Vorsprung durch Wissen
schließen x
Suchbegriff
Rubrik
 Suchen
Das Informationszentrum für die Landwirtschaft
06.01.2011 | 15:58 | Dioxin-Skandal 

Dioxin-Skandal zieht weitere Kreise

Berlin - Der Schaden im Dioxin-Skandal wird immer größer. Mit Hessen war am Donnerstag das elfte Bundesland betroffen.

Futtermittel
Die Bauern pochen auf eine Entschädigung von der Futtermittelindustrie und fordern einen Fonds. Die Firma, die die Verunreinigung mit Dioxin festgestellt hatte, sieht das eigene Überleben trotz Insolvenz- Gerüchten gesichert.

Bis zu 150.000 Tonnen Futter mit dem krebserregenden Gift hatten in Deutschland Unmengen von Schweinefleisch und Geflügelprodukten verseucht. Woher das Dioxin kommt, ist laut Bundesregierung immer noch unklar.

Im Fokus der Ermittlungen steht der Futtermittelkomponenten-Hersteller Harles und Jentzsch aus Uetersen in Schleswig-Holstein. Bei diesem war die Verunreinigung von Futtermitteln mit Dioxin festgestellt worden, die zur Verunsicherung von Millionen Verbrauchern beim Gang in den Supermarkt geführt hat.

Die Staatsanwaltschaft Itzehoe ermittelt gegen das Unternehmen. Bei Razzien im Firmensitz und bei einem Partnerbetrieb im niedersächsischen Bösel hatten die Behörden am Mittwoch zahlreiche Unterlagen beschlagnahmt. Den Geschäftsführern werden Verstöße gegen das Lebens- und Futtermittel-Gesetzbuch vorgeworfen. Nach Angaben des Niedersächsischen Landesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit wurde der Betrieb in Bösel illegal betrieben und deshalb nicht kontrolliert.

Harles und Jentzsch wies Gerüchte zurück, dass die Firma Insolvenz anmelden würde. «Es ist nicht so. Wir arbeiten weiter», sagte Geschäftsführer Siegfried Sievert der Nachrichtenagentur dpa. Futtermittel würden zur Zeit nicht verkauft, aber das Geschäft mit technischen Fettsäuren sichere die Existenz.

Das niedersächsische Agrarministerium kritisierte die Firma. Für die Entschädigungsforderungen sei «als erster der Verursacher» heranzuziehen - «auch wenn der versucht, sich aus der Affäre zu stehlen», sagte der Sprecher des Ministeriums.

Den Schaden haben vor allem die Bauern, 1.000 Höfe in ganz Deutschland sind gesperrt - deshalb fordert der Branchenverband einen Entschädigungsfonds. «Für die Verluste der Bauern, die ihr Geflügel keulen und ihre Eier vernichten müssen, werden die Verursacher des Schadens aufkommen müssen», sagte der Generalsekretär des Bauernverbandes, Helmut Born, der «Berliner Zeitung». Nach seiner Einschätzung kann die Sperrung eines Hofs den Besitzer «sehr schnell 10.000 oder 20.000 Euro Umsatz» kosten. Bei großen Putenmastbetrieben könnte sich der Schaden am Ende sogar auf bis zu eine Million Euro summieren. Ein Entschädigungsfonds sollte von der Futtermittelbranche gespeist werden, erklärte Born der dpa.

In Osthessen wurde am Donnerstag in einem Mastbetrieb Dioxin-Alarm geschlagen. 320 Ferkeln hatten in Thüringen belastetes Futtermittel gefressen und waren danach nach Hessen geliefert worden. In Baden- Württemberg erklärte das zuständige Ministerium, dass möglicherweise dioxinbelastete Ware ins Land gelangt ist. Es handele sich dabei um Schlachttiere sowie pasteurisiertes Flüssigei. Sie sollen aus niedersächsischen Betrieben stammen, die dioxinbelastete Futtermittel verwendet haben.

Die Verbraucher reagierten verunsichert. So befürchtet der Geflügelwirtschaftsverband in Thüringen zum Beispiel, dass vielen Menschen der Appetit auf Eier und Geflügelfleisch vergeht. «Momentan spüren wir davon noch nichts», sagte der Geschäftsführer des Verbandes, Silvio Schmidt, der dpa. «Aber wir rechnen damit, dass in den kommenden Tagen die Nachfrage zurückgehen wird.»

Das ganze Ausmaß des Skandals war weiter unklar. Jedoch wurden Rufe nach besseren Kontrollen der Lebensmittelbranche laut. Die Industrie kann aber nach Angaben des Bundesverbandes der Lebensmittelkontrolleure (BVLK) gar nicht vollständig überprüft werden. Es fehlten in Deutschland bis zu 1.500 staatliche Prüfer, um die Branche effektiv zu überwachen, sagte der BVLK-Vorsitzende Martin Müller der «Neuen Osnabrücker Zeitung».

Bisher seien bundesweit 2.500 Kontrolleure für 1,1 Millionen Betriebe in der Lebensmittelindustrie zuständig. In manchen Regionen stehe nur ein Mitarbeiter für 1.200 Firmen zur Verfügung. Die Folge sei, dass etwa jedes zweite Unternehmen in Deutschland innerhalb eines Jahres überhaupt nicht kontrolliert werde, sagte Müller.

Um den Dioxin-Skandal ist auch ein Streit zwischen Nordrhein- Westfalen und Niedersachsen entbrannt. Die Niedersachsen hätten das Problem unterschätzt und nur schleppend informiert, meinte NRW- Verbraucherschutzminister Johannes Remmel (Grüne). Hannover wies die Vorwürfe zurück.
zurück
Seite:123
weiter
Kommentieren
weitere Artikel

Status:
Name / Pseudonym:
Kommentar:
Bitte Sicherheitsabfrage lösen:


  Kommentierte Artikel

 Söder setzt sich gegen Verbrenner-Aus ab 2035 ein

 2023 war Jahr der Wetterextreme in Europa

 Wind- und Freiflächen-Solaranlagen: Niedersachsen führt Abgabe ein

 Keine Reduzierung beim Fleischkonsum durch Aufklärung

 Größter Solarpark von Rheinland-Pfalz eröffnet

 Gipfelerklärung der EU setzt auf Lockerungen für Landwirte

 Grundwasser in Bayern wird weniger

 Lindnerbräu - Hoch die Krüge!

 Mutmaßlicher Wolfsangriff - mehrere Schafe in Aurich getötet

 Weniger Schadholz - Holzeinschlag deutlich gesunken