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15.04.2009 | 08:08 | Genmaisverbot  

Genmais muss vom Acker - Aigner verschärft Kurs

Berlin - Ein kleines Gen sorgt für großen Wirbel.

Genmais
(c) proplanta
Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU) hat mit ihrem Genmais-Verbot nicht bloß den Anbau der Sorte MON 810 in Deutschland untersagt, zumindest vorerst. Sie hat auch den jahrelangen Bedenken von Umweltschützern und der zunehmenden Skepsis in Bayern Rechnung getragen und die Weichen neu gestellt. Eine «Gefahr für die Umwelt» schließt Aigner nicht mehr aus. Der Genmais ist ein Reizthema: nicht nur, aber vor allem in Bayern. Die Bedenken werden größer, dass der Anbau mehr Risiken als Chancen haben könnte für Tiere und Pflanzen - und damit auch für die Bauern. «Meine Entscheidung ist entgegen anderslautenden Behauptungen keine politische Entscheidung», sagt Aigner jedoch. «Es ist eine fachliche Entscheidung.»

Es mag Zufall sein, dass die Proteste gegen Genmais in Bayern lauter werden und dass Ministerpräsident Horst Seehofer und sein Umweltminister Markus Söder (beide CSU) für ein gentechnikfreies Bayern eintreten. Die Parteifreundin argumentiert mit wissenschaftlichen Studien: «Jetzt gibt es eben neue Kenntnisse.» Über Ostern brütete sie an ihrer Entscheidung, die sie auf Grundlage der Stellungnahmen mehrerer Bundesbehörden, der Öko- Lebensmittelwirtschaft und der luxemburgischen Regierung traf. Sie sieht auch Marienkäfer, Schmetterlinge und Wasserflöhe bedroht, obwohl ein künstlich eingesetztes Gen beim Mais MON 810 nur den Schmetterling Maiszünsler treffen soll, der als Hauptschädling gilt.

Schon Aigners Vorgänger Horst Seehofer hatte die wachsenden Bedenken gegen den Genmais erkannt und 2007 mit einem vorläufigen Verkaufsverbot für Saatgut reagiert. Der Gentechnik-Konzern Monsanto durfte weiter verkaufen, wenn er die möglichen Folgen des Anbaus auf die Umwelt dokumentiert. Der Bericht liegt nun vor, Monsanto sieht keinen Grund für Bedenken. «Es gibt keine wissenschaftlich tragbaren Hinweise, die zu einem anderen Schluss führen würden als in der Sicherheitsbewertung des Produktes im Rahmen der Zulassung», sagt Monsanto-Sprecher Andreas Thierfelder. Das Unternehmen prüft nun rechtliche Schritte.

Aigner betont, dass es sich nicht um eine Grundsatzentscheidung handelt. «Gerade die Sicherheitsforschung in der "grünen Gentechnik" wird gebraucht.» Wohl wissend, dass ein Genmais-Verbot in der Bundesregierung nicht unumstritten ist. Umweltminister Sigmar Gabriel (SPD) hatte im März für Unmut gesorgt, als er bei einem EU- Ministertreffen dafür stimmte, dass Österreich und Ungarn weiter den Genmais-Anbau verbieten dürfen. Das Kanzleramt verwies auf die Regel, dass bei unterschiedlichen Ansichten Enthaltung gelten sollte. Forschungsministerin Annette Schavan (CDU) warnt davor, dass eine Zukunftstechnologie nun Schaden nehmen könnte.

An der Entscheidung von Aigner waren bestimmte Marienkäfer nicht ganz unbeteiligt. In einer Studie von 2009, die auch in Luxemburg für das Genmais-Verbot herangezogen wurde, heißt es, dass die Sterblichkeitsrate von Zweipunkt-Marienkäfern im Larvenstadium im Zusammenhang mit dem genveränderten Mais zunahm. Die Bedenken - nicht nur was Marienkäfer angeht - sollen nun geprüft werden. Europaweit ist der genveränderte Mais ebenfalls ein großer Zankapfel. Bald steht nicht nur die Neuzulassung von MON 810, sondern auch anderer Sorten an. Da lässt sich Aigner ein Türchen offen: Innerhalb der Bundesregierung sei hierzu noch keine Entscheidung gefallen.

Bei all dem sollte erwähnt werden, dass Genmais in diesem Jahr auf nur 0,2 Prozent der Mais-Anbaufläche in Deutschland stehen sollte. Monsanto will erreichen, dass die Aussaat in einigen Tagen doch noch möglich ist. Die Bauern, die auf Genmais gesetzt haben, sind jedenfalls sauer. Landwirt Reinhard Dennerlein aus Obernbreit in Unterfranken hat die bayernweit größte Genmais-Fläche beantragt. «Jetzt muss ich halt normalen Mais anbauen», sagt er. (dpa)
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