uns kommt, mahlt zuerst.“ werden Jugendliche zielgerichtet und altersgerecht angesprochen, um für den Müllerberuf mit seinen guten Zukunftsperspektiven zu werben. Das gute Echo der Medienarbeit zeigte sich eindrucksvoll am Beispiel der letztjährigen VDM-Pressekonferenz zur Ernte in Berlin: Hier konnte mit Hilfe von anschaulichen Infografiken mit 50 Mio. Kontakten eine sehr hohe Reichweite erzielt werden.
Mit dem Quartalsinfobrief „Mühlen im Dialog“ hat der VDM zudem ein Medium geschaffen, um gezielt Entscheidungsträger in Politik, Wirtschaft und Medien auf die Belange der deutschen Mühlen aufmerksam zu machen. Er hat sich mittlerweile hervorragend etabliert. Für 2010 stehen zahlreiche neue Maßnahmen aus, zu denen die Schaffung einer neuen, modernen Bildsprache zu Mehl gehört, welche zugleich die optische Grundlage für eine neue Broschürenreihe darstellen wird, die Beteiligung an Ausstellungen, die Herstellung einer Drehscheibe „Mehl-O-Meter“ mit Informationen zu den einzelnen Mahlprodukten und zur Branche als Give-away für Tage der offenen Tür etc., sowie die Erstellung von Filmmaterial für die PR-Arbeit der Mühlenbetriebe und für TV-Sender mit modulhaften, zielgerichteten Inhalten zu den Mühlen und ihrer Bedeutung für die Menschen.
Die GMF, die in der Fachwelt und Wissenschaft unbestrittene Anerkennung findet, hat in gewohnt professioneller Weise die Öffentlichkeitsarbeit in den Fachmedien begleitet: Mit einer sehr guten Medienresonanz wurden wieder zahlreiche Fachpublikationen wie der Mehlreport und das Agrarspecial an die Kunden und Vertragspartner der Mühlen in den vor- und nachgelagerten Stufen übermittelt, sowie Fachberichte für die Gesundheits- und Ärztepublikationen. Die GMF hat soeben eine neue CD „Mahlen in Zahlen“ mit interessanten Grafiken und Diagrammen für die Medien, als Unterrichtsmaterial und für Vorführungen eignet und die PR-Arbeit der Mühlenbetriebe unterstützt. Es ist z. B. Mühle im Querschnitt als interaktive Schautafel zu sehen, die umfassend über die technischen Prozesse veranschaulicht. Die Mühlen haben sich auf die Herausforderungen der zukünftigen PR-Arbeit eingestellt. Mit einem Bruchteil der bislang für die CMA abgeführten Absatzfondsabgabe hat der VDM für die Mühlen-PR Wichtiges angestoßen.
Dr. Michael Lendle, AFC Risk and Crisis Consulting, gab einen Überblick über das Krisenmanagement nach best practice - ein zusätzliches Angebot des VDM an seine Mitglieder, welches äußerst attraktiv und günstig ist und z. B. die Nutzungsmöglichkeit einer 24-Stunden-Hotline an 365 Tagen im Jahr beinhaltet. Er stellte insbesondere die Möglichkeiten der Vorbeugung und der Vorbereitung auf mögliche Krisen anschaulich dar und zeigte an Beispielen, mit welchen Mitteln und Sprachregelungen Mitarbeiter der Mühlen mit der Presse in solchen Krisenfällen umgehen sollten und welche Fehler es dabei zu vermeiden gilt. Nicht unbeachtet bleiben kann der Aufbau der Aufsichtsbehörden: Durch die Übertragung auf die Kreisveterinärämter stellen die Zuständigkeiten, aber auch die Vorgehensweisen der zuständigen Lebensmittekontrolleure einen wahren Flickenteppich dar. Einige Fälle der jüngsten Vergangenheit zeigen zudem eindrucksvoll, dass Mühlenbetriebe völlig unverschuldet von einer Krise betroffen sein können. Deswegen empfiehlt es sich eine frühzeitige Beschäftigung mit möglichen Szenarien, wofür die AFC auch eine Vielzahl von Schulungen anbietet, die zusätzlich zu dem bestehenden Verbandsangebot gesondert in Anspruch genommen werden können. Besonnene Reaktionen helfen oft, den Schaden zu reduzieren.
