Die Veredelungswirtschaft ist im bundesweiten Vergleich in Sachsen-Anhalt zahlenmäßig nur schwach ausgeprägt. In der Wertschöpfung bietet dieser Zweig der landwirtschaftlichen Produktion das größte Potential und auch mehr Menschen einen Arbeitsplatz, als der reine Ackerbau. Die Tierhaltung gehört seit jeher zum
Landleben dazu, nur schwinden mit dem gesellschaftlichen Wandel und den zurückgehenden Bezügen zur Landwirtschaft auch Akzeptanz und Wertschätzung unserer Arbeit.
In der öffentlichen Debatte wird landwirtschaftliche Tierhaltung oft als konventionelle oder Massentierhaltung bezeichnet. Produktionsorientierter Umgang mit Kühen, Schweinen oder Geflügel wird aufgrund von zweifelhaften Berichten einiger Tierschutzorganisatoren pauschal kritisiert und mit teils radikalen und gewalttätigen Mitteln bekämpft. Ist diese Kritik in modernen Tierhaltungsformen berechtigt? Ab wann kann man von industrialisierter Tierhaltung oder Agrarfabriken sprechen?
Egal, ob Landwirte Tierhaltung betreiben, um Milch oder Eier zu produzieren, oder Schlachttiere gehalten werden - Tierhalter sind grundsätzlich daran interessiert und tun ihr Möglichstes, damit es ihren Tieren gut geht. Von Geburt der Tiere an wird für eine tierschutzgerechte Haltung viel Aufwand betrieben. In den letzten Jahrzehnten haben viele Entwicklungen in Haltungssystemen Einzug gehalten, die auf Tierschutzbelange eingehen. Beispielsweise werden Kühe heutzutage in Laufställen gehalten und nicht mehr angebunden. Sie fühlen sich in einer Herde einfach wohler und brauchen Sozialkontakte. Das hat zur Folge, dass Kälber enthornt werden, damit sie später nicht andere Tiere bei Raufereien verletzen. Mittlerweile ist es gelungen, von Geburt an hornlose Tiere zu züchten. Die oft kritisierten Spaltenböden in Schweineställen tragen dazu bei, dass Exkremente schnell abgeleitet werden. Vorschriften legen fest, für welche Altersgruppe der Tiere welche Spaltenbreite erlaubt ist und wie hoch der Anteil des Spaltenbodens an der Stallfläche sein darf. Weiterhin sind maximale Besatzdichte und Gruppengröße festgelegt.
Wer einmal in einem modernen Schweinestall war, hat sicher auch schon Spielzeug entdeckt. In Kuhställen kann man sehen, dass die Tiere gerne eigens eingerichtete Massagebürsten nutzen. „Kuhkomfort“ lautet das Stichwort, unter welchem sich viele Experten mit der Verbesserung der Tierhaltung beschäftigen. Wie können Ställe optimal belüftet werden, wie kann maximale Hygiene sichergestellt werden, wie vermeidet man Krankheiten, um den Einsatz teurer Medikamente zu reduzieren - all das sind Fragen, die für Landwirte in der Tierhaltung von zentraler Bedeutung sind - natürlich auch der Kosten wegen, aber in der Hauptsache dem Tier zuliebe!
Der Tierschutz ist in Deutschland im Grundgesetz verankert. Darauf aufbauend wurden Gesetze verändert, die bis in kleine Details wie Besatzdichte, Beleuchtung, Futter- und Tränkeeinrichtungen und Tierpflege die Haltung regeln. Deren Beachtung wird streng kontrolliert und macht die Diskussion über die Tierzahl, ab wann von Massentierhaltung zu sprechen ist, obsolet. Denn wenn die Rahmenbedingungen stimmen, ist es dem Tier an sich egal, wie viele Artgenossen noch mit ihm unterbracht sind. Damit sich die Tierhaltung rechnet, ist eine gewisse Mindestzahl gehaltener Tiere notwendig. Beispielsweise trägt sich im Schweinemastbereich eine Arbeitskraft bei ca. 2.000 Mastschweinen. Da Arbeitsschutzbestimmungen vorschreiben, dass man nicht allein im Stall arbeiten darf, sind 2 Arbeitskräfte nötig. Wenn Urlaub und eventuelle Krankheit mit berücksichtigt werden sollen, dann braucht ein Schweinemastbetrieb schon 3 Angestellte, was einem Tierbestand von 9.000 Schweinen entspricht. Im Milchviehbereich benötigt man einen Mitarbeiter für ungefähr 60 Kühe.
Damit die Umwelt nicht unter Emissionen und Verunreinigungen leidet, wurden strenge Standards geschaffen. Die technischen Anlagen zur Abluftfilterung und Gülleaufbereitung sind inzwischen so modern, dass die Schadstoffemissionen aus der Landwirtschaft immer weiter zurückgehen. In der Summe führt der Trend zum Anbau von
Energiepflanzen dazu, dass immer weniger fossile Brennstoffe unter Freisetzung von Kohlendioxid verwendet werden und somit die Landwirtschaft insgesamt einen wichtigen Beitrag zum Umwelt- und
Klimaschutz leistet.
Für die Akzeptanz jeglicher Größe von Tieranlagen ist uns wichtig, dass die Investoren mit Transparenz mit ihren zukünftigen Nachbarn kommunizieren, ihre soziale und regionale Verantwortung erkennen und eine innere Bindung zu Region und Leuten aufbauen. Außerdem ist bedeutsam, dass ein Konzept zur Reststoffverwertung keinen Gülletourismus vorsieht, sondern nach Möglichkeit die Verwendung in Biogasanlagen. Diese vermindern nicht nur entscheidend die Geruchsbelästigung, sondern liefern wetterunabhängig regenerative Energie, Wärme und einen für den Ackerbau verträglicheren Dünger, als es
Gülle im Ursprungszustand ist.
Die Entwicklungen bleiben nicht stehen, denn die Kritik begleitet die Tierhalter ständig. Wichtig bleibt im Auge zu behalten, wie sinnvoll manche Forderungen auch im Sinne der Tiere sind. Manche scheinbar tierschutzwidrige Maßnahmen sind wichtig: Beispielsweise ist das Schleifen der Eckzähne bei Ferkeln unverzichtbar, wenn am Gesäuge der Sau Verletzungen festgestellt werden. Wird das Kupieren der Ferkelschwänze eingestellt, machen sich diese geselligen Tiere gegenseitig das Leben schwer: Wenn sich die Schweine bei Rangordnungskämpfen verletzen oder gegenseitig die Schwänze abbeißen, kann das nicht im Sinne des Tierschutzes sein. (lbv-sachenanhalt)