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28.02.2022 | 15:18 | Luftqualität 

Luft in Indien mit Strohballen reinigen?

Neu Delhi / Leipzig - In der indischen Hauptstadt Neu Delhi ist das Atmen im Winter oft unangenehm. Die Luftverschmutzung kann man dann riechen, fühlen, sehen.

Strohballen
Ein Leipziger Unternehmen glaubt, einen guten Lösungsansatz gegen die stinkige Luft in Indiens Hauptstadt Neu Delhi gefunden zu haben. Es soll beim vielen Stroh angesetzt werden, das von Bauern bislang verbrannt wird. (c) proplanta
Menschen klagen an besonders schlimmen Tagen über Kopfschmerzen. Weiße Corona-Masken werden bald gräulich. Eine Leipziger Firma setzt bei einem der Gründe an, weshalb die Luft im Winter besonders schlecht ist. Die ARD hat bereits über die Pläne der Firma berichtet.

Am Winteranfang verbrennen viele Bauern um die Hauptstadt Erntereste auf ihren Feldern - ein rascher und günstiger Prozess, um schnell wieder neu anbauen zu können. Eigentlich ist dies dort zwar verboten.

Doch die Politik geht nicht hart dagegen vor, unter anderem, weil die Bauern eine wichtige Wählergruppe sind und die Schuld zwischen der Zentralregierung und verschiedenen Regionalregierungen hin- und hergeschoben wird.

Seit kurzem holt die Leipziger Firma Verbio Stroh von den Feldern ab. Dabei würden Ballenpressen aus Deutschland eingesetzt, von Traktoren gezogen, sagt Oliver Lüdtke von Verbio, der das Projekt in Indien aufgebaut hat. Die Ballen würden in einer Fermentierungsanlage in Wasser aufgelöst und von Bakterien in drei bis acht Wochen in die Klimagase Methan und CO2 sowie in holzartige Strukturen und Mineralstoffe verwandelt.

Die gleichen Bakterien gebe es auch in Rindermägen, wo ebenfalls dieser Prozess ablaufe. Das Methan werde dann als komprimierter Biogas-Treibstoff (CBG) an indischen Tankstellen verkauft, weil es mit Blick auf die chemische Struktur identisch mit komprimiertem Erdgas CNG sei.

Das höchste Gericht Indiens hatte angesichts des starken Smogs in der Hauptstadt vor mehreren Jahren angeordnet, dass alle Busse des öffentlichen Verkehrs und Autorikschas in Neu Delhi mit CNG fahren müssen. Die Richter befanden CNG als besser für die Luft als Benzin oder Diesel. Auch fahren etliche Privatautos in der Hauptstadt mit CNG.

Lüdtke spricht von einer Win-Win-Situation: Weniger Bauern verbrannten Stroh, was der Luft zugutekomme, und sie sparten die Kosten für die Verbrennung ein. Außerdem müsse die Regierung weniger Erdgas als Treibstoff für Tankstellen importieren und die Wertschöpfung passiere im Land selbst.

Jan Seven vom Umweltbundesamt, der sich mit erneuerbaren Energien beschäftigt, schätzt den Vorteil für die Luft, sieht allerdings auch Probleme: Wenn Erntereste lediglich von den Feldern entfernt würden, bestehe die Gefahr einer Verarmung der Böden.

Eine hohe Bedeutung habe daher eine gesicherte Rückführung organischen Materials aus den Biogasanlagen auf die Felder. Lüdtke hat dazu eine Lösung: Er möchte den Bauern die feste Restmasse, die nach der Fermentierung in seiner Anlage zurückbleibt, als Dünger verkaufen.

Seven vom Umweltbundesamt sagt zudem, dass bei der Herstellung oder beim Transport des CBGs zur Tankstelle Methan entweichen könne, das ein weit stärkeres Klimagas als CO2 ist. Hier seien ein hoher technischer Standard sowie eine gute Betriebsführung zwingend, um eine deutlich positive Klimabilanz zu erhalten.

Verbio hat solche Anlagen auch in Deutschland - teils von der EU gefördert - und in den USA. In Indien hat das Unternehmen bislang eine Anlage.
dpa/sn
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