Die sicherheitstechnischen Kenngrößen zum Explosionsschutz in Mühlen waren das Thema von Dr. Markus Wenzel von der Berufsgenossenschaft Gaststätten und Nahrungsmittel in Mannheim. Mit einem Film erläuterte er den Einfluss der Kenngrößen auf die Explosionsfähigkeit von Getreide- und Mehlstäuben - und wie die Mühlenbetriebe hier vorbeugend tätig werden können. Mit Hilfe der sicherheitstechnischen Kenngrößen lassen sich die Stäube hinsichtlich ihres Verhaltens bei Explosionen und Bränden charakterisieren. Die Erkenntnisse der Berufsgenossenschaft beruhen hierbei auf konkreten Brennprüfungen verschiedener Stäube. Hierbei zeigte sich, dass der Weizenabriebstaub als problematischer einzustufen ist, da er länger in der Luft verbleibt und damit eine höhere, auf eine größere Gefährlichkeit schließende Brennzahl als Hafer und schließlich Weizen- und Roggenmehl verschiedener Typen aufweist. Weitere Versuche beziehen sich auf die Glimmtemperatur von Stäuben. Aus diesen Daten lässt sich die Mindestzündenergie berechnen und entsprechende Schlüsse auf das Verhalten gegenüber Stäuben ziehen. Durch den Ausschluss entsprechender Zündstellen in den Betrieben ist Unfällen vorzubeugen. Hierbei hilft die BGN mit Beratung und Publikationen weiter.
Auf die „Moderne Analytikleistung, Ergebnisbewertung und Missbrauchsgefahren“ ging Dr. Hasan Taschan, Landesbetrieb Hessisches Landeslabor, ein. Hierdurch wurde deutlich, zu welchen Leistungen mittlerweile die moderne Analytik fähig ist und auch, wie die Medien dieses Thema zum Teil höchst einseitig angehen. Er erläuterte die ganz grundlegenden Definitionen und Einsatzmöglichkeiten der Analyse im Lebensmittelbereich mit den Begriffen Nachweisgrenze, Bestimmungsgrenze, Standardabweichung, Wiederholbarkeit und Vergleichbarkeit. Zugleich bedauerte er, dass die Analytik allzu häufig von den Medien marktschreierisch und sensationsgierig missbraucht wird. Hierdurch erscheinen die Gefahren in der Lebensmittelwirtschaft unverhältnismäßig groß. Dies betrifft beispielsweise Stoffe, die bereits in der Natur in einer gewissen Menge vorkommen. Durch die modernen Analysemethoden sind auch geringste Mengen festzustellen. Ein weiteres tut die Darstellung in den Medien: Es ist real keinerlei Unterschied, ob 9 µg/kg oder eben 0,000009 g/kg einer Substanz nachgewiesen werden, es wirkt nur anders durch die Bezugseinheit. Die Lebensmittelanalytik sollte aufgrund ihrer sehr großen Rolle für alle Beteiligten zur Lebensmittelsicherheit, aber auch zur Redlichkeit und Lauterkeit beitragen und nicht zur Verunsicherung der Hersteller, Händler und Verbraucher.
Dr. Lutz Popper, Mühlenchemie, hielt einen Vortrag über die Auswirkungen der Mehlbehandlung auf die Teigrheologie. Er gab einen profunden Überblick von den Analysemethoden für Mehl bis zu den großen Wirkungen, die durch spezielle Behandlungen der Mahlprodukte beispielweise auf die Viskosität der Teigeigenschaft erzielt werden können. Hierbei ging er auf die unterschiedlichen zur Verfügung stehenden Mehlbehandlungsmittel ein und erläuterte die Historie dieses Branchenfeldes. Zahlreiche einzelne Untersuchungsergebnisse zu den unterschiedlichen Behandlungsmitteln und Enzymen, zum Beispiel dem Einfluss der Amylase auf die Fallzahl, rundeten den Vortrag ab.
Ludwig Höchstetter von der BayWa AG gab seine Prognosen zum „Getreidemarkt - Gegenwart und Zukunft“ unter Berücksichtigung der verschiedenen Bedingungen ab, zu denen neben den Erntebilanzen die Nachfrageentwicklung, die Ernährungsgewohnheiten und die Rohstoffverwendungen in der Zukunft gehören - neben der Börsenentwicklung und den politischen weiteren Rahmenbedingungen. Besonderes Augenmerk legte er auf den Faktor Wasser für Leben und Landwirtschaft, aber auch für die zukünftigen Erntemengen: Der Zugang zu sauberem Wasser wird in Zukunft ein strategischer Faktor für wirtschaftliches Wachstum sein, wenn man bedenkt, dass mit ca. 40 % wesentliche Teile der globalen Getreideproduktion bereits heute eine künstliche Bewässerung erfordern. Mittelfristig wird das Thema Wasser die Debatte um den Klimawandel noch übertreffen. Analysen zu den Erzeugerpreisen für Brotweizen in Deutschland seit 1980 schlossen sich an: Diese veranschaulichen, dass die Preisausschläge 2007/08 nicht über das Niveau gingen, welches die Erzeugerpreise vor 1987/88 erreichten. Eine deutliche Preisreduktion erfolgte nach der Agrarreform 1983. Das Angebot an Weizen übersteigt derzeit den Verbrauch deutlich. EU-weit sind alle benötigten Qualitäten ausreichend vorhanden. Das Marktumfeld bietet im 1. Halbjahr 2010 damit kaum Anlass für höhere Preise; allerdings sind marktfremde Einflüsse wie Rohöl, US-Dollar und spekulatives Kapital schwer einzuschätzen, abgesehen von der zukünftigen Entwicklung des Klimas. Einen weiteren Schwerpunkt nahmen die Frage der Absicherung von Preisrisiken sowie die Chancen durch den Vertragsanbau ein, für den Vertrauen, Vertragstreue und ein leistungsfähiger Vermarktungspartner die Voraussetzungen sind.
