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06.01.2011 | 11:02 | Dioxin-Skandal 

Bauern fordern Entschädigung

Berlin - Im Skandal um Dioxin im Futtermittel hat der Deutsche Bauernverband (DBV) seine Forderung nach Entschädigungen bekräftigt.

G. Sonnleitner

Die in den Fall verwickelte Firma Harles und Jentzsch in Schleswig-Holstein wies Berichte um eine Insolvenz zurück. Die Lebensmittelkontrolleure schlugen derweil Forderungen nach einer besseren Überwachung der Branche aus: Es gebe gar nicht genug Kontrolleure, um alle Betriebe der Branche effektiv zu prüfen, hieß es beim Bundesverband.

«Für die Verluste der Bauern, die ihr Geflügel keulen und ihre Eier vernichten müssen, werden die Verursacher des Schadens aufkommen müssen», sagte der Generalsekretär des Bauernverbandes, Helmut Born, der «Berliner Zeitung». «Wir werden uns juristisch an der Mischfutterindustrie schadlos halten.» Nach seiner Einschätzung kann die Sperrung eines Hofs dessen Besitzer «sehr schnell 10.000 oder 20.000 Euro Umsatz» kosten.

Der in den Dioxin-Skandal verwickelte Futtermittelzulieferer Harles und Jentzsch im schleswig-holsteinischen Uetersen wandte sich gegen Berichte, wonach eine Insolvenz unmittelbar bevorstehe. «Es ist nicht so, wir arbeiten weiter», sagte Geschäfstführer Siegfried Sievert der dpa. Futtermittel würden zur Zeit nicht verkauft, aber das Geschäft mit technischen Fettsäuren sichere die Existenz.

Die Firma aus Uetersen hatte die Verunreinigung von Futtermitteln mit Dioxin bei einer Routineuntersuchung festgestellt und gemeldet. Die Staatsanwaltschaft Itzehoe ermittelt inzwischen gegen die Unternehmens-Leitung.

Bei Razzien am Firmensitz in Uetersen und einem Werk im niedersächsischen Bösel hatten die Behörden am Mittwoch zahlreiche Unterlagen beschlagnahmt.

In dem Betrieb in Bösel hat es nach Darstellung des Präsidenten des Niedersächsischen Landesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit, Eberhard Haunhorst, eine «eher kriminelle Machenschaft» gegeben. Der Mischbetrieb, der die dioxin-verseuchten Fette beigemischt und an weiterverarbeitende Betriebe geliefert haben soll, sei illegal betrieben und deshalb nicht kontrolliert worden, sagte Haunhorst am Mittwoch dem NDR Studio Oldenburg. Der Betrieb selbst äußerte sich dazu bisher nicht.    

Von dem Dioxin-Skandal sind mindestens neun Bundesländer betroffen. Bis zu 150.000 Tonnen Futter mit krebserregendem Dioxin sind in Deutschland in Unmengen von Schweinefleisch und Geflügelprodukten gelangt. Auch in die Niederlande kamen nach Erkenntnissen der EU-Kommission möglicherweise 136.000 dioxinverseuchte deutsche Eier. Sie seien aber nicht in den Handel gekommen, sagte der Sprecher von EU-Verbraucherkommissar John Dalli am späten Mittwochabend.

Das ganze Ausmaß des Skandals war weiter unklar. Jedoch wurden Rufe nach besseren Kontrollen der Lebensmittelbranche laut. Die Industrie kann aber nach Angaben des Bundesverbandes der Lebensmittelkontrolleure (BVLK) gar nicht vollständig überprüft werden. Es fehlten in Deutschland bis zu 1500 staatliche Prüfer, um die Branche effektiv zu überwachen, sagte der BVLK-Vorsitzende Martin Müller der «Neuen Osnabrücker Zeitung» vom Donnerstag. Lebensmittelsicherheit sei in Deutschland deshalb eine Mogelpackung.

Bisher seien bundesweit 2.500 Kontrolleure für 1,1 Millionen Betriebe in der Lebensmittelindustrie zuständig. In manchen Regionen stehe nur ein Mitarbeiter für 1.200 Firmen zur Verfügung. Die Folge sei, dass etwa jedes zweite Unternehmen in Deutschland innerhalb eines Jahres überhaupt nicht kontrolliert werde, sagte Müller. Das politische Versprechen, die gesamte Lieferkette für Eier, Getreide, Milch und Fleisch staatlich zu kontrollieren, sei reine Utopie. (dpa)

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