Vorsprung durch Wissen
Das Informationszentrum für die Landwirtschaft
05.07.2017 | 06:00 | Erbbaurechtsgesetz 

Erbbaurecht als Alternative zum Grundstückskauf?

Karlsruhe - Zur Förderung des Wohnungsbaus und zur Bekämpfung von Bodenspekulationen hat der Gesetzgeber das Erbbaurechtsgesetz (ErbbauRG) erlassen, mit der Intention, auch wirtschaftlich schwächeren Menschen bzw. Familien, den Erwerb eines Hauses zu ermöglichen, wobei der Kaufpreis für das Grundstück eingespart werden kann.

Erbbaurecht Grundstückskauf
(c) proplanta
Dabei stellt sich für den Erwerber eines Eigenheims aber die Frage, ob dies auch in der derzeitigen Niedrigzinsphase Sinn macht.

Was ist ein Erbbaurecht?

Das Erbbaurecht, fälschlicherweise auch als "Erbpacht" bezeichnet, entsteht durch einen notariell zu beurkunden Vertrag zwischen dem Grundstückseigentümer und dem Erbbauberechtigten des Inhalts, dass der Berechtigte das Recht hat, auf einem Grundstück oder Teil eines Grundstücks ein Gebäude zu haben oder zu errichten. Das Bauwerk steht hier im Gegensatz zu den allgemeinen Vorschriften des BGB (§ 94 BGB) nicht im Eigentum des Eigentümers sondern wird Eigentum des Erbbauberechtigten. In der Regel errichtet der Erbbauberechtigte das Bauwerk; ein Erbbaurecht kann aber auch an einem bereits bestehenden Gebäude bestellt werden.

Das Erbbaurecht kann veräußert, vererbt und auch mit Grundpfandrechten (Hypothek oder Grundschuld) belastet werden. Letzteres ist bei einer Finanzierung des Bauwerkes z.B. durch ein Bankdarlehen von enormer Bedeutung.

Im Erbbaurechtsvertrag wird in der Regel auch ein wechselseitiges Vorkaufsrecht vereinbart, d.h., dass sowohl der Grundstückseigentümer im Fall des Verkaufs des Erbbaurechts als auch der Erbbauberechtigte im Fall des Verkaufs des Grundstücks das jeweilige Eigentum vorrangig erwerben kann.

Die Laufzeit des Erbbaurechts ist frei verhandelbar und beträgt in der Regel 75 bis max. 99 Jahre Durch den Zeitablauf erlischt das Erbbaurecht, sofern nicht im Vertrag die Möglichkeit eine Fortsetzung bzw. Verlängerung des Erbrechts vereinbart wurde.

Mit Erlöschen des Erbbaurechts wird der Grundstückseigentümer Eigentümer des Bauwerks. Der Erbbauberechtigte ist jedoch zu entschädigen, in der Regel mit zwei Drittel des Verkehrswerts.

Wer ist Ausgeber des Erbbaurechts?

Ein Erbbaurecht kann von jedem Grundstückseigentümer ausgegeben werden. In der Praxis werden Erbbaurechte jedoch meist von Gemeinden, der Kirche oder Stiftungen bestellt, zumal den beiden letztgenannten Körperschaften oft der Verkauf ihrer Grundstücke untersagt ist.

Was ist der Erbbauzins?

Als Entgelt für die Bestellung des Erbbaurechts leistet der Erbbauberechtigte an den Grundstückseigentümer wiederkehrende Geldzahlungen, den so genannten Erbbauzins(§ 9 ErbbauRG), im Volksmund auch „Erbpacht“ genannt.

Der jährlich zu entrichtende Erbbauzins ist vom Erbbauberechtigten über die gesamte Laufzeit des Erbbaurechts zu bezahlen; er beträgt in der Regel 4-5 % des Grundstückswertes und kann bei einer Änderung der allgemeinen wirtschaftlichen Verhältnisse angepasst werden(§ 9a ErbbauRG).

Was sind die Vorteile des Erbbaurechts?

Für den Erbbauberechtigten besteht der große Vorteil darin, dass er das Grundstück nicht finanzieren muss, sondern nur das Eigenkapital für den Hausbau benötigt. In Zeiten horrend hoher Grundstückspreise muss für Erwerb des Grundstücks nicht selten der gleiche Betrag wie für die Errichtung des Gebäudes aufgewendet werden. Der Erwerb eines Erbbaurechts ist für Familien mit geringerem Einkommen daher oft die einzige Chance, in den eigenen „vier Wänden“ zu wohnen.

Darüber hinaus gibt es in vielen Gemeinden - z.B. in Karlsruhe, Baden-Württemberg- Wohnbauförderungsprogramme für Paare und Familien. Die Höhe der Förderung hängt hierbei meist von der Zahl der Kinder und/oder behinderter Personen ab. So kann der Erbbauzins oft um bis zu drei Prozentpunkten auf 1 Prozent ermäßigt werden.

Für den (privaten) Grundstückseigentümer, der nicht selbst bauen möchte, liegt der Vorteil auf der Hand: er erhält gerade in Zeiten niedriger Zinsen eine gute Verzinsung seines Grundstücks; dieses verbleibt dauerhaft in seinem Eigentum.

Fazit: Eine allgemein gültige Antwort auf die Frage, ob die Bestellung eines Erbbaurechts eine Alternative zum Grundstückskauf ist, kann nicht gegeben werden.

Der potentielle Erwerber eines Eigenheims muss sich mit spitzem Bleistift ausrechnen lassen, welche monatliche Belastung an Zins und Tilgung für den Erwerb von Grundstück und die Errichtung des Gebäudes auf ihn zukommen, oder ob die Kosten des Bauwerks und der -ggf. ermäßigte- Erbbauzins eine deutlich geringere Belastung mit sich bringt. Dabei besteht bei dem Erbbaurecht, welches die Gemeinden ausgeben, die Aussicht, nach Tilgung des Hausbaudarlehens dann in einem zweiten Schritt das Grundstück zu erwerben, wobei hier nur wieder allein Zins und Tilgung für das Grundstück ohne Gebäude aufzubringen sind.
Klaus-Peter Rückert
Kommentieren
weitere Artikel

Status:
Name / Pseudonym:
Kommentar:
Bitte Sicherheitsabfrage lösen:


  Kommentierte Artikel

 Kein kräftiger Aufschwung in Sicht - Wirtschaftsweise für Pkw-Maut

 Schutz vor Vogelfraß durch Vergrämung?

 Globale Rekord-Weizenernte erwartet

 Immer mehr Tierarten sorgen in Thüringen für Ärger

 Größere EU-Getreideernte erwartet

 Bedarf an hofeigenen KI-Wetterfröschen wächst rasant

 Was will die CDU in ihrem neuen Programm?

 Frankreichs Staatsrat schränkt Vogeljagd weiter ein

 LED-Lampen in Straßenlaternen sparen massiv Strom ein

 Zahl der Bäckereien weiter rückläufig