In seinem Vortrag „Der Backwarenmarkt - Gegenwart und Zukunft“ stellte Dr. Detlev Weiler von der K & U Schwarzwaldbrot GmbH, Neuenburg, prognostizierte die Strukturentwicklungen am Backwarenmarkt. Zu einem zugespitzten Diskussionsbeitrag erläuterte er anhand von Zahlen die fast zwangsläufigen Konsolidierungsentwicklungen auf der der Müllerei nachgelagerten Stufe. Eingehend veranschaulichte er den Trend zur Diversifikation in den Bereichen Handwerk, Filialbäckereien und Industrie. Der Markt unterliegt einem gehörigen Druck durch Überkapazitäten, der steigenden Qualität industrieller Produkte, hohen Lohnstückkostendifferenzen zur Industrie, verlängerte Ladenöffnungszeiten ohne adäquaten Umsatz, und nicht zuletzt durch die Backautomaten in den Aldi-Läden. Dies alles erfordert eine Spezialisierung in den einzelnen Betrieben, sowie eine Konsolidierung und Rationalisierung der Produktion. Auch Fusionen werden zunehmen. Zudem findet eine Konzentrierung von den kleinen Handwerksbäckern hin zu Filialen und der Industrie statt, mit einer einhergehenden weiteren Konzentration im Lebensmitteleinzelhandel. Folglich nimmt auch die Einkaufsmacht der BÄKO’s im Gleichklang mit den sinkenden Umsätzen der kleineren Bäckereien ab. Zugleich wies er auf die Gefahren der zunehmend transparenten Kalkulationen hin. Eine Folge dieser Entwicklungen könnte sein, dass in den regionalen Märkten die unterschiedlichen Marktteilnehmer feste Aufgabenbereiche erfüllen - günstig, Spezialitäten, sortenrein, Export usw.
Staatssekretär Mark Weinmeister vom Hessischen Ministerium für Umwelt, Energie, Landwirtschaft und Verbraucherschutz erläuterte die Bedeutung der Regionalität aus Sicht der Verbraucher. Das Bundesland hat ein regionales Siegel „Gutes aus Hessen“ geschaffen, um Betrieben die Möglichkeit der Nutzung eines Alleinstellungsmerkmales zu geben. Möglichst viele Betriebe sollen dieses Siegel in Zukunft führen. Das Siegel wird bereits von Mühlen genutzt. Der Staatssekretär versäumte nicht, die Mühlen ausdrücklich für ihre Leistungen bei der Lebensmittelqualität und -sicherheit zu loben, was auch an den Statistiken der Lebensmittelüberwachung abzulesen ist. Die Bedeutung der Regionalität zeigt sich in Umfragen, die belegen, dass der Verbraucher beispielsweise die Bioprodukte zwar grundsätzlich gut, aber eben noch besser findet, wenn sie aus der eigenen Region stammen. Insoweit bedeutet Regionalität auch einen Zukunftsmarkt. Er betonte in diesem Zusammenhang die Wichtigkeit der Mühlen als Zulieferer aus der Region. Darin liegt eine große Chance angesichts des Umstandes, dass ansonsten die Konsumenten häufig alleine über den Preis ihre Kaufentscheidung treffen. In der nachfolgenden Diskussion bot der Staatssekretär auch ganz konkret seine Hilfe für die Mühlenbetriebe bei der Beratung hinsichtlich des Regionalsiegels an.
Die sich den Vorträgen anschließenden Diskussionen zeigten, wie gut die Tagung bei den Teilnehmern ankam. Zudem boten der traditionelle Müllerstammtisch am Vorabend und eine Reihe von VDM-Gremien den Müllern, Ausstellern und Referenten wie immer die Gelegenheit, ihre Ansichten zu Fachfragen auszutauschen. So konnte die Tagung wiederum ein vielfältiges Wissen vermitteln und positive Anregungen für den müllerischen Berufsalltag geben - und nicht zuletzt Vorfreude auf die nächste VDM-Mühlenfachtagung erzeugen, die wieder in der Woche nach Karneval in Fulda stattfinden wird. (vdm)