Zum Atomausstieg gehört aber auch, dass Deutschland ein Endlager für hoch radioaktiven Abfall finden muss. Damit die Anwohner nicht auf die Barrikaden gehen, soll ein Nationales Begleitgremium sicherstellen, dass sie sich ausreichend beteiligt fühlen. Im dpa-Interview erklärt Ex-Umweltminister Klaus Töpfer, warum er dabei sein will.
Frage:
Sie haben sich bereiterklärt, den Vorsitz des sogenannten Nationalen Begleitgremiums zu übernehmen - mit 78 Jahren. Warum?Antwort: Ich sehe darin eine große Chance. Die Geschicke und Missgeschicke der Kernenergie habe ich ja auch über meinen Lebenslauf hinweg mitgestaltet und mitverfolgt. Dann wäre es nicht gut, bei einer solchen neuen Chance zu sagen, das sollen die anderen machen.
Niemand weiß, wie es ausgeht. Am Ende dieses Prozesses bin ich nicht mehr da. Das kann man kritisieren: Für eine so langfristige Sache holen sie den Ältesten, den sie gerade finden konnten.
Frage:
Warum ist ein Nationales Begleitgremium notwendig?Antwort: In einer postfaktischen Gesellschaft darf man noch weniger Lösungen einfach vorgeben. Wir dürfen die Zivilgesellschaft nicht erst einbinden, wenn Akzeptanz geschaffen werden muss, sondern müssen die breite Öffentlichkeit in die Entwicklung der Lösung einbinden. Dieses Begleitgremium ist ein Beispiel dafür, was man machen kann. Wie man der Bevölkerung glaubwürdig zeigt: Ihr seid jetzt nicht mehr Objekt, ihr seid Subjekt in diesem Prozess.
Frage:
Wie passiert das in nächster Zeit konkret?Antwort: Weil der Zeitplan so eng ist, ist die Beteiligung der Öffentlichkeit nicht ganz optimal, um es ganz vorsichtig zu sagen. Es gibt zum Beispiel kein Anhörverfahren für die Verbände durch das zuständige Bundesumweltministerium. Da das Gesetz von den Fraktionen vorgelegt wird, machen nur die Fraktionen ein Anhörverfahren. Wir werden am 11. Februar ein Bürger-Hearing zu diesem
Gesetzentwurf veranstalten, um ihn so früh wie irgend möglich öffentlich zu diskutieren. Und so unabhängig, wie es sich gehört.
Frage:
2017 ist Bundestagswahl, die Parteien schalten schon in den Wahlkampfmodus. Ist das ein Problem für die Endlager-Suche?Antwort: Dass man so weit gekommen ist, zeigt ja, dass es ein gemeinsames Interesse gibt. Egal, wer nach der nächsten Wahl regiert: Jede Regierung wird sich mit der Frage befassen müssen, was wir mit diesen Abfällen machen. Der Wahlkampf kann ja nicht die hoch radioaktiven Abfallstoffe verschwinden lassen. Also hat eine Allparteien-Koalition gesagt, wir machen ein Gesetz, so dass die Grundvoraussetzung, dass keiner sich hinterher wieder drücken kann, schon mal gegeben ist. Nicht wie beim Atomausstieg, den anfangs nur Rot-Grün wollte. Deswegen haben wir alle Seiten einbezogen.
Zur Person: Klaus Töpfer (78, CDU) war von 1987 bis 1994 Bundesumweltminister und anschließend Bundesbauminister. Von 1998 bis 2006 leitete er das Umweltprogramm der Vereinten Nationen (UNEP). Er setzt sich für die Energiewende ein und ist seit Dezember Vorsitzender des Nationalen Begleitgremiums für die Endlager-Suche.