(c) Dt. Bundestag Zum Start der traditionellen Grünen Woche in Berlin wollte kaum einer der zahlreich erschienenen Journalisten wissen, was der Bundesagrarminister dazu sagte, wie es um die Landwirtschaft bestellt ist. Der Bericht über eine damalige Affäre überschattete die weltgrößte Schau der Agrar- und Ernährungswirtschaft. Doch er blieb trotz des Waldes an Kameras und Mikrofonen schweigsam und sagte nichts über sein Privatleben. Ein Jahr später präsentiert er sich auf der Grünen Woche selbstbewusst. «Im Moment machts ausgesprochen Spaß, Bauernminister in Deutschland zu sein», sagt der CSU-Vize.
Die Landwirtschaft boomt: Die Stimmung unter den Bauern ist besser denn je. «Das Konjunkturbaromter Agrar erreichte im Jahr 2007 seine bisher besten Werte», sagt Bauernpräsident Gerd Sonnleitner. Die Bauern rechnen nach dem Einkommenszuwachs im vergangenen Wirtschaftsjahr bei Getreide auch für 2007/2008 mit einer Erlössteigerung, bei Zuckerrüben und Kartoffeln allerdings mit Rückgang. Die Lebensmittelpreise steigen, der Export floriert. Allerdings gibt es Sorgenkinder wie die Schweinezüchter, die unter niedrigen Preisen leiden. Eine «goldene Nase» verdient sich ein Landwirt nach Einschätzung des Bauernpräsidenten mit 2100 Euro brutto im Durchschnitt nicht.
Seehofer kommt jedoch nicht aus dem Schwärmen heraus. «Die deutsche Landwirtschaft befindet sich in sehr guter Verfassung», sagt er bei einem Rundgang vor Beginn der Grünen Woche. Dazu trägt unter anderem die weltweit steigende Nachfrage nach Lebensmitteln vor allem in Asien bei. Doch es gibt noch zahlreiche Konfliktfelder. Dazu zählt die Gentechnik. Das neue Gentechnikgesetz der Koalition mit schärferen Anbauregeln für Genmais stößt bei Umweltverbänden, aber auch beim Bauernverband auf Ablehnung. Die Umweltschutzorganisation Greenpeace, aber auch das Bundesamt für Naturschutz warnen vor unklaren Risiken für die Umwelt, wenn Genmais angebaut wird. Der Bauernverband sieht Risiken bei der Haftung.
Die geplante Kennzeichnung gentechnikfreier Lebensmittel wird von Umwelt- und Verbraucherverbänden aber für gut geheißen. Dass Milch, Fleisch und Eier die Aufschrift «ohne Gentechnik» auch dann tragen dürfen, wenn Enzyme verwendet wurden, die mit genveränderten Verfahren hergestellt worden sind, sehen sie als Vorteil. Die bisherige Kennzeichnung war so streng, dass nur wenige Lebensmittel die Aufschrift trugen. «Wir begrüßen, dass mit der Vorlage die Wahlfreiheit für Verbraucher überhaupt hergestellt wird», sagt der Vorstand des Bundesverbands der Verbraucherzentralen, Gerd Billen. Die Lebensmittelindustrie spricht von «Irreführung der Verbraucher», weil die Produkte nicht komplett gentechnikfrei seien. Dahinter vermutet Greenpeace die Angst, «Gen-Futter» nicht mehr los zu werden.
Seehofer weist Kritik - von welcher Seite sie auch kommt - zurück. «Die Koalition hat sich verständigt», sagt er. Konfliktfreudig zeigt er sich auch gegenüber der EU-Kommission im Streit über Agrarfinanzen. Agrarkommissarin Mariann Fischer Boel versuchte, bei ihrem Besuch auf der Grünen Woche die Wogen zu glätten. Bei der geplanten Senkung der EU-Direktzahlungen für Bauern solle die wirtschaftliche Tragfähigkeit von Betrieben nicht in Gefahr gebracht werden, sagte sie. Doch Seehofer kündigte an, mit großer «Zähigkeit und Hartnäckigkeit» dafür zu kämpfen, dass es bis 2012 keine Änderungen hierbei gibt. Er ist wieder mittendrin in seinem Metier. Da stört es ihn auch nicht, wenn der Bauernverband die «ohne Gentechnik»-Kennzeichnung als scheinheilige Mogelpackung kritisiert. «Das muss man mit christlicher Nächstenliebe begleiten», sagt Seehofer. (dpa)
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