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26.08.2010 | 18:00 | Fragen & Antworten  

Heiße Phase für Energiekonzept

Berlin - Es könnte ein arbeitsreiches Wochenende für Umweltminister Norbert Röttgen (CDU) und Wirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) werden - womöglich mit Nachtschichten für die Experten beider Häuser.

Heiße Phase für Energiekonzept
Sie werden Gutachten über den künftigen Energiemix studieren, die an diesem Freitag auf dem Tisch liegen sollen. Bisher scheint nur sicher: Atomkraftwerke bleiben länger am Netz.


Was ist das Ziel der sogenannten Energieszenarien?

Die Modelle sollen den künftigen Energiemix durchrechnen. Dabei stehen die Auswirkungen längerer Atom-Laufzeiten auf die Strompreise, den Ausstoß an klimaschädlichen Treibhausgasen und die Einfuhr von Energie aus dem Ausland im Vordergrund. Die vier Modelle des Energiewissenschaftlichen Instituts der Universität Köln (EWI) und der Prognos AG sind eine Grundlage für das Energiekonzept. Das EWI hat allerdings von den Energiekonzernen Eon und RWE fünf Jahre lang je vier Millionen Euro bekommen - als Grundsatzförderung ohne Zweck.


Wie ist der Zeitplan für das Energiekonzept?

Ursprünglich sollten bereits vor der Sommerpause Eckpunkte vorliegen. Nun bekommen Röttgen und Brüderle an diesem Freitag erst einmal die Gutachten. Am Montag könnte eine erste Bewertung folgen. In den nächsten Wochen müssen sich Umwelt- und Wirtschaftsressort auf eine gemeinsame Linie verständigen, was angesichts von Differenzen - etwa bei der Laufzeitverlängerung, dem Anteil von Kohlestrom und den Kosten für mehr Sicherheit - eine große Herausforderung ist. Die anderen Ressorts sollen später eingebunden werden. Am 28. September will das Kabinett dann über das Energiekonzept entscheiden. Schon am 1. September berät das Kabinett über die Brennelementesteuer. Sie soll jährlich 2,3 Milliarden Euro für den Bundesetat bringen.


Wie lange sollen sie denn nun laufen, die Atomkraftwerke?

Das ist völlig offen. Brüderle und zahlreiche Unionspolitiker wie CDU/CSU-Fraktionschef Volker Kauder wollen, dass die Atommeiler mindestens 15 Jahre länger laufen als im rot-grünen Atomausstieg festgelegt. Das wäre etwa bis zum Jahr 2040. Röttgen hält «moderat» längere Laufzeiten - etwa acht Jahre - für sinnvoll. Bleiben die Kraftwerke länger am Netz, kassieren die Betreiber erhebliche Zusatzgewinne. Für die Laufzeit-Entscheidung ist auch wichtig, ob der Bundesrat beteiligt werden muss, in dem es keine Mehrheit dafür gibt. Innen- und Justizressort gehen davon aus, dass eine Umgehung der Länderkammer nur bei einer moderaten Verlängerung der Laufzeiten machbar sein wird.


Was ist von den Modellrechnungen zu erwarten?

Die beiden Institute EWI und Prognos legen vier Modelle vor: eine Laufzeitverlängerung von 4, 12, 20 und 28 Jahren. In die Szenarien fließen zum Beispiel Annahmen über den Ausbau der Öko-Energien und über den Umfang des Energiesparens ein. Allerdings sind die Ziele für den Anteil der erneuerbaren Energien am Strom bei zwei Modellen in einem Zwischenbericht niedriger gewesen als der Aktionsplan der Regierung für Öko-Energien vorsieht. Umstritten ist auch, dass es neben den vier Modellen noch ein Basisszenario ohne Laufzeitverlängerung gibt. Es ist allerdings schwer vergleichbar, weil weniger Klimaschutzmaßnahmen angenommen wurden.


Wie groß ist der Einfluss der Energiekonzerne?

Nach einer Anzeigenkampagne von Managern gegen die geplante Atomsteuer und für deutlich längere Laufzeiten hat sich Kanzlerin Angela Merkel (CDU) Druck der Atomwirtschaft verbeten. Die Energiekonzerne Eon, RWE, EnBW und Vattenfall haben zwar angeboten, dass sie die Hälfte der Zusatzgewinne bei längeren Atom-Laufzeiten für einen Fonds verwenden. Ihnen wäre aber eine festgeschriebene Summe am liebsten. Die Atomindustrie favorisiert einen Vertrag. Das hat zuletzt Röttgen klar abgelehnt. Die Regierung will den Eindruck vermeiden, dass mächtige Unternehmen ihre Steuerlast aushandeln. (dpa)
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