Ab August kann jedermann weltweit im Internet nachlesen, wieviel Zuschüsse ein bayerischer Bauer aus Brüssel erhält. Die Niederlage war vorprogrammiert. Denn in der CSU war intern von Anfang an eingeräumt worden, dass Bayern allein keinerlei Chance hatte, sich gegen Brüssel und Berlin durchzusetzen.
Weil EU-Agrarkommissarin Mariann Fischer-Boel den dicken Knüppel schwang und baldige millionenschwere Strafzahlungen androhte, muss die Staatsregierung klein beigeben. «Es soll kein Cent und kein Euro Strafe an Brüssel gezahlt werden, sagt Agrarminister Helmut
Brunner (CSU). Die siegreiche EU-Kommissarin sitzt daneben und lächelt freundlich.
Brunner muss die Niederlage am Donnerstag verkünden - obwohl nach Angaben aus der CSU nicht er der Hauptarchitekt des Widerstands war, sondern Ministerpräsident Horst Seehofer. Sobald die Daten veröffentlicht seien, werde die EU das Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland «sofort beenden», verspricht Fischer-Boel. Sie lässt keinerlei Zweifel, dass sie ihre Linie beinhart weiter verfochten hätte: «Der Steuerzahler hat ein Recht zu wissen, wer das Geld bekommt.»
Brunner ist in einer schwierigen Lage: Er sieht wie der Verlierer aus, obwohl er den zum Scheitern verurteilten Widerstand gegen Brüssel gar nicht selbst organisiert hat. «Ich fühle mich heute als Sieger und nicht als Verlierer», sagt er tapfer. Der Agrarminister hat in den vergangenen Wochen die notwendige Loyalität zu seinem Chef
Seehofer demonstriert und dessen Linie mitvertreten. Für Seehofer geht es darum, verlorene Unterstützung der Bauern für die CSU zurückzugewinnen. Der designierte SPD-Landesvorsitzende Florian Pronold nennt das christsoziale Schauspiel um die Agrarsubventionen «ein dreistes Stück». Er wirft der CSU vor, vor allem die Interessen der Großbetriebe schützen zu wollen - die auch den Großteil der Subventionen kassieren.
Brunner hat nun ausverhandelt, dass die Bayern zusätzlich zu den nackten Summen auch veröffentlichen dürfen, wofür ein Bauer Geld aus Brüssel bekommt - Weideprämie etc. Damit soll die Neiddiskussion auf dem Land vermieden werden, die der
Bauernverband prophezeit. Doch gegen die Veröffentlichung von Zusatzinformationen hatte Brüssel sowieso nichts einzuwenden, wie Fischer-Boel klar macht. Lediglich Berlin - soll heißen das CSU-geführte Bundesagrarministerium - pochte auf eine bundeseinheitliche Regelung, wie ein Ministerialbeamter erläutert.
Eigentlich hatte die Staatsregierung auf Zeit gespielt und gehofft, Strafzahlungen auf absehbare Zeit vermeiden zu können - weil EU-Vertragsverletzungsverfahren oft jahrelang dauern. Fischer-Boel machte aber einen Strich durch diese Rechnung. Nun hat sich Brunner entschlossen, den unvermeidlichen Schwenk so schnell und schmerzlos wie möglich zu vollziehen. Die Staatsregierung hätte die Veröffentlichung noch zwei, drei Monate über die
Bundestagswahl hinaus verzögern können, sagt er. Doch das habe er nicht gewollt. «Ich bin seit jeher für Geradlinigkeit und Offenheit», sagt Brunner. (dpa)