Der
Bundesrat in Berlin lehnte heute alle Anträge Bayerns zur Einschränkung der Saldierung und zur Anhebung des Faktors zur Umrechnung von Milchvolumen in Gewicht ab. Zugleich stimmte die Länderkammer einer linearen Verteilung der von der EU beschlossenen Anhebung der nationalen
Milchquote um 2% zu. Damit folgte das Plenum in allen Punkten der Empfehlung seines Agrarausschusses.
Flankierendes Konzept gefordert
In einer Entschließung begründete der Bundesrat seine Haltung. Einseitige Mengenbeschränkungen ausschließlich in Deutschland ließen keine nachhaltige Steigerung der
Erzeugerpreise erwarten, sondern verpufften im Binnenmarkt und dem sich öffnenden Weltmarkt, heißt es darin. Einkommensmöglichkeiten und Marktanteile deutscher Milcherzeuger gingen vor allem an innergemeinschaftliche Mitbewerber verloren. Gleichzeitig würden die Quotenkosten für die aktiven Erzeuger steigen. Der Bundesrat bekräftigte seine Forderung an die Europäische Kommission nach einem Gesamtkonzept zur Flankierung des Milchquotenausstiegs 2015 und nach einem eigenständigen, EU-finanzierten Milchfonds.
Appelle verhallen
Bayerns neuer Landwirtschaftsminister Helmut
Brunner hatte vor der Abstimmung noch einmal vergeblich dafür geworben, ein Signal gegen die Überproduktion zu setzen. Nur dann könne Deutschland in den Schlussverhandlungen zum Gesundheitscheck glaubhaft gegen weitere Anhebungen der Milchquote eintreten, sagte Brunner. Auch die neue Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse
Aigner hatte im Vorfeld der Bundesratssitzung an die Länder appelliert, sich ihrer Mitverantwortung für die Lage am
Milchmarkt zu stellen. Das vorhandene Instrumentarium zur Preisstabilisierung sollte genutzt werden. Den Einzelhandel forderte Aigner zu einer verantwortungsbewussten Preisgestaltung auf. Sie bezog sich dabei auf die zu Beginn der Woche von den Discountern losgetretene Preisoffensive für Milchprodukte. Der Deutsche
Bauernverband (
DBV) schaltete das Bundeskartellamt ein. Die Wettbewerbshüter sollen prüfen, ob der Lebensmittelhandel seine identischen Preiskürzungen illegal abgesprochen hat. Der Einzelhandelsverband (HDE) wies den Vorwurf zurück. Es gebe definitiv keine Preisabsprachen. Der Vorwurf eines Preissenkungskartells sei absurd, sagte HDE-Geschäftsführer Stefan Genth.
Rückkehr zur Vernunft
Auch die Ernährungsindustrie ist besorgt über die Preispolitik des Einzelhandels. Die Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie (BVE) kritisierte, die massiven Preissenkungen stünden nicht im richtigen Verhältnis zu den realen Entwicklungen im Lebensmittelmarkt. Die auf breiter Front eingeläutete Kürzungsrunde gehe über die durch Rohstoff-Preissenkungen eröffneten Spielräume hinaus. Die BVE sieht daher die Unternehmen der Ernährungsindustrie in ihrer Existenz gefährdet. Der Verband forderte die Entscheidungsträger im Handel auf, zu einem "vernünftigen Wettbewerbsverhalten" zurückzukehren. (aiz)