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19.03.2009 | 05:49 | Lebensmittelüberwachung 

Bio-Milch - neues Verfahren unterstützt Echtheitsprüfung

Karlsruhe - Die Zusammensetzung von Milch wird erheblich durch das auf­genommene Futter bestimmt. Aufgrund des wechselnden Futterangebots spielen dabei auch jahreszeitliche Schwankungen eine wichtige Rolle.

Echtheitsprüfung von Biomilch
(c) proplanta
Der wissenschaftliche Ansatz war deshalb darauf ausgelegt, charakteristi­sche Merkmale von Bio-Milch ausfindig zu machen, die sich aus der besonderen Fütterung von Bio-Kühen ergeben und auch über einen längeren Zeitraum möglichst saisonal unabhängig eine Abgrenzung von konventionell erzeugter Milch gewährleisten. Im Rahmen der durchgeführten Forschungsarbeiten wurden die gaschromatographische Analyse der Fettsäurenzusam­men­setzung sowie die massenspektrometrische Bestimmung des Stabilisotopen-Verhältnisses von Kohlen­stoff (δ13C) und Stickstoff (δ15N) eingesetzt.

Die Analyse stabiler Isotope beruht darauf, dass jedes der in Biomasse hauptsächlich vorkommenden chemischen Elemente jeweils aus unterschiedlich schweren Atomen - den Isotopen - besteht, die sich nur durch die Anzahl der im Kern enthaltenen Neutronen unterscheiden. Da stabile Isotope nicht radioaktiv zerfallen, wird ihre relative Häufigkeit in der Natur im wesentlichen durch physikalische oder biochemische Prozesse beeinflusst. So können Futterkompo­nenten in Form der Stabilisotopen-Verhältnisse unterschiedliche Fingerabdrücke ihrer Herkunft enthalten, die sich dann anteilig in der Milch widerspiegeln.

Während einer 18-monatigen Probenahme wurden rund 250 ökologisch und konventionell erzeugte Vollmilchproben aus dem Einzelhandel untersucht. Es konnte gezeigt werden, dass eine extensivere Haltung mit einem hohen Anteil an Weidefutter einschließlich Heu und Grassilage und geringerem Einsatz von Kraftfutter, wie sie für den ökologischen Landbau typisch ist, zu einem charakteristisch erhöhten Gehalt der Omega-3-Fettsäure a‑Linolensäure im Fett von Bio-Milch führt. Ein hoher Maisanteil im Futter, wie er vor allem in der leistungs­orientierten kon­ventionellen Milcherzeugung vorkommt, spiegelt sich dagegen in einem ganzjährig höheren δ13C-Wert des Milchfettes wider, da Mais als sogenannte C4-Pflanze mehr schweren Kohlenstoff enthält als C3-Pflanzen wie etwa Gras oder Klee.

Trotz der produktabhängigen und jahreszeitlichen Schwankungen der Milchfettzusammen­setzung konnten ganzjährig gültige Schwellenwerte für die Identifizierung von Bio-Milch defi­niert werden. Danach sollte Bio-Milchfett mindestens 0,50 Prozent a-Linolensäure enthalten und einen δ13C-Wert von maximal ‑26,5 Promille aufweisen. Höhere Gehalte an a-Linolensäure können bei extensiverer, Grünland basierter Fütterung im Sommer gelegentlich auch bei konventioneller Milch vor­kommen. Der δ13C-Schwellenwert wurde in der Studie jedoch nur von einer konventionellen Probe unterschritten. In Milcherzeugergebieten, in denen Mais als Futterpflanze keine Rolle spielt, wären für konventionelle Milch allerdings regelmäßig niedrigere Werte zu erwarten. Eine Überprüfung und Anpassung der Schwellenwerte muss in der Praxis der Lebensmittel­kontrolle erfolgen.

Die ermittelten Kenngrößen erlauben zwar keine 100-prozentige Unterscheidung zwischen Bio-Milch und konventioneller Milch, sie können aber insbesondere durch Kombination der zwei unabhängigen Parameter ein Großteil konventionell erzeugter Milch abgrenzen. Eine verbesserte Unterscheidung ist bei Kenntnis des Produktionsdatums möglich, da jahreszeitliche Schwankun­gen zu parallel verschobenen Veränderungen in beiden Milchsorten führen. Die vorgeschlagenen Schwellenwerte gelten für in Deutschland erzeugte Sammelmilch, denn Milch einzelner Höfe unterliegt teilweise stärkeren kurzfristigen Schwankungen. Aufgrund der beschriebenen Grenzen erlaubt das Verfahren allein noch keine gerichtsfesten Aussagen, liefert aber im begründeten Verdachtsfall wertvolle ergänzende Indizien. Die Übertragbarkeit des Verfahrens auf verarbeitete Milchprodukte wird noch untersucht, da hier neben technologischen Einflüssen auch auslän­dische Rohstoffquellen zu berücksichtigen sind. (mri)
 
Die Orginalarbeit ist publiziert in
Journal of Agricultural and Food Chemistry 57 (2009) 785-790
(nur Abstract frei zugänglich)
 
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