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01.03.2011 | 16:28 | Schaulaufen für die Regierungsbank 

Comeback eines Wahlkampfschlagers - Rot-Grün will mit Atom punkten

Berlin - Der gesellschaftliche Konflikt um die Atomkraft flammt wieder auf.

Atomkraftwerk
Rot-Grün will in Karlsruhe das schwarz-gelbe Laufzeitplus juristisch zu Fall bringen - und mit breitem Protest bei den anstehenden Landtagswahlen gut aussehen.

Es wirkte wie ein Schaulaufen für die Regierungsbank: Bei Rührei und Brötchen stellten Frank-Walter Steinmeier und Jürgen Trittin am Montagmorgen den juristischen Kampf gegen die schwarz-gelbe Renaissance der Atomkraft vor.

«Hier sitzen zwei, die ein bißchen Erfahrung mit Laufzeiten und Befriedung von Großkonflikten haben», sagte SPD-Fraktionschef Steinmeier, der vor über zehn Jahren als Schröders Kanzleramtsmanager federführend am rot-grünen Atomausstieg beteiligt war.

Auf die Frage, ob hier die Spitze eines neuen farbenfrohen Bündnisses agiere, antwortete der Sozialdemokrat gut gelaunt: «Ich habe nichts dagegen, wenn das als politisches Signal verstanden wird.» Sein grüner Amtskollege Trittin schloss sich an. «Wir wollen zeigen, dass man in diesem Land anders Politik machen kann als die derzeitige Mehrheit.»

Zur rot-grünen Anti-Atom-Offensive gehörte, dass gleichzeitig, um 08.45 Uhr, die 72 Seiten lange Klageschrift von fünf SPD-Ländern an das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe ging. Sie wollen nicht hinnehmen, dass die Regierung den Bundesrat in der Atomfrage umging, obwohl die Länder doch für die Aufsicht über die 17 Meiler zuständig sind. Auch geht es um weitreichende Sicherheitsfragen beim Betrieb der Kernkraftwerke und die Frage, ob das Grundrecht auf Leib und Leben aus Artikel 2 von den schwarz-gelben Atombeschlüssen berührt ist.

Über die knifflige Frage der Zustimmungspflicht des Bundesrates haben sich in den vergangenen Monaten unzählige Verfassungsjuristen den Kopf zerbrochen - mit ganz unterschiedlichen Schlussfolgerungen. Nun werden die obersten Richter des Landes das letzte Wort haben.

Einer der Gutachter von SPD und Grünen nannte es besonders spannend, welcher Senat in Karlsruhe sich mit den insgesamt drei Verfahren - den Klagen der fünf Länder und der Opposition im Bundestag sowie eine Greenpeace-Beschwerde - befassen werde. Auch eine Aufteilung auf beide Senate sei denkbar.

Die frühere SPD-Justizministerin Brigitte Zypries rechnet mit einer Verfahrensdauer von zwei bis drei Jahren. Damit wäre offen, ob Karlsruhe noch vor der nächsten Bundestagswahl im Herbst 2013 für Klarheit sorgt.

Bis dahin wollen SPD und Grüne die in der Bevölkerung weit verbreitete atomkritische Stimmung vor allem bei der Schlüsselwahl in Baden-Württemberg nutzen. Im Ländle sitzt der Atomkonzern EnBW, bei dem sich die schwarz-gelbe Landesregierung von Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU) kürzlich mit Milliarden eingekauft hat.

Am 12. März will die Anti-AKW-Bewegung den Druck erhöhen. Bundesweit sind schon 70 Busse gebucht, dazu drei Sonderzüge. Zwei Wochen vor der Landtagswahl sollen zehntausende Demonstranten eine Menschenkette bilden - symbolträchtig von Mappus Stuttgarter Regierungssitz in der Villa Reitzenstein bis zum zweitältesten deutschen Atomkraftwerk Neckarwestheim bei Heilbronn.

«Eine neue Landesregierung muss den Atomausstieg selbst in die Hand nehmen - und die baden-württembergischen Meiler in Neckarwestheim und Philippsburg abschalten», lautet der Aufruf der Atomgegner.

Die Deutsche Umwelthilfe wirft der Mappus-Regierung eine Energiepolitik der rhetorischen Vernebelung vor. «Je näher der Wahltermin rückt, umso grüner gibt man sich», sagte Geschäftsführer Rainer Baake. Die Landesregierung versuche, den Menschen einzureden, längere Atomlaufzeiten und der Ausbau der erneuerbaren Energien seien kein Widerspruch. (dpa)
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